Corona-Lockdown endet: Einzelhandel in Stormarn atmet auf

Für Stormarner Einzelhändler war es sicherlich eine lange Nacht. Gebannt verfolgten auch die Mitglieder der Oldesloer Wirtschaftsvereinigung jedes Detail, das am Tag der Bund-Länder-Konferenz über mögliche Lockerungen der Corona-Beschränkungen an die Öffentlichkeit gelangte. Doch selbst nach Verkündung der neuen Regelungen gegen Mitternacht waren noch viele Fragen offen geblieben. Der anfangs diskutierte, strenge Sieben-Tage-Inzidenzwert von 35 als Bedingung für eine Öffnung der Geschäfte war zwar gekippt und auf die tolerantere Marke von 50 Infektionen pro Woche pro 100 000 Einwohnern abgemildert worden, doch was dies für Schleswig-Holstein und im speziellen den Kreis Stormarn bedeuten würde, vermochte zu diesem Zeitpunkt niemand zu sagen. Händler sind begeistert, dass es weitergehen kann: Am Mittag dann die erlösende Botschaft: Die Läden dürfen ab Montag, 8. März, wieder öffnen. „Ich bin begeistert und dankbar, dass es wieder weitergehen kann“, reagierte Marcus Straßburg spontan auf die Lockerung. Der Inhaber von City-Sport Oldesloe hatte schon befürchtet, dass eine Öffnung nur mit Terminvergabe nach dem Modell „Click and Meet“ möglich sein würde. Denn das hätte ihm zufolge keinen wirklichen Fortschritt bedeutet. Mit der Maßgabe, dass in den kleineren Geschäften bis 800 Quadratmetern nur so viele Kunden empfangen werden dürfen, dass jeder zehn Quadratmeter Platz hat, kann er sich gut anfreunden. „Aber jetzt ist es mehr denn je nötig, dass sich die Leute ans Maskentragen und die Abstandsregeln halten. Denn wenn die Inzidenz wieder steigt, fallen wir wieder in den Lockdown zurück“, sagt Straßburg. Endlich wieder Kinderlachen im Laden: „Endlich wieder fröhliches Lachen im Laden“, kommentiert Malte Jensen vom Oldesloer „Kinderreigen“ die Beendigung des Lockdowns für den Handel. Das telefonische Bestellen und Abholen von Ware während der vergangenen Wochen sei zwar eine nette Idee gewesen, um das Geschäft im Bewusstsein der Kunden zu halten, aber gelohnt habe sich der Aufwand nicht wirklich. „Wir hatten viel zu wenig Umsatz. Den Kindern zuliebe, haben wir aber Präsenz gezeigt“, erklärt Jensen. Er freut sich schon darauf, ab Montag wieder Kundschaft im Laden empfangen zu dürfen. Kaufhaus Rohde geht auf Nummer sicher: „Auch wir freuen uns, dass wir wieder aufmachen können“, sagt Jan Rohde, Inhaber des gleichnamigen Modehauses in Bad Oldesloe. Doch seine Euphorie ist etwas gebremst. „Wir hoffen, dass es auch so bleibt.“ Es brauche ja nur wie in der Vergangenheit ein Schlachtbetrieb in Schleswig-Holstein viele infizierte Beschäftigte zu haben oder zu einem Ausbruch in einem Pflegeheim kommen – und schon steige die Inzidenz wieder über 50 an, sagt Rohde. „Dann müssten wir wieder schließen. Das wäre die Katastrophe.“ Der Geschäftsmann will deshalb auf Nummer sicher gehen und plant ab Montag mit zwei Varianten: der kompletten Öffnung und Einkaufsbesuchen mit vorheriger Anmeldung. „Das geht auch spontan. Auf unserer Website bieten wir ein Tool dafür an“, sagt er. Einige Geschäftsleute reagieren unsicher: Einige Geschäftsleute reagierten am Donnerstag auch noch etwas verunsichert. Ariane Giese etwa vom Mode- und Accessoire-Shop „Izoda“ hatte zunächst angenommen, dass die Öffnung vom Sieben-Tage-Inzidenzwert des jeweiligen Heimatkreises abhängt, und diesbezüglich wäre Stormarn mit einem Wert von 56,9 (Stand vom 4. März) nicht unter die verkündeten Lockerungen des Einzelhandels gefallen. „Wenn es sich aufs ganze Land bezieht, freuen wir uns natürlich. Da ist die Stimmung positiv“, sagte sie. „Aber die Zeit, die hinter uns liegt, wirkt nach. Dass es jetzt weitergeht, scheint noch so unwirklich.“ Diese Texte haben wir exklusiv für LN-Plus-Leser recherchiert: Lockdown verlängert, Lockerungen beschlossen: Das gilt in SH ab 8. März Lockdown-Verlängerung bis 7. März: Das gilt jetzt in Schleswig-Holstein für Schule, Friseur, Einzelhandel Eingeschränkter Bewegungsradius: Das bedeutet eine 5- oder 15-Kilometer-Regelung Schleswig-Holstein kündigt weitere Lockerungen an Gewerbevereine stolz auf Erfolg ihrer Aktion: Erleichtert und zu Recht auch ein wenig stolz ist man in den Stormarner Gewerbevereinen, die im Vorfeld zur Bund-Länder-Konferenz mit der öffentlichkeitswirksamen Aktion „Aufmachen. Jetzt“ für das Ende des Lockdowns im Einzelhandel eingetreten waren. „Wir sind natürlich richtig froh über die Entscheidung von Ministerpräsident Günther. Die Öffnung ist ein Zeichen, dass es nun einen Schritt in Richtung Normalität geht. Das, wofür wir uns eingesetzt haben, ist eingetreten“, sagt Nicole Brandstetter, Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung Bad Oldesloe. Im Minutentakt erhielt sie am Donnerstag begeisterte Kurznachrichten von Händlern, die sich für den Einsatz bedankten. Aufruf zum Einhalten der AHA-Regel: Doch auch Brandstetter räumt ein, dass es noch keinen Grund zur Entwarnung gibt. „Die Einschränkung durch den Inzidenzwert ist immer noch real. Wir dürfen unseren Erfolg nicht aufs Spiel setzen. Deshalb meine Bitte an die Stormarner, die Regeln zu beachten und Abstand zu halten“, sagt die Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung. Wie sie berichtet, gab es aus Kiel indes noch keine direkte Reaktion auf die Aktion der Gewerbevereine. Ob Daniel Günther schon Zeit hatte, das eigens dafür produzierte Musik-Video mit Rapper Noor Al-Tamemy anzuschauen, ist ebenso ungewiss. Von Dorothea von Dahlen