Wahlstedter Haushalt: Millionen-Investitionen und höhere Grundsteuern

Nein, die Stadt hat kein Geld. Wahlstedt ist Fehlbedarfskommune. Das heißt, es klafft eine Lücke zwischen Ertrag und Aufwendungen. Rund 1,5 Millionen Euro groß ist das Loch, das zum Teil durch Gelder vom Land gestopft wird. Doch damit verbunden sind Forderungen, die meist eine Mehrbelastung für die Bürger bedeuten oder die Streichung freiwilliger Leistungen. Gegen Letzteres wehrt sich die Politik hartnäckig. Damit die Stadt nicht unattraktiver wird, lautet das Argument. Denn: „Wir stehen vor großen Herausforderungen“, umriss Bürgermeister Matthias Bonse (CDU) jetzt in der Stadtvertretung. Grundsteuer steigt im Schnitt um etwa 40 Euro im Jahr: Denn auch der Schuldenberg von derzeit 11,5 Millionen Euro und voraussichtlich knapp 15 Millionen Euro Ende 2020, drückt. Darum kommt die Stadt in diesem Jahr nicht um Steuererhöhungen herum. Der Hebesatz für die Grundsteuer B wird von 390 auf 425 Prozentpunkte und bei der Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Flächen) von 370 aus 380 Prozentpunkte angehoben. Letzteres gilt auch für die Gewerbesteuer. In Zahlen ausgedrückt heißt das in etwa, dass Wahlstedter mit Eigenheim auf einem durchschnittlich großen Grundstück etwa 40 Euro im Jahr mehr bezahlen müssen, rechnete Stadtkämmerer Christian Starck vor. Wählergemeinschaft kritisiert das Land: „Die Kommunen werden erpresst“, kritisierte Bärbel Schwarz von der Wählergemeinschaft WfW, dass es vom Land nur Geld gebe, wenn alle Einnahmequellen ausgeschöpft seien. „Die Steuererhöhung heißt auch, dass die Mieten steigen werden“, ist sie sich sicher. „Wir hier im Norden zahlen die höchsten Strompreise, es werden noch Straßenausbaubeiträge genommen. Irgendwo ist mal Schluss“, forderte sie, sich endlich zu wehren. Sieben Millionen für Gewerbegebiet am Bahnhaltepunkt: „So paradox es klingen mag, können neue Einnahmequellen nur durch Investitionen und Erhöhung von Abgaben und Beiträgen erzielt werden“, fasste FDP-Fraktionssprecher Hans-Peter Guckel zusammen. So sollen rund fünf Millionen Euro in den kommenden drei Jahren allein in die Erschließung und zwei Millionen Euro in den Kauf von Grundstücken für das neue Gewerbegebiet fließen, das am Bahnhaltepunkt entstehen soll. 300 000 Euro für Rathaus-Erweiterung: Ein weiterer Kostenfaktor ist schon seit Jahren die Verwaltung. Erweiterung und Umbau sind längst nicht abgeschlossen. Mit dem geplanten Umzug der Bücherei in ein leer stehendes Ladengeschäft in der Fußgängerzone bekommt die Verwaltung mehr Platz. 300 000 Euro sind 2020 für die Erweiterungsmaßnahmen eingeplant. Außerdem sollen ab dem kommenden Jahr acht zusätzliche Stellen geschaffen werden – zwei davon für Digitales in der Schule. Die Sanierung des Kleinen Theaters (1,8 Millionen Euro) soll, nachdem sie schon seit über zwei Jahren im Gespräch ist, endlich angegangen werden. Für den Planungsstart im kommenden Jahr sind zunächst 260 000 Euro veranschlagt. Auch der Baubetriebshof ist in die Jahre gekommen und muss dringend aktuellen Standards angepasst werden, was gemeinsam mit der Beschaffung von Fahrzeugen und Geräten in Summe im Haushalt mit mehr als 500 000 Euro zu Buche schlägt. Wohin mit einem Behinderten-WC? Der Beschluss, die Bücherei in die Ladenzeile zu verlegen, musste jedoch während der letzten Sitzung der Stadtvertreter in diesem Jahr wiederholt werden, nachdem die Kommunalaufsicht ihn als fehlerhaft bemängelt hatte. Ideen, wonach sich die Verwaltung noch anderweitig umschauen möge, wurden gegen die Stimmen der Grünen verworfen. Im Rahmen dessen soll das ebenfalls seit Langem immer wieder auf der Liste stehendes Behinderten-WC angegangen werden. Auf wenig Gegenliebe stieß dabei der Vorschlag von Bürgervorsteher Horst Kornelius (CDU), es in den neuen Bücherei-Standort zu integrieren. Gegenargument der WfW war es, dass eine Mietimmobilie dann mit Steuermitteln aufgewertet werden würde. Kreis muss dem Haushalt noch zustimmen: Alle Fraktionen stimmten dem Vorschlag von Jan Christoph (CDU) zu, dass die Verwaltung einen geeigneten Standort innerhalb eines bestehenden Gebäudes oder als eigenes prüfen solle – und sie stimmten letztlich auch dem Haushaltsentwurf 2020 zähneknirschend zu. Jedoch muss der Kreis noch sein Okay geben. Wahlstedts Kinder- und Jugendbeirat ist jetzt neu zusammengesetzt. 15 Jungen und Mädchen haben sich für die Mitarbeit in dem Gremium in der neuen Amtszeit gemeldet. Da weniger als 21 Wahlvorschläge eingegangen waren, konnten alle Bewerber von Bürgermeister Matthias Bonse in den Beirat berufen werden. Erhan Belen, Jesse Glage und Vincent Steiner sind neu dabei und mit 13 Jahren die jüngsten, Ray-Kevin Finger und Melissa Rosenstein, ebenfalls neu dabei, sind mit 19 Jahren die ältesten Mitglieder. Für Jule Rowedder, Hannah Ralfs, Thomas Friesen, Mette Wilkens und Felix Klein heißt es dagegen Abschied nehmen. Die fünf Gründungsmitglieder sind mittlerweile zu alt für den Kinder- und Jugendbeirat. Und sie gehen mit ein bisschen Wehmut: „Es war eine tolle Zeit.“ Sie haben viel erreicht, sind zu vielen, die Wahlstedter Jugend betreffenden Themen nach ihrer Meinung gefragt worden. Größter Erfolg dürfte der Mehrgenerationenspielplatz sein, der nahe der Lebenshilfe-Kita Im Streem entstehen soll. Von der ersten Idee bis zum Antrag von Fördermitteln haben sie das Projekt maßgeblich vorangebracht. Insgesamt wird er, Stand jetzt, 250 000 Euro kosten, die Hälfte davon soll über die lokale Aktionsgruppe „Holsteins Herz“ von der EU beigesteuert werden. „Wir hoffen, dass es 2020 losgeht“, sagte Jule Rowedder. Von Heike Hiltrop

Kommunalpolitik/Haushalt - Wahlstedt will Millionen investieren, erhöht aber die Grundsteuern