Bezahlbarer Wohnraum und neue Arbeitsplätze für Reinfeld

Reinfeld führt jedes Jahr eine Bedarfs- und Bestandsanalyse beim Wohnraum durch. „Im Vergleich zum ermittelten Bedarf der Bevölkerungsprognose des Kreises hat Reinfeld das Soll an neuen Wohnungen immer deutlich übererfüllt“, sagt Dr. Stefan Weber, Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses und des SPD-Ortsvereins. Doch das Problem ist nach Ansicht Webers aktuell ein anderes. „Leute haben Schwierigkeiten, günstigen Wohnraum zu finden. Der Hintergrund ist nicht nur, dass Wohnraum zu knapp ist, sondern es ist die Preisperspektive, die wir beachten müssen“, so Weber. Wohnraum für die Reichen: Die Finanzkrise, die Zinskrise und jetzt die Pandemie hätten dafür gesorgt, dass sich das verfügbare Kapital Investmentmöglichkeiten suche. Diejenigen, die es sich leisten könnten, investierten in Betongold statt in Aktien. Und das treibe die Preise von Immobilien in die Höhe. Das sei eine Störung des Preisgefüges aufgrund von Verhältnissen. „Das ist ein wesentliches Problem, das wir im Moment haben. Es entsteht zwar Wohnraum, aber der ist zu teuer.“ Diejenigen, die finanziell mit weniger Ressourcen ausgestattet seien, würden deshalb in Schwierigkeiten geraten. Krise durch Ungleichheit und Ungerechtigkeit: Viel von der aktuellen Wohnungskrise hat nach Ansicht des Reinfelders mit Ungleichheit von Vermögen und Einkommen sowie Ungerechtigkeit zu tun. Es sei nicht der Tatsache geschuldet, dass der physikalische Wohnraum in Deutschland sich schlagartig verknappt habe. „Wir haben ja kein immenses Bevölkerungswachstum. Sondern es ist so, dass Ungleichheit und Ungerechtigkeit immer mehr zunehmen. Im Wohnraumbereich verdeutlicht sich das ganz besonders. Das Instrument ist aus meiner Sicht, dass wir noch mehr darauf drängen müssen, dass in dem Wohnraum, der entsteht, auch geförderte Wohnungen dabei sind, die zu günstigen Preisen vermietet werden können.“ Ein gutes Beispiel dafür sei das Reinfelder Rathauscenter. 40 neue Wohnungen sollen dort in schöner Lage entstehen – sowohl Luxus- als auch Sozialwohnungen. Der Stadtentwicklungsausschuss hat beschlossen, ohne neue Flächenversiegelung im Außenbereich durch Innenverdichtung weiterhin nachhaltig Wohnraum zu ermöglichen. Natur und Landschaft sollen hingegen gestärkt werden. „Wir müssen unsere natürlichen Ressourcen schonen und sorgsam mit unserem Planeten umgehen. Das sind wir unseren Kindern schuldig“, fasst Weber zusammen. Reinfeld will Stein- und Schottergärten verbieten: In Zukunft will die Stadt Reinfeld B-Pläne systematisch überarbeiten. „Wie diese Planung ablaufen soll, wurde inzwischen in Leitlinien festgelegt. Der Fokus liegt auf guter Lebensqualität in Reinfeld und auf Wohnraum durch neue Mehrfamilienhäuser, die sich in das Stadtbild einfügen“, macht der Ausschussvorsitzende deutlich. Auch im Innenbereich soll eine Versiegelung von Flächen nur in angemessener Weise erfolgen, um Grünflächen zu schonen und gute Wohnverhältnisse in Reinfeld zu fördern. So sollen Stein- und Schottergärten verboten werden, und bei Neubauten strebt man Gründächer an. Grüne Gewerbegebiete, mehr Arbeitsplätze: Parallel hat der Ausschuss beschlossen, um Arbeitsplätze zu schaffen und Wohlstand zu erhalten, die Gewerbegebiete direkt an der A1 auszubauen. In den nächsten drei bis fünf Jahren soll das umgesetzt werden. Eine Fläche nördlich der A1 ist bereits im Flächennutzungsplan ausgewiesen, es fehlt noch der B-Plan. Doch bevor sich eine Trägergesellschaft der Fläche annimmt, wünscht sich der Stadtentwicklungsausschuss ein übergreifendes Konzept. „Wie soll das Gewerbegebiet aussehen? Wie kann der Verkehr dorthin geführt werden, ohne die bestehenden Gewerbegebiete und die B 75 mit Schwerlastverkehr zu verstopfen? Wie kriegen wir das Gewerbegebiet so entwickelt, dass es ein Gewerbegebiet der Zukunft ist – mit Gründächern über Parkplätzen und Solarpanels. All diese Punkte wollen wir erst einmal abklären“, macht Weber deutlich. Gewerbegebiete, die nicht grau, sondern grün sind und die sich in die Landschaft einfügen – das spielt bei den Überlegungen für die Zukunft eine zentrale Rolle. Die Kommunalpolitiker wollen zeitnah Leitlinien festlegen, wie sie sich die Gestaltung vorstellen. „Dabei werden wir auch Aspekte des Verkehrs mitdenken“, so Weber. Autobahnzubringer Richtung Süden öffnen: Auf der anderen Seite der Autobahn besteht zudem die Möglichkeit, dass Reinfeld eine Gewerbefläche zusammen mit Barnitz entwickelt, die bereits für den Regionalplan beschlossen ist. Hier müssen mit Barnitz noch Gespräche geführt werden, um einen „Schlachtplan“ zu erarbeiten. Weber: „Wenn Gewerbegebiete südlich der Autobahn in Zusammenarbeit mit Barnitz entstehen, muss der Autobahnzubringer auch Richtung Süden geöffnet werden. Hierdurch können die Straßen nördlich der Autobahn inklusive der B 75 in Zukunft entlastet werden.“ An der Trave: Neues Vorranggebiet für Naturschutz: Wenn Reinfeld Flächen zugunsten neuer Gewerbegebiete versiegelt, soll auch ein Ausgleich geschaffen werden. Die Idee ist, an der Trave südlich der Autobahn ein Vorranggebiet für Naturschutz einzurichten. Weber: „Weg von Ackerbau, Düngung und Eutrophierung der Gewässer. Wenn wir das so beschließen, kriegt man über die nächsten Jahrzehnte vielleicht wirklich mal Naturschutz hin. Das wäre natürlich das Tollste.“ Von Britta Matzen