Bad Oldesloe: Streit über Kurzarbeit in Kitas

Ein Aufschrei geht durch die Stormarner Elternschaft. Die Stadt Bad Oldesloe soll ihren Kindertagesstätten empfohlen haben, Kurzarbeitergeld für ihre Angestellten zu beantragen. In den sozialen Medien kursiert derzeit ein Protestbrief von der Kreiselternvertretung Stormarn, die diesen Schritt als „völlig falsches Signal“ in der gegenwärtigen Situation verurteilt. Die Geschäftsführung der Kita Stoppelhopser will der Empfehlung der Stadt in der Tat nachkommen und versteht nicht, was daran zu kritisieren ist. Kreiselternschaft hält Vorgehen für nicht rechtmäßig: „Wir finden es ziemlich neben der Kappe und es macht wütend, dass vorher kein Meinungsbild eingeholt wurde“, sagt Tom Winter von der Familien-Partei, der auch dem Verein „Eltern für Eltern“ angehört. Keine andere Gemeinde im gesamten Kreis Stormarn habe sich zu einer derartigen Maßnahme entschlossen. Die Mitarbeiter seien am Sonntagnachmittag über WhatsApp darüber informiert worden, dass sie in Kurzarbeit gehen sollen, was bei einigen Tränen und Verzweiflung hervorgerufen habe. Winter bezweifelt zudem, dass es rechtmäßig ist, als Träger Unterstützung beim Bund zu beantragen. Schließlich seien die Betreuungskosten bereits festgeschrieben und das Land stelle den Kommunen 50 Millionen zur Verfügung als Ausgleich für die wegfallenden Elternbeiträge. „Was drin ist im Haushalt, wird auch ausgezahlt“, sagt er. Carsten Geyer, Geschäftsführer der Kita Stoppelhopser bezieht sich dagegen auf eine Empfehlung der Stadtverwaltung, die er voll und ganz unterstützt. „Ich finde das, was der Bürgermeister macht, richtig. Er muss doch sehen, dass seine Finanzen gesichert sind“, sagt er. Die Stadt könne die Elternbeiträge für April und Mai nicht erheben, wofür das Land 50 Millionen Euro aus Steuern bereitstelle. Das Kurzarbeitergeld für nicht beschäftigte Mitarbeiter komme aber aus Mitteln der Arbeitsagentur, also vom Bund, der einen besseren Kreditrahmen als Land und Kommune habe. Für die Angestellten der Kita bedeute das Kurzarbeitergeld im Übrigen gar keine Veränderung, da ihr Gehalt auf 100 Prozent aufgestockt werde. „Das merkt im Grunde niemand, woher das Geld kommt“, erklärt Geyer. Letztlich gehe es auch darum, die Bezahlung des Personals sicherzustellen, das nicht unmittelbar mit der Kinderbetreuung befasst sei. Da in der Kita Stoppelhopser selbst gekocht werde, müsse er auch das Küchenpersonal entlohnen. „Ich müsste diesen Mitarbeitern und auch den Reinigungskräften kündigen. Und das will ich nicht. Wir helfen so mit, alle weiter beschäftigen zu können“, sagt Geyer. Im Übrigen müsse die Kurzarbeit ja kein Dauerzustand sein. Wenn durch Notfallbetreuung mehr Arbeit entstehe, könne ja wieder zum normalen Gehalt übergegangen werden. DRK-Kita: Nicht weniger Arbeit als vor Corona: Doch wie halten es andere Kita-Träger? Das DRK beispielsweise ist weit davon entfernt, Kurzarbeitergeld zu beantragen. „Unsere Kollegen sind alle voll beschäftigt. Wir haben drei Gruppen in der Notfallbetreuung, ab 4. Mai werden es sechs Gruppen sein. Außerdem stellen wir den Eltern täglich Material zur Beschäftigung der Kinder daheim zur Verfügung, betreiben Krisenprävention am Telefon oder stellen Masken zum Schutz vor Corona für unsere und anderen Einrichtungen her“, erklärt Jens Reimann, Leiter der DRK-Kita Wichtelhausen. Es gebe keinen Mitarbeiter, der zurzeit weniger arbeite als zuvor. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Bürgermeister: Für Kurzarbeitergeld haben Beschäftigte eingezahlt: Bürgermeister Jörg Lembke wiederum bestätigt auf Nachfrage, dass er sich bei Kita-Träger erkundigt hat, inwieweit Kurzarbeit für einzelne Mitarbeiter ohne Beschäftigung in Frage kommt. Die Stadt werde aber auch die finanziellen Lücken, die für die Monate April und Mai wegen der entfallenen Elternbeiträge entstanden sind, aus den Mitteln des Landes zu 100 Prozent schließen – „damit den Mitarbeitern kein finanzieller Schaden entsteht“, erklärt er weiter. Dies entspreche dem „Letter of Intent“, der vom Sozialministerium in Abstimmung mit den Verbänden am 9. April veröffentlicht worden sei. Demzufolge solle das Kurzarbeitergeld mit den Zuschüssen des Landes verrechnet werden. „Das ist auch nachvollziehbar, da die avisierten, aber noch nicht beschlossenen 50 Millionen Euro des Landes aus Steuermitteln finanziert werden, während das Kurzarbeitergeld eine Leistung der Agentur für Arbeit ist, in deren Kasse die Arbeitnehmer ja genau für diesen Fall eingezahlt haben, sodass die Belastung für den Steuerzahler reduziert werden kann“, argumentiert Lembke. Kurzarbeit habe überdies den Vorteil, dass sie jederzeit wieder beendet werden könne, wenn Arbeit da sei, sodass sie auch für den Arbeitgeber ein hohes Maß an Flexibilität mit sich bringe. Sozialministerium: Empfehlung der Stadt nicht nachvollziehbar: Im Sozialministerium trifft die Herangehensweise der Oldesloer Verwaltung auf Unverständnis. „Das Land hat klargestellt, dass für den Fall des Bezuges von Kurzarbeitergeld dem Träger die wegfallenden Elternbeiträge nicht erstattet werden sollen. Es ist insofern nicht nachvollziehbar, wieso die Stadt Bad Oldesloe aktiv Kurzarbeit einfordert“, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung. Im Übrigen beinhalte der am 16. März ergangene Erlass nicht die Schließung, sondern ein Betreuungsverbot von Kindern, deren Eltern nicht in systemkritischen Berufen beschäftigt sind. Für all jene, die die medizinische und sonstige Versorgung der Bevölkerung sicherstellten, müssten die Träger dagegen ausreichend Personal vorhalten, um auch Vertretungen im Krankheitsfall abdecken zu können. Das Land wiederum stehe zu seiner Verantwortung und werde die Kita-Betriebskostenfinanzierung an die Kreise und kreisfreien Städte vollständig auskehren, auch wenn die Träger ihre Leistungen nicht in vollem Umfang erfüllten. Jörg Lembke gab indes bekannt, dass nicht nur er, sondern auch Bürgermeister anderer Stormarner Kommunen angedeutet hätten, über das Mittel der Kurzarbeit nachzudenken, wenn ab Juni keine Kompensationsmittel des Landes mehr zur Verfügung stehen sollten und die Kindergärten weiter geschlossen blieben. 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