Bad Oldesloe: Kaum Buchungen in Reisebüros, dafür mehr Beratungen

Grauer Himmel, Regen – da fliegen die Gedanken schon mal in sonnige Gefilde, um kurze Zeit später wieder in der ungemütlichen Realität zu landen. Denn für etliche Urlaubsziele im warmen Süden sind inzwischen Corona-Warnungen ausgesprochen worden. Da fällt es nicht leicht auszumachen, welche Länder noch als sicher gelten. Reisebüros sind in dieser Situation als Berater ganz besonders gefordert, wie eine Umfrage bei Stormarner Unternehmen ergab. Zudem scheinen sich zurzeit Kunden eher beim alt eingesessenen stationären als beim digitalen Reisevermittler auf der sicheren Seite zu fühlen. Unübersichtliche Lage in Reisegebieten: „Die Lage ist für einen Laien ganz schwierig zu durchschauen. Da fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Deshalb müssen wir am Ball bleiben. Täglich kommen neue Infos von den Verbänden“, sagt etwa Hans-Jürgen Schügner, Inhaber zweier Reisebüros, in Bad Oldesloe und Bargteheide. Er selbst ist seit 1972 in der Touristikbranche tätig. Eine derart angespannte Situation hat er in der gesamten Zeit nicht erlebt. „Aber wir denken positiv“, räumt der Geschäftsmann ein. Persönliche Beratung sehr geschätzt: Das Pfund, mit dem er gegenüber Online-Reiseportalen wuchern will, ist der persönliche Service. Und der ist gefragt, wenn außer der Buchung aufgrund verschärfter Sicherheitsvorschriften wie dem PCR-Test noch weitere Auflagen erfüllt werden müssen. Bei der Einreise nach Griechenland etwa müssen Reisende eine spezielle Registrierung vorweisen. „ Die Formulare kann man im Netz ausfüllen, eine Nacht vor der Abreise erhält man dann einen QR-Code und ist registriert. Wer damit Probleme hat, was oft bei älteren Menschen der Fall ist, kann zu uns ins Büro kommen“, sagt Schügner. Als sichere Ziele gelten ihm zufolge derzeit außer den griechischen Inseln Kreta und Rhodos auch die Algarve. Wer eine Fernreise ansteuern wolle, sei auf Barbados und Kuba gut aufgehoben, während Thailand oder die Malediven nicht mehr in Frage kämen. Doch machten die Beschränkungen freilich auch vor dem Inland nicht halt. „Was sollen denn Reisebüros in Berlin sagen“, nimmt Schügner Bezug darauf, dass die gesamte Stadt mittlerweile zum Risikogebiet erklärt wurde. Noch keine Buchungen für 2021: Weniger entspannt stellt sich die Lage für Nadine-Christine Schmidt vom gleichnamigen Reisebüro in Bargteheide dar. „Die für den Oktober gebuchten Reisen sind weitgehend storniert. Und auch jetzt sind die Leute sehr zögerlich und halten sich auch noch zurück mit Buchungen für 2021. Vielleicht klappt noch eine Reise nach Rhodos oder im November nach Mauritius“, berichtet die Reisekauffrau. Alles in allem sei das aktuelle Geschäftsjahr aber gelaufen. Denn für spontane Fahrten innerhalb Deutschlands suchten die Kunden in der Regel kein Reisebüro auf, sondern organisierten sich die Unterkünfte selbst im Internet. Freiwillig nach Risiko-Reise in Quarantäne: Doch nicht alle Stormarner schrecken vor den Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes zurück. Schügner berichtet von Kunden, die nach Mallorca oder Fuerteventura aufgebrochen sind, obgleich sie sich anschließend sieben Tage in Quarantäne begeben müssen. Ähnliche Erfahrungen hat auch Christiane Otto gemacht. Sie arbeitet in Bad Oldesloe in einer der 107 Filialen der ebenfalls Inhaber geführten Alltours-Reisecenter GmbH. „Ja, es gibt auch Schmerz befreite Kunden, die unbedingt wegwollen und schon einkalkulieren, dass sie danach im Haus bleiben müssen“, erzählt sie. Alte Kreuzfahrt-Hasen verzichten auf Landgang: Dass von Auslandsreisen zurzeit generell abgeraten wird, hält die Reisekauffrau jedoch für übertrieben. „In anderen Ländern geht es nicht so chaotisch zu, wie es oft verbreitet wird“, sagt Christiane Otto. Und das könne sie aufgrund von Rückmeldungen ihrer Kunden, aber auch aus eigener Anschauung sagen. Auf einer Rhodos-Reise habe sie selbst erlebt, wie perfekt sich die Hotels auf die Hygienevorschriften eingestellt hätten. „Jeder Tisch wird sofort desinfiziert, Essen und Getränke werden serviert. Das schützt auch vor anderen Infektionen wie des Magen-Darm-Trakts. Das war kein eingeschränkter Urlaub. Ob ich hier im öffentlichen Gebäude oder zu Hause eine Maske trage, spielt doch keine Rolle“, sagt Christiane Otto. Ihr zufolge läuft auch das Geschäft mit den Kreuzfahrten wieder an. So hätten Kunden bei ihr sogenannte Panorama-Touren gebucht, bei denen kein Hafen angesteuert werde. „Viele alte Kreuzfahrt-Hasen sind ohnehin nicht darauf erpicht, an Land zu gehen, sondern genießen es, wenn sie das Schiff für sich allein haben“, erzählt die Reiseexpertin. Nur die abgeschlossene Reise wird vergütet: Ähnlich wie bei ihren Berufskollegen nehmen Beratung und Hilfe bei Umbuchungen oder Stornos die meiste Zeit ihres Arbeitsalltags in Anspruch. „Vielen von dem, was seit September 2019 gebucht wurde, mussten wir wieder rückgängig machen. Daran haben wir keinen Euro verdient, hatten aber die dreifache Arbeit“, berichtet Christiane Otto. Denn Einnahmen gebe es nicht bei der Buchung, sondern erst, wenn eine Reise auch tatsächlich stattgefunden habe. Von Dorothea von Dahlen