Galerie BOart in Bad Oldesloe feiert bald fünften Geburtstag

Markttag in der Kreisstadt. Zwei ältere Damen nähern sich vorsichtig dem hell erleuchteten Schaufenster. „Ob geöffnet ist?“, fragt eine etwas zweifelnd, als sich schon von innen die Tür öffnet. Barbara Schleth empfängt die beiden lächelnd und auch ihre Mitstreiterinnen Silvia Banthien und Friderike Bielfeld freuen sich, dass Besucher an diesem Mittwoch in die Galerie BOart gefunden haben. Denn angesichts geschlossener Museen und Ausstellungen herrscht offenbar Verwirrung ob der geltenden Bestimmungen. Dabei darf die von den Produzenten selbst geführte Galerie in Corona-Zeiten durchaus Kunden empfangen, genauso wie der übrige Einzelhandel in Bad Oldesloe. Das jedenfalls haben die Künstler gegenüber dem Land erfolgreich geltend gemacht. Schließlich dürfen ihre Werke nicht nur bestaunt, sondern auch erworben werden – freilich unter Einhaltung der üblichen Hygienevorschriften. Geöffnet ist die Galerie BOart an den beiden Markttagen, Mittwoch von 11 bis 18 Uhr und Sonnabend von 11 bis 14 Uhr sowie Donnerstag und Freitag von 15 bis 18 Uhr. Beim Besuch gelten folgende Regeln: Pro zehn Quadratmeter ist eine Person zugelassen, es sei denn mehrere Gäste kommen aus einem Haushalt. Die Maskenpflicht ist obligatorisch. Getränke und Knabbereien gibt es aus hygienischen Gründen nicht. Öffentliche Vernissagen sind nicht vorgesehen. Zum Team der Galerie gehören Barbara Schleth, Emmi alias Michaela Wendland, Frauke Trebesius. Friderike Bielfeld, Gerd Loose, Hartmut Deutelmoser, Leo alias Michael Jöhnk, Regina Wiechern, Silvia Banthien und Dr. Volker Bielfeld. „Touché“-Serie berührt das Gemüt: Drinnen in der einladend gestalteten Galerie empfangen großformatige, geradezu poetisch anmutende Fotografien die beiden Besucherinnen. Bis auf die feinen Adern verwelktes Blattwerk stand ebenso dafür Modell wie die seidig durchscheinenden Fruchtkörper des Silberblatts. Mit ihrer Bilderserie „Touché“ macht Michaela Wendland die in der Miniatur angelegte Schönheit sichtbar. Gewissermaßen herausgezoomt erscheinen dagegen andere großformatige Aufnahmen, die sich erst auf den zweiten Blick erschließen. In der Gesamtkomposition wirken sie ästhetisch, erst bei näherem Hinsehen entpuppt sich der kräftig rote Farbklecks auf dem Foto als Ansammlung sorglos weggeworfenen Plastikmülls. Die Oldesloer Galerie schloss eine Lücke: Michaela Wendland alias Emmi ist wie Silvia Banthien, Friderike Bielfeld und Barbara Schleth eine der elf Mitbegründerinnen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu der sich Bildhauer, Grafiker, Maler, Fotografen, aber auch literarisch Ambitionierte aus den Kreisen Stormarn und Segeberg zusammengeschlossen haben. Ihnen allen war es ein Bedürfnis, die Kulturszene der Kreisstadt um ein bis dato fehlendes Element zu bereichern. So gab es zwar zuvor schon die eine oder andere Ausstellung in Bad Oldesloe, aber keinen festen Raum für die Kunst. Das hat sich grundlegend geändert seit BOart an den früheren Standort des Reformhauses in der Mühlenstraße gezogen ist. Seit März sämtliche Veranstaltungen abgesagt: „Zu unseren Ausstellungseröffnungen sind immer 30 bis 40 Leute gekommen. Inzwischen haben wir ein Stammpublikum, das in der Gegend wohnt und uns ohne Aufwand und langes Schlangestehen erreichen kann“, sagt Friderike Bielfeld. Die freischaffende Malerin und Grafikerin zeichnet verantwortlich für das Marketing und die Homepage der Galerie, so wie jeder Künstler seine speziellen Fähigkeiten einbringt. Auch Flyer, Plakate und sonstiges Infomaterial stammen aus ihrer Agentur. Die so effektvoll angelockten Gäste fanden jedoch nicht nur Gefallen an den Vernissagen in der Galerie, sondern besuchten auch rege die kleinen Konzerte, Lesungen und Theaterstücke. Publikumswirksame Veranstaltungen wie diese sind derzeit natürlich tabu. Als letztes hätte noch das für Ende März vorgesehene Konzert mit dem Kanadier Rob Moir steigen sollen. Doch auch das musste abgesagt werden. Aber der Musiker hatte seine Tournee Corona-bedingt ohnehin abgebrochen. Künstler teilen sich die Galerie-Kosten: Um den „Betrieb“ aufrecht zu erhalten, ist indes ein gerüttelt Maß Idealismus erforderlich. Immerhin erhalten die soloselbstständigen Künstler keinerlei öffentliche Zuschüsse. Miete und Nebenkosten für den Laden in der Mühlenstraße müssen sie komplett selbst aufbringen. „Wir teilen uns alles. Das Tolle ist, es besteht kein Druck. Niemand ist gezwungen, einen bestimmten Betrag zu zahlen. Es basiert alles auf Freiwilligkeit. Jeder gibt, was er kann und es funktioniert“, sagt Schulsozialarbeiterin Barbara Schleth begeistert. Sie selbst schreibt leidenschaftlich gern Haikus, „Wortminiaturen“ und andere experimentelle Versformen. Für sie war es eine Offenbarung, dass sich in der Gruppe eine Kooperation mit Silvia Banthien ergab. Die Kunsterzieherin steuerte zum gemeinsam herausgegebenen Gedichtband kunstvolle Collagen bei, die ihrerseits eines gewissen Witzes nicht entbehren. Neue Ausstellung in der Vorweihnachtszeit: Dass nun ausgerechnet der fünfte Geburtstag von BOart im Januar ohne großes Feiern und Korkenknallen verstreichen wird, das konnte niemand ahnen. Dabei hatte der Galeriebetrieb im Vorjahr erst so richtig Fahrt aufgenommen. „Wir hatten 2019 sage und schreibe 28 Veranstaltungen, das war der bisherige Peak“, berichtet Friderike Bielfeld. In diesem Jahr dagegen seien es nur vier gewesen und zwar ausschließlich Projekte an Schulen. Doch von diesem Knick in der Statistik wollen sich die Künstler nicht beirren lassen. Für die Vorweihnachtszeit haben sie bereits eine Gemeinschaftsausstellung mit Fotografien und Malerei in der Pipeline. Schließlich gibt es sicherlich noch manch kahle Wand in Stormarner Wohnzimmern, die ein gutes Stück BOart vertragen kann. Von Dorothea von Dahlen