Bargteheide: Künstler Stomm Stellmacher macht aus Wünschen Bilder

Tom Stellmacher ist Wünschemaler: Der Bargteheider Künstler bietet die nächsten Wochen über eine Aktion an, bei der jeder seinen Wunsch bei ihm abgeben kann, der von Stellmacher dann in ein Bild umgesetzt wird. Alle gemalten Wünsche werden im Schaufenster seines Ateliers im Mittelweg 2 als „Schatz der Wünsche“ ausgestellt. Das Original im Kleinformat entsteht nach einer Mail, einem Wunsch per Karte oder beim Gespräch, eine Minute malen kostet einen Euro. Reaktion auf Corona: „Corona schadet den Künstlern“, erklärt der Illustrator, der auch Kunstkurse für Kinder und Schulen anbietet, die nun ausfallen müssen. Als er von der Kulturhilfe Schleswig-Holstein hörte, die coronakompatible Projekte unterstützt, hatte Stellmacher die Idee zum Wünschemalen. „Die Menschen leben derzeit isoliert und müssen viele Einschränkungen hinnehmen. Das Wünschemalen eröffnet eine Art der Kommunikation, die ein künstlerisches Kontaktangebot ist und in der jetzigen Zeit Trost bietet.“ Pate standen dafür zwei Formate, die Stellmacher auch vorher schon ausprobiert hat. „Beim Stadtfest habe ich mal an einem Tisch gesessen und die Wünsche von Besuchern spontan auf Wurstpappen gezeichnet.“ Später habe er dann den Kunstautomaten am Rathaus mit kleinen Bildern bestückt. Daraus sind nun die Wünsche-Bilder im Kleinformat hervorgegangen. Gespräch am Anfang: „Am Anfang steht ein Gespräch über oft sehr persönliche Themen“, erklärt Stellmacher. Die Wünsche könnten ihm aber auch per Mail gesendet oder in den Briefkasten am Atelier gesteckt werden. Er entwickele dann zu den Wünschen das Sichtbare. „Das Bild ist die künstlerische Antwort auf den Dialog mit dem Wünschenden. In jedem Bild steckt eine kleine Geschichte mit drin.“ Ein Mann habe sich für seine kranke Frau ein Bild der Entspannung gewünscht, ein anderer vom Motorradurlaub geträumt oder sich jemand nach einem Lebenspartner gesehnt. Erfüllt werden die Wünsche in Form von kleinen farbigen Zeichnungen auf Karton, die in unterschiedlichen Motiven das Abstrakte veranschaulichen. Eine DIN-A-3-Kopie davon kommt ins Schaufenster des Ateliers, das Original kann der Wünschende kaufen, muss er aber nicht. Die Aktion soll solange laufen, bis das Schaufenster voll ist. „Im Grunde ist das ein Kunstexperiment.“ Einige Wünsche sind bei Stellmacher schon eingegangen. So wünscht sich jemand einen Ort auf Augenhöhe in Bargteheide zu Treffen und Gesprächen, ein anderer Kooperation statt Konkurrenz. Der Künstler gießt die Essenz des Wunsches in sein Bild und nutzt dabei oft auch Humor. „Bei der Umsetzung der Wünsche in Kunst darf ich nicht lange fackeln, ich will es leicht nehmen.“ Denn Ziel sei es, den Blick weg von schlechten Nachrichten auf etwas Schönes zu lenken. „Es hat auch schon jemand ein Foto mitgebracht, weil er ein Geschenk für einen Kollegen haben wollte, der beim Flughafen arbeitet.“ Stellmacher beschreibt sich selber in diesem Kunstformat als „Visualisierer“: „Das Ganze ist ein Prozess aus Gespräch, dem Wunsch selber und der Umsetzung.“ Comic als Anleitung: Jeder kann seinen Wunsch einreichen und nach ein paar Tagen als Bild wieder abholen. Das Ganze läuft niederschwellig ab und erreicht auch Kinder, deren Wünsche Stellmacher auf Augenhöhe hängt. Die Anleitung für das Vorgehen hat Stellmacher als Comic auf einer Karte entworfen, die man draußen mitnehmen kann. „Hier kommen viele Menschen vorbei und sehen sich das Schaufenster an.“ Darüber wird auch Laufpublikum erreicht. Kulissen für die Sesamstraße: Manche erkennen Stellmachers Zeichenstil vielleicht wieder, denn er hat auch schon 144 Hintergrundkulissen für eine Themenreihe in der „Sesamstraße“ gezeichnet, damals ging es um Integration. „Bei mir gab es eine Straße, in der Schafe lebten, und dann ist in das Eckhaus eine Ziegenfamilie gezogen.“ Neben Buchillustrationen und einem Maskottchen für den FC St. Pauli, das kurz vor der Umsetzung gekippt wurde, bemalt Stellmacher auch Wände. Die Alsterdorfer Anstalten und eine Kinderklinik in London sind ihm ebenso zur Leinwand geworden wie ein Pflegeheim für Demente, wo er die Türen tarnen sollte. „Auf eine Tür habe ich einen Vitrinenschrank gemalt, und eine Bewohnerin hat versucht, eine Schublade darin aufzuziehen.“ Sein großer Wunsch ist es, mal die Wände eines Kinderkrankenhauses zu bemalen. Vielleicht hängt dieser Wunsch auch bald gemalt im Wünsche-Schaufenster. Von Bettina Albrod