Ahrensburg: Das Stadtgeld für alle Einwohner kommt

Die Ahrensburger Stadtverordneten haben am Montag in ihrer Sitzung das Stadtgeld für alle Bürger beschlossen. Erwachsene erhalten jeweils einen Gutschein über 30 Euro, Kinder bis 18 Jahre einen Gutschein über 50 Euro. Sie können in den Geschäften der Innenstadt ausgegeben werden, die im Frühjahr schließen mussten, und sollen den Einzelhandel nach den Einbußen durch den Lockdown unterstützen. Dafür stellt die Stadt 1,3 Millionen Euro bereit. Start der Aktion, die rund sechs Wochen dauern soll, ist voraussichtlich zu Beginn des nächsten Jahres, um das Weihnachtsgeschäft nicht zu gefährden. Rechtliche Bedenken entfallen: Diesmal hatte auch Bürgermeister Michael Sarach keine Einwände, der zunächst noch Widerstand gegen das Vorhaben angekündigt hatte. Denn der Antrag von CDU und Grünen auf das Stadtgeld war dahingehend geändert worden, dass jetzt auch ein Finanzierungsvorschlag enthalten ist. Die beiden Fraktionen hatten beantragt, kurzfristig einen zweiten Nachtragshaushalt für 2020 zu erstellen und 1,3 Millionen Euro für das Ahrensburger Stadtgeld bereitzustellen. Gleichzeitig soll der Haushaltsansatz für die Gewerbesteuererträge von 19 Millionen Euro auf 20,3 Millionen Euro erhöht werden, da sich das Gewerbeanordnungssoll nach dem Corona-bedingten Einbruch etwas erholt habe. Zuvor hatte es eine lange Debatte um das Stadtgeld gegeben. „Unser Antrag auf Stadtgeld ist eine ad-hoc-Reaktion auf die Pandemie“, erklärte Nadine Levenhagen (Grüne). Das Stadtgeld solle mit einer Förderrichtlinie begleitet werden. „Die Auszahlung kann auch in Zehn-Euro-Schritten erfolgen, damit auch Cafés und Eisdielen von der Aktion profitieren können.“ Auch eine Spende des Gutscheins sei möglich. „Das Stadtgeld ist ein strategisches Marketing.“ Detlev Levenhagen, Fraktionsvorsitzender der CDU, unterstrich, dass das Stadtgeld sowohl den Bürgern als auch den Läden zugute komme. Vorbild dafür ist die Aktion Stadtgeld in Marburg, wo zusätzlich zu den Gutscheinen noch 30 Prozent mehr Umsatz gemacht worden seien. WAB und SPD dagegen: Die WAB war mit einem eigenen Antrag angetreten: Peter Egan kritisierte das Stadtgeld. „Die Stadt kann sich 1,3 Millionen Euro dafür nicht leisten.“ Das Problem der Händler sei nicht der Geldmangel der Kunden, sondern die Unlust am Einkaufen. Zudem gehe ein Teil des Geldes an Filialisten und gehe so der Einkommenssteuer verloren. Er beantragte, lieber 85 000 Euro für schnelle Hilfen und ab 2021 pro Jahr 300 000 Euro für ein Stadtmarketing bereit zu stellen. „50 Prozent des Umsatzes in Ahrensburg werden durch Kunden aus dem Umland erzielt, die keine Gutscheine bekommen.“ Auch die FDP hatte einen eigenen Antrag gestellt, wie man dem Einzelhandel helfen könne. Wolfgang Schäfer: „Die Innenstadt braucht Hilfe, darüber sind sich alle einig, nur über den Weg herrscht keine Einigkeit.“ Er beantragte, lieber die Händler direkt zu unterstützen und einen Notfall-Fonds aufzulegen, aus dem auf Antrag Zuschüsse bis zu einer Obergrenze von 1700 Euro bewilligt werden könnten. Sein Antrag wurde zusätzlich zu dem von CDU und Grünen einstimmig angenommen. Jochen Proske (SPD) lehnt das Stadtgeld ab. „Wir haben Zweifel am Stadtgeld“, sagte er. Damit würden „die falschen Einzelhändler“ unterstützt. Das Geld sei im Sozialhaushalt besser angelegt. Auch sei es nicht einzusehen, warum alle das gleiche Geld bekämen, statt die Gutscheine nach Einkommen zu verteilen. Überzeugen konnte er nicht: Mit 20 Ja-Stimmen von CDU und Grünen gegen 15 Nein-Stimmen fand das Stadtgeld eine Mehrheit. „Die rechtliche Bewertung hat sich geändert“, erklärte Bürgermeister Sarach. „Eine Deckung des Stadtgelds durch die Gewerbesteuereinnahmen ist rechtens.“ Damit entfalle ein Widerspruch. Das Hygienekonzept verlangt in Zeiten der Pandemie große Abstände, durchlüftete Räume und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Auch die Anzahl von Sitzungsbesuchern wird begrenzt. Das wurde in Ahrensburg hervorragend umgesetzt, führte aber zu allerlei kuriosen Situationen. Die Stadtverordneten tagten in der riesigen Turnhalle der Selma-Lagerlöf-Schule. Dort war die Hallentür, wenn sie einmal geschlossen war, von außen nicht zu öffnen, was wiederholt zu zaghaftem Klopfen derjenigen führte, die nicht mehr hinein gekommen waren oder durch die Rauchpause den Eintritt verpasst hatten. Da die Lichtanlage per Bewegungsmelder gesteuert wird, musste alle zehn Minuten jemand aufspringen und die Arme schwenken, um so das erloschene Deckenlicht wieder anzustellen. Um die Aufgabe rissen sich bald alle, denn das Lüften auf beiden Seiten senkte die Temperatur in der Halle dermaßen ab, dass nach zweieinhalb Stunden ein Stadtverordneter den Abbruch der Sitzung beantragte. „Das Hygienekonzept ist so gut, dass keiner Corona, aber alle eine schwere Erkältung kriegen“, argumentierte er. Der Antrag fand unter den blau gefrorenen Stadtverordneten eine Mehrheit, so dass noch ausstehende Themen wie der Umgang mit den Straßennamen in Ahrensburg in der nächsten Sitzung verhandelt werden. Reinfeld winkt ab: Ob das Stadtgeld auch in anderen Städten Stormarns Schule macht, wird sich zeigen. In Reinfeld wird es jedenfalls kein Stadtgeld für die Bürger geben. „Aus meiner Sicht stellt sich für Reinfeld die Frage nicht, da die Stadt Reinfeld sich in der Interimswirtschaft befindet und solche Zahlungen gar nicht leisten dürfte“, erklärt Bürgermeister Roald Wramp. „Aber auch unabhängig davon hätte ich meine Zweifel, ob die Stadt durch Ausgabe von Gutscheinen tatsächlich in Reinfeld einen wirtschaftsfördernden Impuls setzen könnte.“ In Bargteheide hält Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht ein Stadtgeld angesichts der zu erwartenden Finanzlage durch die Pandemie für eher unwahrscheinlich, zumal man sich darauf einstellen müsste, dass das nur zu einem Strohfeuereffekt führen würde. „Aus den Fraktionen gibt es dazu in Bargteheide noch keine Initiative.“ Von Bettina Albrod