Asbestzementrohre müssen raus: Neue Wasserleitungen für Reinfeld

In der Ahrensböker Straße sollen die 60 Jahre alten Frischwasserleitungen erneuert werden – und zwar im Bereich Bildungszentrum bis Schützenstraße. Auch die Hausanschlüsse werden in dem Abschnitt ausgetauscht. 600 000 Euro sind für die Baumaßnahme, die noch in diesem Jahr starten soll, veranschlagt. Auf der 600 Meter langen Strecke muss ordentlich gebuddelt werden. „Wir gehen mit der neuen Leitung in den Gehweg. Die alten Leitungen verlaufen auf der anderen Straßenseite, die werden zum Schluss gekappt. Wir verlegen die Frischwasserleitung sozusagen parallel dazu komplett neu. Auch die Hausanschlüsse werden ausgetauscht“, stellt Jörg Albrecht, Fachbereichsleiter Wasserwerk, die Pläne vor. Die Vereinigten Stadtwerke (VSG) erneuerten im Zuge dessen zudem die Gasleitungen. „Wir machen das in Kooperation, damit das für die Anwohner angenehmer ist. Die Kosten werden geteilt, so wird es auch günstiger.“ Mit der Neuverlegung der Frischwasserleitung und der Hausanschlüsse beginnt bereits der dritte Bauabschnitt in der Ahrensböker Straße. „Den ersten haben wir unten am Herrenteich gemacht, der zweite war von der Neuhöfer Straße bis zum Bildungszentrum, jetzt ist der Teil bis zur Schützenstraße dran“, erläutert Albrecht. Die Elschenbek bis zur Kastanienallee fehle noch, dieser letzte Bauabschnitt sei noch nicht eingeplant. Reinfelds Wasser- und Gasleitungen sind veraltet: Nötig wird die Sanierung, weil Reinfelds Wasser- und Gasleitungen komplett veraltet sind. Jörg Albrecht: „Die Frischwasserleitungen der Stadt sind im Schnitt Anfang der sechziger Jahre verlegt worden. Was bei so alten Rohren passiert, haben wir schon oft gesehen. Die Rohre bersten und das Wasser läuft weg. Allein 2019 hatten wir zwei Wasserrohrbrüche in dem Bauabschnitt.“ Bei den Hausanschlüssen sehe es nicht besser aus. Die Schrauben seien vergammelt, und deshalb komme es auch oft zu Schäden. Die alten Gasleitungen hätten zudem eine Undichte, und deshalb müsse die VSG agieren. Asbestzement besteht aus Zementmörtel, dem Asbestfasern beigemengt wurden. In den 1950er bis 1980er Jahren war Asbestzement das Mittel der Wahl nicht nur bei Dächern und Fassaden, sondern auch bei Wasserleitungen. Asbestzement war beständig, stabil und preisgünstig. Seit 1995 sind Rohrleitungen aus Asbestzement in Deutschland verboten. Bereits verlegte Leitungen dürfen weiter betrieben und nach der Gefahrenstoffverordnung auch repariert werden. Nach den Erkenntnissen der WHO und des Bundesgesundheitsamtes ist ein gesundheitliches Risiko aus dem Betrieb von Asbestzementrohren in der öffentlichen Wasserversorgung nicht erkennbar. Voraussetzung ist, dass das transportierte Wasser den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) empfiehlt Betreibern von Netzen mit Asbestzementrohren eine Beurteilung auf mögliche Asbestfaserabgabe. Sollte das Wasser nicht der Trinkwasserverordnung entsprechen, sondern aggressiv und kalklösend sein, empfiehlt der DVGW einen Rohrschnitt, um zu begutachten, ob Schädigungen der Rohrinnenwand vorliegen. In diesem Fall können Asbestfasern freiwerden und ins Trinkwasser gelangen. Je nach Schädigung empfiehlt der DVGW eine Sanierung oder einen Austausch der Rohre. Die orale Aufnahme von Asbestfasern, also das Verschlucken und die Aufnahme über den Magen-Darmtrakt, gilt als unkritisch. Als gefährlich gilt der Umgang mit Asbestzement, wenn er zum Einatmen der Fasern führen kann. Mitarbeitern der Stadtwerke Reinfeld ist es deshalb verboten, AZ-Rohre zu schneiden oder anzuschleifen. Trinkwasserleitungen aus Blei sind seit 2013 wegen der Gesundheitsgefährdung generell verboten. Sie mussten von den Stadtwerken komplett ausgetauscht werden. Asbest in den Rohren: Bei der Sanierung des Wassernetzes sollen die sogenannten AZ-Rohre durch größere Polyethylen-Leitungen ersetzt werden. Der Durchmesser wird von 125 auf 225 Millimeter erweitert. AZ steht für Asbestzement, was nach Teufelszeug klingt. „Von dem Rohrmaterial geht aber keine Gefahr aus. Das hört sich immer schlimm an, ist es aber nicht. Asbestzement wurde bis in die 80er, 90er Jahre bundesweit verlegt“, versichert Albrecht. Nur bei der Entsorgung müsse man auf Sicherheitsvorkehrungen achten. Aber in diesem Fall könnten die Asbestzementrohre im Boden liegen bleiben und würden lediglich verdämmt. Zweite Rate für Baumaßnahme vergessen: Die Finanzierung der Baumaßnahme ist allerdings noch nicht vollständig geklärt. Im diesjährigen Wirtschaftsplan der Stadtwerke Reinfeld wurde der Leitungsneubau der Ahrensböker Straße mit 260 000 Euro eingestellt. „Nach erfolgter Ausschreibung und Angebotsabgabe wurde festgestellt, dass die erforderlichen 340 000 Euro für das Jahr 2021 nicht berücksichtigt wurden“, teilte die kaufmännische Werkleiterin Melanie Melander dem Finanzausschuss mit. Die zweite Rate für die Maßnahme wurde 2016, als man die Pläne dafür erstellt hat, schlichtweg vergessen. „Irgendwo untergegangen in der Kommunikation“, fügte Lasse Karnatz (SPD) hinzu. Ärgerlich sei es, dass es so spät erst aufgefallen sei. „Für das Jahr 2020 kommt es dadurch zu keiner finanziellen Mehrbelastung, da die Maßnahme erst im Jahr 2021 fertiggestellt und aktiviert wird“, teilte Melander der Politik mit. Nur woher das Geld für 2021 nehmen? „Kann man die 340 000 Euro nicht aus anderen Titeln umwidmen?“, schlug Finanzausschussvorsitzender Lev Roden (CDU) vor. Mit weniger Investitionen in anderen Bereichen sei das grundsätzlich möglich, so die kaufmännische Werkleiterin. Dazu müsse man aber zunächst die vollständige Planung für 2021 kennen. Einig war sich die Politik darin, dass das Investitionsvolumen bei den Stadtwerken insgesamt nicht erhöht werde. Lesen Sie auch: Wasser wird teurer: Reinfeld hebt die Gebühren an Reinfeld hat ein Trinkwasserproblem Wer übernimmt die Führungsspitze der Reinfelder Stadtwerke? Von Britta Matzen