Havarie: Kein Notdienst in Hochhäusern der Adler in Bad Oldesloe

Rundum sorglos wohnen geht anders. Als Tatjana Nozhnov nach Feierabend dieses merkwürdige Rauschen wahrnahm, standen ihr gleich die Nackenhaare hoch. Bereits des Öfteren hatte die Mieterin aus dem Hochhaus am Poggenbreeden 2 miterleben müssen, wie ihre hübsch hergerichtete Wohnung binnen weniger Stunden zum Sanierungsfall wurde. Entsprechend panisch rannte sie ins Badezimmer. Um zu ergründen, woher das Geräusch kam, öffnete sie eine Klappe in der Wand, die zu einem Schacht führt. Dahinter schoss das Wasser in Strömen aus den darüber liegenden Stockwerken hinunter. Der Keller, so sollte sich später herausstellen, stand bereits zehn Zentimeter unter Wasser. Der Versuch, Hilfe zu holen, scheiterte zunächst. Unter der im Hausflur angeschlagenen Notrufnummer vermochte niemand zu helfen. Notdienst erklärte sich nicht zuständig: „Wir haben dort sofort angerufen, damit gleich etwas dagegen unternommen werden konnte. Aber unter der Nummer wurde uns gesagt, jemand habe schon Bescheid gegeben. Tun könne man aber nichts. Der Mann sagte, er sei nicht zuständig“, erzählt Tatjana Nozhnov. Auf ihre Frage, ob sie in dieser Notlage denn die Feuerwehr oder eine Oldesloer Firma rufen solle, bekam sie zur Antwort, auf ihre eigenen Kosten könne sie alles tun. Parallel dazu nahm die Familie Kontakt zum „Property Manager“ der Adler Wohnen Service GmbH auf. Dieser zeigte sich verwundert, dass der Notdienst offenbar nicht funktionierte und orderte Firmen aus Itzehoe: zunächst eine Sanitärfirma und als diese monierte, dass sie die Kellerräume nicht öffnen könne, noch einen Schlüsseldienst. Handwerker aus 79 Kilometern Entfernung geordert: „Um Mitternacht wurde dann das Wasser bei uns abgestellt bis zum darauf folgenden Nachmittag. Dann stellte sich heraus, dass es der falsche Hahn war, weil das Wasser immer noch lief. Erst eine Oldesloer Firma hat schließlich den eigentlichen Schaden beseitigt. Die Ursache war ein kaputtes Heizungsrohr im elften Stock“, berichtet die Mieterin. Sie fragt sich, weshalb unbedingt Handwerker aus der 79 Kilometer entfernten Stadt herkommen mussten, wenn es doch qualifizierte Firmen auch in Bad Oldesloe gebe. „Das scheint wohl nicht zu interessieren. Die Kosten für die Reparatur werden ja mit den Betriebskosten auf uns Mieter umgelegt“, sagt sie verärgert. Havarien keine Seltenheit in maroder Bausubstanz: Die jüngste Havarie in den Wohnblocks der Adler AG ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Je älter die Bausubstanz der arg vernachlässigten Gebäude, desto anfälliger scheinen sie für Defekte größeren Ausmaßes zu sein. Wer die Einsätze der Oldesloer Feuerwehr der vergangenen Jahre studiert hat, weiß auch, dass hin und wieder Mieter in den Aufzügen feststecken und befreit werden müssen. Ganz extrem erlebten das die Bewohner des Zwölf-Geschossers am Hölk 2 vor fünf Jahren. Über zwei Monate hinweg steckte der Lift fest. Rolli-Fahrer und Menschen mit Gehbehinderungen kamen nur mühsam oder gar nicht vor die Tür. Mieter leben schon länger mit Löchern in der Wand: Aber auch Rohre platzen dort inzwischen mehrmals im Jahr, zuletzt im Hölk, wo auch das Stadtteilbüro der Gruppe Plan B ihren Sitz hat, die sich um eine Verbesserung der Wohnsituation für die Mieter bemüht. Wie berichtet, führte erst das beharrliche Eingreifen des CDU-Stadtverordneten Jens Wieck dazu, dass eine professionelle Leckageortung vorgenommen wurde, um das Grundübel zu beseitigen. Gesundheitlich bedenkliches Dämm-Material blieb jedoch wochenlang auf den Fluren liegen, was die Umweltpolizei zu Protokoll nahm. Die Löcher, die während der Arbeiten in die Wände geschlagen wurden, sind dagegen immer noch nicht geschlossen. Das hat jetzt sogar den NDR auf den Plan gerufen, der ebenfalls über die unvollständig ausgeführten Arbeiten berichtete. Wasser aus verstopfter Toilette im Wohnzimmer: Was Tatjana Nozhnov selbst vor einigen Jahren erlebte, steckt ihr noch heute in den Knochen. „In einer leer stehenden Wohnung über uns war die Toilette verstopft. Plötzlich lief bei uns braunes Wasser ins Wohnzimmer. Es hat fürchterlich gestunken“, erinnert sich die Mieterin noch heute mit Grausen. Das gesamte Zimmer musste anschließend renoviert, Teppich, Gardinen, Sofa, Sideboard und andere Möbel mussten entsorgt werden, weil alles verdorben war. „Mehr als einen Monat hat es gedauert, bis wir unser Wohnzimmer wieder nutzen konnten. Bezahlen mussten wir übrigens alles aus eigener Tasche“, sagt die Oldesloerin. Hat Mieterin neuen Rohrbruch entdeckt? Beim Abschied geht sie noch mit vor zur Treppe. Auf den gemusterten Linoleum-Fliesen im Flur stehen kleine Pfützen. Auf einem Mauervorsprung neben dem Aufzug hat sich ein Fleck ausgebreitet. Prüfend streicht Tatjana Nozhnov darüber. „Das ist ganz klar Wasser“, sagt sie – und hat vielleicht soeben einen neuen Rohrbruch entdeckt. Von Dorothea von Dahlen