Drive-Thru-Station für Coronatest in Borstel

Im Forschungszentrum Borstel hat jetzt eine von sieben „Drive-Thru“-Stationen im Land für den Test auf das Coronavirus den Betrieb aufgenommen. Die Patienten fahren mit dem Auto vor, durch die geöffnete Scheibe wird der Rachenabstrich entnommen, dann fahren sie wieder nach Hause, ohne ein Gebäude betreten oder Kontakt zu anderen Menschen gehabt zu haben. Das medizinische Personal ist durch Schutzkleidung gesichert. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass es nur zu minimalen Kontakten und damit zu einer erschwerten Weitergabe der Erkrankung kommt. Idee aus Südkorea: „Wir haben erstmals im Fernsehen ,Drive-Thru-Stationen’ in Südkorea gesehen“, erläutert der Medizinische Direktor Professor Christoph Lange. Die Idee überzeugte den Mediziner, so dass in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein am Borsteler Klinikum nun eine „Drive-Thru-Coronatest-Station“ für die Kreise Stormarn und Segeberg eingerichtet wurde. Rund 40 Patienten pro Tag sind in den ersten beiden Tagen da gewesen. Dabei haben sie ihr Auto gar nicht verlassen. „Wir gehen zu den Patienten raus, nicht sie zu uns rein“, erklärt Lange. Dadurch bestehe nur eine geringe Übertragungsgefahr im Gegensatz dazu, wenn Patienten zunächst in die Praxen und Wartezimmer gingen. „Hier wird der Parkplatz zum Wartezimmer.“ Ein Wagen rollt jetzt in eine Parklücke, und die vermummten Tester erwarten den Patienten schon. Denn anders als beim Big Mac kann nicht jeder kommen, der will, sondern nur, wer zuvor über die Krankenkasse eine Überweisung bekommen hat. Wer in einem Risikogebiet war oder Kontakt zu erkrankten Personen hatte und nun auch Symptome an sich selber beobachtet, ruft zunächst die Hotline 116117 an. Dort beurteilt jemand, ob eine Corona-Infektion wahrscheinlich ist und lässt sich in diesem Fall die Telefonnummer des Patienten geben. Derzeit, so Lange, sei das bei etwa zehn bis zwanzig Prozent der Anrufer der Fall. Die Nummer wird an die Ärzte in Borstel weitergeleitet, die mit dem Patienten einen Termin absprechen. Damit liegt ihnen zugleich ein Mandat der Krankenkasse vor. Das Vorfahren in Borstel ist zwecklos, wenn man nicht vorher über die Hotline 116117 eine Überweisung der Krankenkasse bekommen hat. Die Tests werden nur nach Terminvergabe abgenommen. Betroffene sollen im Auto bleiben und möglichst alleine kommen. „Wir untersuchen den Patienten am Fahrzeug und entscheiden, ob eine stationäre Aufnahme nötig ist oder nicht“, so Lange weiter. Der Patient kann – sofern er nicht ernsthafte Symptome zeigt – wieder nach Hause fahren und erfährt 24 Stunden später, ob er infiziert ist. „Wir melden sämtliche Ergebnisse, bei besonders gefährdeten Personen auch die negativen, ans Gesundheitsamt, das die weiteren Schritte unternimmt“, sagt Lange. Auf diese Weise würden Hausarzt-Praxen entlastet und die Risiken verkleinert. Denn bei der Pandemie stehe der Höhepunkt noch aus, davon ist Lange überzeugt. „Im Juni wird wohl der Höhepunkt der Erkrankungen erreicht sein, ab August könnte die Zahl wieder abnehmen“, schätzt er. Intensivbetten-Zahl wird aufgestockt: Deshalb hat sich das Klinikum bereits für die Aufnahme schwer Erkrankter gerüstet. „Wir sind Nationales Referenzzentrum für Tuberkulose und auf Patienten mit Lungenerkrankungen spezialisiert“, führt der Fachmann aus, „bei der Tuberkulose wendet man zum Teil ähnliche Schutzmaßnahmen an wie bei Corona-Virusinfektionen.“ Die Strukturen liegen also schon vor. Da man in Borstel auch über die Expertise in der Diagnostik von Infektionskrankheiten verfügt, hat das Tuberkuloselabor des Forschungszentrums unter Professor Florian Maurer Kapazitäten zur Testung einer Coronavirusinfektion eingerichtet. Hamburger Labore seien damit längst überlastet. Zusätzlich wurden Medizinstudenten angestellt, um bei der täglichen Testabnahme zu helfen, die an allen Tagen der Woche stattfindet. Auch solle mit dem Aufstocken von Intensiv-Betten und Beatmungstechnik die Zahl der Behandlungsplätze von derzeit sechs Betten auf 15 Intensiv-Betten und zehn Betten zur nicht-invasiven Beatmung hochgefahren werden. Ausreichend geschultes Personal auch in der Krisensituation bereitzuhalten, sei die größte Herausforderung. „Zum Glück gibt es eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium, dem Gesundheitsamt, den umliegenden Kliniken und den niedergelassenen Kollegen. Kooperation wird in den kommenden Wochen besonders wichtig sein.“ Atemschutzmasken für alle Mitarbeiter: Der Mediziner, der einen Lehrstuhl für Respiratory Medicine & International Health an der Universität Lübeck hat, geht im Klinikum Borstel auf Nummer sicher: Seit einer Woche schon tragen sämtliche Mitarbeiter Atemschutzmasken. Mögliche Corona-Patienten sind von vorn herein ausgelagert, um die Verbindung mit der Klinik einzuschränken. So wurde die Ambulanz aus dem Haupthaus in ein Nebengebäude verlegt, so dass die Bereiche getrennt bleiben. Auf diese Weise soll eine Gefährdung anderer ausgeschlossen werden. Immungeschwächte Patienten, die zur Chemotherapie kommen, werden in einen anderen Teil des Hauses geleitet. „Jeder, der jetzt zu uns kommt, könnte mit dem Coronavirus infiziert sein“, sagt Professor Lange. 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Corona - Der Parkplatz wird zum Wartezimmer