Jäger in Stormarn: Immer mehr Frauen gehen auf die Jagd

Zu Beginn waren die Menschen Jäger und Sammler, heute sind sie Jäger, Jägerinnen und Sammler: Die Zahl der weiblichen Jäger steigt stetig. Vor 25 Jahren waren laut Deutschem Jagd Verband (DJV) nur ein Prozent der Jagdscheininhaber Frauen, heute sind es bundesweit sieben Prozent und in Schleswig-Holstein schon 14 Prozent der rund 384 000 Jagdscheininhaber. Auch Lea Schieleit und Sandra Schlüter haben sich zur Jägerin ausbilden lassen. Sie gehören beide dem Gemeindejagdbezirk Elmenhorst an. Nachhaltigkeit interessant: „Ich habe Freunde mit Jagdschein, die mich immer mal mitgenommen haben“, erzählt Lea Schieleit. „Dabei habe ich viel über Natur und Tiere gelernt und eine schöne Gemeinschaft kennen gelernt.“ Vor drei Jahren machte sie ihren Jagdschein und zieht nun selber ins Revier. Sandra Schlüter hat gemeinsam mit ihrem Mann die Ausbildung absolviert. „Vorher habe ich im Internet recherchiert und viele Themen gefunden, die mich interessieren. Wir bauen unser eigenes Gemüse an, und es hat mich gereizt, auch beim Fleisch Selbstversorger zu sein.“ Der Nachhaltigkeitsgedanke sei es, der viele Frauen zum Jagen bringt, hat auch Jäger Hendrik Florian Löffler beobachtet. Bei Wild handele es sich um frei laufende Tiere, die natürlich aufwachsen. „Sie führen sozusagen ein glückliches Leben. Die Herkunft unserer Nahrung, die Erzeugung – Frauen sind für das Thema Nachhaltig besonders empfänglich“, erklärt er. Ihnen sei der ökologische Gedanke wichtig. „Jagen ist ein Erlebnis in der Natur und aktiver Naturschutz. Man sorgt als Jäger für Biotope mit einer gesamtheitlichen Symbiose.“ Zudem entnehme man der Natur nur, was vertretbar sei, und sorge dadurch für ein gesundes Gleichgewicht zwischen Wald und Wild. Zum ökologischen Gedanken kommt ein besseres Image der Jagd. „Die Jagd hat heute ein anderes Image als früher“, betont Löffler. Früher seien die Jäger unter sich gewesen, hatten ihre eigene Jägersprache und galten oft nur als diejenigen, die Tiere töten. „Das Erlegen von Tieren ist ein sehr emotionales Thema.“ Mittlerweile präsentierten die Jäger sich öffentlich, um ihre Aufgabe bekannt zu machen: Hege und Pflege dienen dazu, die Ernte zu schützen, den Waldfraß einzugrenzen und bei den Tieren einen gesunden Bestand zu halten. Respekt vor jedem Lebewesen: Der Umgang mit der Waffe ist für die Frauen kein Problem: „Das erste Tier, das ich geschossen habe, war ein junges schwaches Stück, ein Rehbock“, sagt Lea Schieleit. „Ehe man ein Tier erlegt, beobachtet man es tagelang, um es einzuschätzen, und schießt nur, wenn es richtig steht. Man ist dabei erfüllt von Respekt für das Lebewesen.“ Denn das wird nicht aus Spaß geschossen, sondern um die Natur zu schützen. „Man hat Ehrfurcht vor dem Geschöpf“, sagt auch Sandra Schlüter. Ehe man abdrücke, überlege man sehr lange. Günter Magiera jagt seit 41 Jahren im Elmenhorster Revier, und er hat den Respekt vor den Lebewesen nie verloren. Man drücke nie leichtfertig ab und sei sich immer bewusst, dass da ein Mitgeschöpf stehe. Er erinnert sich an die Zeit, als das Jagen noch reine Männersache war: „Früher gab es keine Frauen im Revier, mittlerweile schon, und es wird kein Unterschied mehr gemacht. Heute herrscht ein anderes Denken.“ Zusätzlich zum Naturschutzgedanken seien es oft Jagdhunde, die Frauen zum Jagen brächten. „Sie möchten, dass ihr Jagdhund ausgebildet wird, und entwickeln darüber selber Interesse für die Jagd.“. Wild-Portal Ab sofort bietet der Deutsche Jagdverband (DJV) digitale Jagdstatistiken von 1996/97 bis 2018/19 im WILD-Portal an. Auf der Internetseite www.wild-monitoring.de können Nutzer auf bundesweite Auswertungen aus dem Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands (WILD) zugreifen. Die digitalen Daten orientieren sich am kürzlich veröffentlichten WILD-Jahresbericht 2018. Mit dem erstarkenden Bewusstsein für das Thema Naturschutz wird auch die Aufgabe der Jäger besser gewürdigt. Dabei befolgen die Jäger den gesetzlichen Auftrag, einen gesunden Wildbestand zu erhalten„Rehe und Hirsche fressen die Triebe der Bäume“, erläutert Löffler, „deshalb gilt die Vorgabe ,Wald vor Wild’. Jäger wollen ,Wald und Wild’.“ Jährlich würden in Deutschland rund 1,2 Millionen Rehe zur Strecke gebracht, um den Bestand zu halten, denn das sei nur der Zuwachs. Zusätzlich sterben circa 200 000 Rehe im Jahr bei Wild-Unfällen und Kitze beim Mähen. „Wir müssen die Tiere schießen, sonst gäbe es mehr Wildunfälle, kaputte Wälder und Schäden in der Landwirtschaft.“ Jagen sei Tierschutz und Naturschutz, und die gründliche Ausbildung gehöre dazu. „Zu jedem Geweih an der Wand gehört eine Geschichte“, erklärt Magiera. Die wird zunehmend auch von Frauen erzählt. Von Bettina Albrod