Wahlstedt: Stadtvertretung entscheidet sich für Medizinisches Versorgungszentrum

Hitzige Statements aller Fraktionen und Applaus der Bürger begleiteten den Zieleinlauf der Planungen für eine, so hoffen alle, langfristige Hausarzt-Versorgung vor Ort. Im Frühjahr 2021 soll das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Wahlstedt starten, um einem drohenden Hausärztemangel entgegen zu wirken. Die Gründung einer gemeinnützigen Gesellschaft durch die Kommune ist beschlossene Sache. Erste Mittel stehen bereit und bis ein passendes Gebäude errichtet ist, so ist es derzeit angedacht, soll das MVZ die Gemeinschaftspraxis der Ärzte Michael Orlowski und Holger Damaschke übernehmen. Die Mediziner im Rentenalter haben zugesagt, für drei Jahre hier weiter zu praktizieren. FDP-Forderung: Bürger sollen entscheiden: Zunächst stand während der Sitzung jedoch der von der FDP eingebrachte Antrag im Fokus, die Wahlstedter in einem Bürgerentscheid über ein kommunales MVZ abstimmen zu lassen. „Wir sind nicht gegen ein MVZ, aber den Weg dorthin“, betonte Liberalensprecher Hans-Peter Guckel erneut. „Wir sichern mit dem MVZ für drei Jahre die ärztliche Versorgung in Wahlstedt, aber was ist danach?“ Der FDP-Fraktionsvorsitzender untermauerte noch einmal die Forderung, die Bürger entscheiden zu lassen. „Als Anfangsinvestition stehen im Haushalt 800 000 Euro. Insgesamt wird mit Anlaufkosten von einer Million Euro gerechnet. Phase zwei ist noch gar nicht berechnet. Schaffen wir es nicht, Nachfolger für die Ärzte Damaschke und Orlowaski zu finden, dann ist das MVZ Geschichte. Dann haben wir erhebliche Steuergelder verbrannt.“ Grüne kritisieren eindimensionales Vorgehen: Auch die Günen-Fraktion sieht im MVZ „das Modell der Zukunft. Nur nicht in Trägerschaft der Kommune“, führte Stadtvertreter Dieter Schneider aus. Um sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen, drohe die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit Abwanderung und mit der Aussicht, Kassenarzt-Sitze zu verlieren, mutmaßen die Grünen, dass ein kommunales MVZ darum als beste Lösung angepriesen worden sei. Getrieben von Wählerstimmen, eigenen Wahlprogrammen und der KV sei die Politik überzeugt worden. Wie beim Umzug der Bücherei sei das Vorgehen eindimensional. Schneider: „Andere Möglichkeiten werden überhaupt nicht geprüft.“ Das bedeute am Ende hohes Risiko und hohe Kosten für den Steuerzahler. „Nur die Investoren profitieren mit geringem Risiko.“ „Die Grünen haben sich offenbar auf die KV als Feindbild eingeschossen. Ich meine, wir hatten ein gründliches Auswahlverfahren“, sagte Jan Christoph (CDU). „Wir haben und von Experten gründlich beraten lassen und mögliche Alternativen ausführlich diskutiert. Letztendlich sind wir uns einig, das etwas passieren muss und dass wir nicht länger zögen dürfen.“ Er fühle sich in der Sache nicht überfordert „und als gewählter Stadtvertreter in der Lage, eine Entscheidung für die Bürger zu treffen“, erteilte der Christdemokrat dem FDP-Antrag eine klare Abfuhr. Auch die freie Wählergemeinschaft, WfW, machte erneut deutlich, dass dringend eine Entscheidung zu fällen sei. „Stimmen sie dem MVZ zu“, appellierte WfW-Fraktionssprecherin Bärbel Schwarz an alle Stadtvertreter. Und so sprachen sich zwar FDP und Grüne mit ihren sechs Stimmen geschlossen für einen Bürgerentscheid aus, dem jedoch 16 Stimmen entgegen standen. Für das MVZ sprachen sich 18 Stadtvertreter (drei Enthaltungen) aus. Es gab einer Gegenstimme aus den Reihen der Grünen. „Ich glaube, das ist ein Meilenstein für unsere Stadt“, fasste Bürgervorsteher Horst Kornelius (CDU) nach der Entscheidung zusammen. Doch die sei erst der Anfang, heißt es aus der Stadtverwaltung. Nun müsse der Körper mit Leben gefüllt und weitere Verhandlungen geführt werden. Fest steht auch noch nicht, wer Geschäftsführer der gGmbH werden soll. Lesen Sie auch Segeberg – LN - Lübecker Nachrichten Tragischer Unfall in Mözen: Städtisches Gymnasium möchte Gedenkgottesdienst für Schülerin Immer mehr Infektionen: Maskenpflicht in der Fußgängerzone Wohngebiet oder Bürgerpark: Grüne in Wahlstedt wollen Bürgerentscheid Von Heike Hiltrop