BGH gibt querschnittsgelähmten Radfahrer nach Sturz in Braak Recht

Acht Jahre nach seinem Mountainbike-Sturz in eine Stacheldrahtsperre hat ein seitdem querschnittsgelähmter Bundeswehroffizier mit seiner Klage gegen die Gemeinde Braak (Kreis Stormarn) den entscheidenden Erfolg erzielt: Am Donnerstag wies der Bundesgerichtshof die Hauptschuld an dem Unfall und seinen „äußerst schwerwiegenden Folgen“ der für die Verkehrssicherheit zuständigen Kommune und zwei Jagdpächtern zu (AZ: III ZR 250 und 251/17). Zwei quer über den Feldweg gespannte Stacheldrähte hatten den Mountainbike-Fahrer am Nachmittag des 15. Juni 2012 komplett aus seinem aktiven Leben gerissen. Der heute 43-jährige Christian T. sitzt seitdem im Rollstuhl. In seiner Rostocker Wohnung ist der Ex-Soldat rund um die Uhr auf die Betreuung durch ein Pflegeteam angewiesen. Lübecker Landgericht hatte Klage abgewiesen: In erster Instanz hatte das Landgericht Lübeck die Klage des Unfallopfers auf 500 000 Euro Schmerzensgeld und Rückerstattung von 583 000 Euro Behandlungs- und Pflegekosten noch komplett als unbegründet abgewiesen. Christian T. legte Berufung ein, erzielte beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) jedoch nur einen Teilerfolg. Das OLG wies den Betreibern der tückischen Stacheldrahtsperre ein Mitverschulden von 25 Prozent zu. Die Hauptschuld sah der 7. Senat immer noch zu drei Vierteln beim Fahrradfahrer, der sein neues Mountainbike nicht richtig im Griff gehabt habe. Der BGH sieht es in seinem am Donnerstag verkündeten Urteil genau anders herum: Den Radfahrer könnte eine maximal 25-prozentige Mitschuld treffen, weil er im unübersichtlichen Gelände möglicherweise Klickpedale benutzte. BGH: „ungewöhnliches und tückisches Hindernis“: Diesen Umstand soll das OLG jetzt in einem neuen Prozess klären: Der Bundesgerichtshof wies die Sache zur Neuverhandlung an die Schleswiger Richter zurück. Laut BGH-Urteil bestand das „völlig ungewöhnliche und objektiv geradezu als tückisch anzusehende“ Hindernis aus zwei senkrechten Holzlatten mit einem Sperrschild für Kfz, die mittig auf dem Feldweg aufgestellt und seitlich mit Stacheldraht abgespannt waren. Die gefährliche Konstruktion soll schon Ende der 80er Jahre durch den damaligen Jagdpächter aufgebaut worden sein. Der damalige Bürgermeister hatte laut BGH zwei bis drei Mal pro Quartal nach der Absperrung gesehen. Die beklagten Jagdpächter nutzten sie regelmäßig, um zu einer Wiese mit einem Hochsitz zu gelangen. Als der Kläger das Hindernis bemerkte, führte er eine Vollbremsung durch. Er stürzte kopfüber in die Absperrung, blieb mit seiner Kleidung im Stacheldraht hängen und konnte sich nicht mehr bewegen. Etwa zwei Stunden später fand ihn einer der beklagten Jagdpächter, der Polizei und Rettungsdienst alarmierte. Bundesrepublik als Arbeitgeber an Prozess beteiligt: Ende März 2014 wurde der nach einem Bruch des Halswirbels komplett querschnittsgelähmte Kläger aus dem Wehrdienst entlassen. Er bedarf „lebenslang einer Weiterbehandlung mit kranken-, physio- und ergotherapeutischen Maßnahmen“. Am Zivilverfahren ist auch die Bundesrepublik Deutschland als ehemaliger Arbeitgeber beteiligt. Sie bekommt jetzt mindestens drei Viertel der bisher gezahlten Behandlungskosten und Versorgungsbezüge zurück. Auch für alle zukünftigen Schäden und für die Anwaltskosten der Kläger müssen weitestgehend die Beklagten einstehen. Lesen Sie auch: Gefesselte Studentin: Angeklagter schweigt zu Prozessauftakt Mord an Ivonne R.: Die Chronologie eines Verbrechens Von Thomas Geyer

Braak - Querschnittsgelähmt nach Stacheldraht-Sturz: BGH gibt Mountainbike-Fahrer Recht