Corona: Querdenker-Infokasten sorgt für Ärger in Badendorf

180 Corona-Tote, 4362 klinisch bestätigte Covid-19-Fälle allein in Stormarn. Aber das hält manche nicht davon ab, Corona zu verharmlosen oder sogar zu verleugnen. „Fakt: Keine Übersterblichkeit von Corona“, „Der Wissenschaftsbetrug durch Prof. Christian Drosten “ oder „Wir machen auf! Lockdown beenden“– in seinem Infokasten an der Hauptstraße in Badendorf hat Torben Beuthien seine persönliche Weltanschauung öffentlich ausgestellt. Doch das gefällt in Badendorf nicht jedem. Sachbeschädigung durch rote Sprühfarbe: „Deutschland galt mal als Land der Dichter & Denker. Jetzt ist es das Land der nicht ganz dichten Querdenker.“ Unbekannte klebten den von Hand geschriebenen Zettel vor einigen Tagen auf Beuthiens Infokasten und umrahmten das Schreiben mit roter Sprühfarbe. „Schade, dass die Täter nicht bereit und in der Lage sind, einen Dialog zu führen und stattdessen feige Sachbeschädigung vorzunehmen und grundgesetzwidrig Meinungen zu unterdrücken“, lautete die Antwort Beuthiens, die er als Aushang hinzufügte. Badendorfer Maskenverweigerer: Wer dem Badendorfer begegnet, trifft auf einen freundlichen Mann mit ruhiger Stimme. „Es war immer schon so, dass Menschen gestorben sind. Jedes Jahr“, meint Beuthien. Die Zahlen seien dieselben gewesen – auch ohne Corona. Wer an Krebs sterbe und einen positiven Coronatest habe, zähle heute als Covid-19-Toter. Und Grippe gebe es so gut wie gar nicht mehr. „Ganz schlimm finde ich, dass Kinder beim Rodeln eingeschränkt werden und dass sie Masken im Freien tragen müssen.“ Er trage grundsätzlich keine Maske, auch nicht im Supermarkt. „Corona-Panik adé“, schreibt der Stormarner hingegen in seinem Kasten und führt damit eine Liste von Dokumenten an, die den wissenschaftlichen Standpunkt zur Corona-Pandemie widerlegen sollen. Mehrheit der Opfer an Corona gestorben: Bei Nachbarn sorgen Beuthiens Äußerungen für große Empörung. „Das ist doch totaler Quatsch. Gerade haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die Mehrheit der Opfer tatsächlich an Corona gestorben ist und nicht mit“, ärgert sich die Badendorferin Anke Kuchel. So hat zum Beispiel das Universitätsklinikum Kiel Menschen obduziert, die sich vor ihrem Tod mit Sars-CoV-2 angesteckt hatten. Ergebnis: 85 Prozent der Fälle sind an ihrer Erkrankung mit Covid-19 gestorben. Anke Kuchel regt sich auch darüber auf, dass der Infokasten mit den einseitigen Informationen direkt am Schulweg platziert ist. „Wovon reden wir hier? Die Intensivstationen der Krankenhäuser sind voll. Natürlich ist die Maske ein Schutz, und die Grippezahlen gehen runter, weil wir Abstand halten, Masken tragen und auch sonst nicht rausgehen. Wenn wir das die vergangenen Jahre gemacht hätten, hätten wir keine Grippetoten gehabt.“ Zudem zeige auch die Grippeimpfung ihre Wirkung. Querdenker warnt vor Impffolgen: Für Menschen, die behaupteten, Impfen sei Unsinn, fehle ihr jegliches Verständnis. „Pocken, Masern, Kinderlähmung, Typhus – warum haben wir das denn alle nicht mehr? Weil wir geimpft sind.“ Querdenker Beuthien warnt hingegen in seinem Infokasten vor der Coronavakzination: „Fatale Nebenwirkungen bei Covid-19-Impfung!“ prangt auf einem Plakat. „Das alles kann man doch nicht leugnen!“: „Ich bin ausgebildete Krankenschwester. Grundsätzlich ist der Tenor, dass Impfen hilft. Jetzt auf der Intensivstation zu arbeiten und den Menschen nicht helfen zu können, das muss das Schlimmste sein. Das alles kann man doch nicht leugnen!“, sagt Anke Kuchel und ist fassungslos angesichts der Aushänge in ihrem sonst so beschaulichen Dorf. „Das so zu veröffentlichen, dass da jeder dran vorbeigehen muss, auch Kinder, die sich womöglich noch informieren: Das geht gar nicht! Das regt mich so dermaßen auf“, sagt die Badendorferin verärgert. Sie sei übrigens nicht die Einzige, die sich echauffiere. Auch von Nachbarn habe sie gehört, die von den Aussagen Beuthiens entsetzt seien. Bürgermeister: Keine Handhabe: Bürgermeister Volker Brockmann hat bereits von dem Infokasten-Aufreger in seiner Gemeinde gehört. Aber er sieht keine Handhabe gegen den Querdenker. „Er kann seine Meinung äußern und auf seinem Grundstück anzetteln, was er möchte. Man muss es ja nicht lesen.“ Und dass Kinder durch solche Informationen beeinflusst würden, darüber müsse man sich nach Ansicht des Bürgermeisters keine Sorgen machen. „Ich habe einen Enkel, und der würde bestimmt nicht lesen, was in dem Kasten steht.“ Von Britta Matzen