Wegen Corona: Chöre in Segeberg und Stormarn können nicht proben

Hunderte Menschen, die zusammen singen. Das wärmende Gefühl des Miteinanders leidet, seit Menschen nicht mal mehr nebeneinander atmen dürfen. Zusammen singen und Gutes tun, dafür wäre jetzt die richtige Zeit gekommen. Kirchenmusiker Andreas Maurer-Büntjen und sein Team von der Evangelischen Kirchengemeinde Segeberg hatten nichts unversucht gelassen, diese Tradition zu bewahren. Bis zuletzt. Denn üblicherweise kommen zum ersten Advent alle Segeberger Chöre zusammen, um für den guten Zweck Lieder anzustimmen. Proppevoll ist dann die Kirche. Doch diesmal nicht. „500 bis 600 Menschen – es war klar, das geht in diesem Jahr nicht“, sagt Maurer-Büntjen. Mit den Einschränkungen durch Corona gab es zunächst noch die Idee, auf die Rennkoppel auszuweichen. „Wir haben uns wirklich Gedanken gemacht und diese Variante wenigstens ernsthaft geprüft.“ Mit dem aktuellen Teil-Lockdown war aber auch diese Option dahin. Proben in der Tiefgarage mit Blick zum Segeberger See: Doch der Kirchenmusiker bleibt optimistisch. „Es hat uns hart getroffen. Aber ich möchte auch nicht, dass jemand krank wird.“ Es sei ein Trost zu wissen, dass es anderen Chören und Musikern genauso geht. „Es wird nicht ewig so bleiben. Vielleicht noch ein Jahr, aber dann geht es weiter.“ Mit kleinen Konzerten oder Treffen zum Beispiel. Wie im Frühjahr, als sich ein großer Kreis auf dem Kirchrasen vor St. Marien bildete, nur um sich zu sehen. Es wurde kein Ton gesungen. Momentan untersagt er sich zwar selbst, kreativ zu werden – um sich nicht ständig zu enttäuschen, wenn sich die Dinge plötzlich wieder ändern. Doch er sei ein ideenreicher Mensch. „Ich habe ruckzuck etwas parat.“ Das Weihnachtshilfswerk wird es dennoch geben, auch wenn das weihnachtliche Auftaktkonzert am 1. Advent Corona-bedingt ausfällt. Die Stadt wird in den nächsten Wochen die Verteilung der Präsente organisieren. Bürgermeister Dieter Schönfeld und Bürgervorsteherin Monika Saggau bitten um Spenden. Hierfür wurde bei der Sparkasse Südholstein ein Spendenkonto eingerichtet: „Weihnachtshilfswerk 2020“, IBAN DE23 2305 1030 0000 0006 47, BIC NOLADE21SHO. Zum Beispiel schwebt ihm vor, in einer Tiefgarage die Chorarbeit wieder aufzunehmen. „Die Garage des Marienhofes bietet sich an. Die Front zum See ist offen, wir haben ständig frische Luft“, sagt er. Und in einigen Bereichen würden kaum Autos stehen, der Platz sei da. „Die Decke ist niedrig. Ich war schon da und habe gesungen“, verrät er. Im Gegenzug könnten Musiker einmal im Monat für die Pflegeeinrichtung musizieren. Chor, Bläser, Orchester – Abwechslung gäbe es genug. „Ich mag Lösungen, die für beide Seiten passen“, so Maurer-Büntjen. Nur die Zeit muss dafür reif sein. Vielleicht ja schon zu Ostern, wer weiß. Zahlreiche Singfreunde in den vielen Segeberger und auch Stormarner Chören können es kaum erwarten. „Es tut sich nichts, wir warten“, sagt Johanna Krohn, Vorsitzende des gemischten Chores Leezen. „Weihnachtslieder und Adventsnachmittage, das fällt alles flach.“ Im gemeinsamen Chat tauschen sich die Mitglieder aus und sammeln Ideen. „Wir sind in den Startlöchern“, so Krohn. Völlige Sendepause herrscht auch im Todesfelder Chor. „Wir werden im neuen Jahr sehen, wie es weitergeht“, sagt die Vorsitzende Rita Höpcke. Neue Testverordnung in SH: Wer jetzt nur noch getestet wird Kürzere Quarantäne: Das sind die neuen Regeln für Reiserückkehrer So verhalten Sie sich, wenn Sie keinen Corona-Test bekommen Das sind die neuen Corona-Schnelltests – und so werden sie eingesetzt Positiv auf Corona getestet worden, aber nicht ansteckend? Was der Ct-Wert über die Infektiosität verrät Drosten: PCR-Corona-Tests sind „zweifelsfrei“ Was unterscheidet den Corona-Schnelltest vom PCR-Nachweis? Wie entscheidend sind „falsch positive“ Testergebnisse? Bad Oldesloe: Auf einmal sind da nur Solisten: In Bad Oldesloe wird hingegen immer noch gesungen. Wenn auch völlig anders, als sonst. Denn so viel Einzelunterricht gab’s wohl noch nie: „Wir haben alles völlig umgestellt. Momentan arbeite ich nur mit Solisten“, sagt Kirchenmusiker Henning Münther. Und die sind zurzeit vor allem jung. Aus vielen individuellen Aufnahmen soll schon bald ein Ganzes werden, nämlich ein „Klingender Advent“ – ein digitaler Adventskalender. 24 Aufnahmen produziert er mit einer Reihe von Kindern- und Jugendlichen. „Wir haben im Gemeindehaus ein Studio gebaut. Die Kinder werden einzeln gecoacht und die Stücke aufgenommen. Später werden die Stimmen geordnet und nachträglich eine Begleitung eingebaut. Das kann man dann nicht nur hören, sondern auch sehen“, sagt er. Die Ergebnisse sind im Advent auf der Homepage der Kirchengemeinde sichtbar. „Es ist sehr zeitintensiv, aber eine schöne Sache. Die Stimmen klingen einfach toll.“ Die Chorproben eingestellt haben auch der Oldesloer Buxtehude-Chor, das Chörchen, Jugendchor und weitere. Wie es zu Weihnachten sein wird, ist noch unklar. „Notfalls werden wir vielleicht etwas vorproduzieren“, sagt Münther. Auf dem Weg zur digitalen Chorprobe? Auch ohne zu üben sind die Frauen des Bad Segeberger Ensembles „Vocalitas“ weiter im engen Austausch. Digital natürlich. Sie wollen zusätzlich herausfinden, ob sie auch auf diesem Wege proben könnten. Viele Online-Instrumente stoßen technisch an ihre Grenzen. „Es gibt oft eine Zeitverzögerung, man singt also nie zur gleichen Zeit“, sagt Cornelia Herzmann. Selbst draußen sei es akustisch sehr schwierig, das habe der Herbst gezeigt. „Wir haben uns bei einem neuen Programm registriert, das für feinere Proben entwickelt wird. Da sind wir Tester und warten darauf, dass es losgeht“, erzählt sie. „Telefonieren ist alles, was zurzeit möglich ist“, heißt es hingegen vom Männerchor Bad Segeberg von 1840. Hatten die Herren im Herbst noch in kleinen Gruppen stimmenweise gesunken, läuft nun nichts mehr. „Ich hoffe, dass alle die Fahne hochhalten, wenn alles vorbei ist“, macht Hans-Heinrich Heinsen sich ein klein wenig Sorgen über die Zukunft des ältesten Männerchores in Schleswig-Holstein. „Man weiß ja nie, was nach einer so langen Pause passiert.“ Man hoffe nun einfach auf ein Wiedersehen Anfang 2021. „Wir sind guten Mutes, da müssen wir erst mal durch“, sagt Heinsen. Von Irene Burow