Als Buch erhältlich: Gedichte als Strafarbeit für Bad Oldesloer Schüler

Viele Gedichte seiner Schüler fand Jürgen Kühl (90), langjähriger Schulleiter der Theodor-Mommsen-Schule in Bad Oldesloe (1977-1992), schon immer gut. Sie regen zum Schmunzeln an und verraten den Anlass der Extra-Aufgabe aus dem Schulalltag: Schneebälle, Rauferei, nasse Schwämme, Knallkörper oder verbotene Äpfel. Oft gab Kühl die fein-säuberlich mit blauer Tinte zu Papier gebrachten Verse beim Abitur an die Verfasser zurück. Als Pensionär sichtete er in Tremsbüttel die besonderen Gedichte und brachte jetzt eine kleine Sammlung heraus, die der Leserin und dem Leser Vergnügen bereiten sollen. Das Wort „Strafarbeit“ wurde später aus dem pädagogischen Wortschatz gestrichen: Zu Beginn seiner 35-jährigen Lehr-Tätigkeit hießen sie noch „Strafarbeiten“. Kühl: „Das Wort wurde aus dem pädagogischen Wortschatz gestrichen, die Maßnahme wurde verboten.“ Der 90-Jährige weiter: „Nun war so etwas wie Übereinstimmung mit dem „Täter“ oder der „Täterin“ notwendig. Die ließ sich aber im Allgemeinen erreichen.“ Vorgeschrieben war für diese Schülerarbeiten Gedichtform. Die Zeilenzahl richtete sich nach dem Ausmaß des „Vergehens“. „Die Sammlung zeigt einen kleinen Ausschnitt aus meinem Lehrerleben“: Erschwerend seien gelegentlich Reimpaare vorgegeben worden, wie Wasser-krasser oder Kreide-Heide. Kühl: „Die Sammlung zeigt einen kleinen Ausschnitt aus meinem Lehrerleben. Diese Jahrzehnte haben mir viel Freude gemacht. Es hat auch hinreichend Ärger aller Art gegeben.“ Er hofft, dass die im Poesie-Heft in Schulheft-Form wiedergegebenen „Arbeiten aus gegebenen Anlass“ etwas dazu beigetragen haben, im Schulalltag die Verbissenheit zu vermeiden oder doch wenigstens zu verringern. Denn die Arbeiten erfolgten auch von Schülerseite meist mit einem Augenzwinkern. Ein „noch unbekannter Dichter“ wurde beim Wasserspritzen am Brunnen erwischt: Ein „noch unbekannter Dichter“ unterschreibt den ersten Vers: „Der Himmel spiegelt sich im Brunnenwasser. Zwei Knaben, die sich spritzen, werden nasser; ihr Mund lacht breit, ihr Herz wird weit, doch jäh zerstört die Heiterkeit der Schulaufpasser. Gönnt er den Kindern kein Vergnügen? Sie fürchten schon die kühlen Rügen, doch Schalk im G’sicht, der Strenge spricht: „Ihr macht darauf ein Lehrgedicht in kurzen Zügen.“ Auch „Der Fenstersprung zu Oldesloe“ von S.A. ist verewigt. „Als ich aus dem Fenster sprang, kam Herr Kühl den Weg entlang, und er sagte: „Komm mal her“, ach, da grauste es mich sehr. Er sagte: „Du schreibst ein Gedicht. Thema: Springe aus dem Fenster nicht.“ Da hab ich ihn angelacht und schnell dies Gedicht gemacht. Und die Moral von dem Gedicht, ärger den Direktor nicht.“ Auch Sprüche aus Poesiealben wurden von Kühl in dem Schülerheftchen veröffentlicht: Auch Verse aus Poesiealben, die in den 80er Jahren wieder in Mode kamen, sammelte Kühl. Eine Schüler-Anfrage von „M“ an den Mathelehrer lautete: „Schreiben ist nicht schwer, dafür rechnen umso mehr. Schwere Aufgaben sind nicht fair, darum schreiben Sie bitte etwas mehr.“ Die Antwort von Kühl: „3x3 ist neun, das Rechnen sollt dich freun. Und wenn man es dann richtig kann, ist auch Pythagoras ein netter Mann.“ Das Schlusswort des Herausgebers unter der Zahl „8“ lautet: „Die Acht, sieht man sie grad und aufrecht stehen, signalisiert Begrenztes, nicht einmal Zehen. Dreht man um 90 Grad sie dann, so zeigt sie Dir „Unendlich“ an. Dies scheint mir, ist auch oft im Alltag wahr: Manch Ding stellt sich nach einer kleinen Drehung anders dar.“ Die Poesie-Hefte sind zum Preis von sieben Euro bei der Buchhandlung Willfang in Bad Oldesloe zu haben. Von Susanna Fofana