KVSH: In drei Wochen alle Pflegeheimbewohner gegen Corona in SH geimpft

Die Impfungen gegen Corona laufen im Land auf Hochtouren. Nach zweieinhalb Wochen haben die mobilen Impfteams der Kassenärztlichen Vereinigung (KVSH) landesweit bereits fast 20 000 Bewohnern von Pflegeheimen die Erstimpfung verabreicht. Bis Dienstagnachmittag (15 Uhr) waren 1701 Personen in lauenburgischen Heimen geimpft. „Das sind 61 Prozent der uns vom Land gemeldeten Heime“, sagt KVSH-Sprecher Nikolaus Schmidt. Man gehe davon aus, dass Ende Januar oder Anfang Februar alle Bewohner von Pflegeheimen in Schleswig-Holstein ihre erste Impfdosis erhalten haben, heißt es. Impfbereitschaft in Heimen nahezu 100 Prozent: In Stormarn sind es 1468 Erstimpfungen in 20 Heimen (50 Prozent), im Kreis Segeberg 1522 Erstimpfungen in 22 der 53 gemeldeten Heime (42 Prozent). „Unsere Teams impfen inzwischen täglich etwa 2000 Bewohner und Mitarbeiter“, sagt Sprecher Schmidt. Die Quote der Impfbereitschaft bei den Bewohnern liege bei praktisch 100 Prozent. Und auch bei den Pflegern und Mitarbeitern bestehe ein sehr großes Interesse. Aus Impfteamkreisen wird berichtet, dass das Personal den Impfteams quasi „die Bude einrennt“. Nach Angaben des Kreises Herzogtum Lauenburg gibt es im Kreis derzeit 3467 Heimplätze insgesamt. Davon befänden sich 2470 in den Pflegeheimen, 563 in Behinderteneinrichtungen. Außerdem gehörten dazu 15 Hospizplätze, 94 Kurzzeitpflegeplätze sowie 325 Tages- und Nachtpflegeplätze. KVSH sieht Impfstrategie bestätigt: Zu einer höheren Impffrequenz trage nach KVSH-Angaben auch bei, dass man sich in Schleswig-Holstein von Beginn an dafür entschieden habe, aus jeder angemischten Ampulle Impfstoff sechs statt der ursprünglich kalkulierten fünf Dosen zu nutzen. Mit vorschriftsmäßig 1,8 Milliliter Natriumchlorid vermengt ergeben sich je Packung 2,25 Milliliter Impfstoff. Für eine Impfung werden 0,3 Milliliter benötigt, die auch in der Praxis gut technisch aufzuziehen sind, wie es heißt. Biontech hatte zuvor keine Bedenken gegen eine sechste Impfdosis erhoben. Der Biontech-Impfstoff wird täglich vom Zentrallager in Schleswig-Holstein an die einzelnen Impfzentren und die mobilen Impfteams ausgeliefert. Die entsprechende Logistik übernimmt das THW. In der Nacht vorher wird der nur tiefgefroren längere Zeit lagerfähige Impfstoff im Zentrallager bis auf 3 bis 5 Grad Celsius aufgetaut. Jede einzelne Impfstoff-Ampulle enthält 0,45 Milliliter Konzentrat. Dieses aufgetaute immer noch leicht kristalline Konzentrat muss vier bis fünf mal gedreht werden. Der Impfstoff darf keinesfalls geschüttelt werden, da sich die mRNA in mikroskopischen Nanoverbindungen im Impfstoff befindet und sich sonst lösen würde. Nach dem ersten Drehen werden dem Konzentrat 1,8 Milliliter Natriumchlorid zugespritzt und die Mischung erneut zehn mal gedreht.Aus diesen 2,25 Millilitern Lösung in jeder Ampulle können dann rein technisch problemlos sechs Impfdosen zu je 0,3 Milliliter aufgezogen werden, also sechs Personen geimpft werden. Für eine erfolgreiche Impfung mit dem Biontech-Impfstoff sind je Patient zwei Impfungen in einem Abstand von drei Wochen erforderlich. Diese Doppelimpfung ist Grundlage für die Genehmigung des Impfstoffes in der EU. Die KVSH sieht dabei die vorgegebene Strategie bestätigt, die Impfungen kontrolliert anlaufen zu lassen. „Wir merken, dass es hervorragend läuft und sich die Teams sehr schnell eingespielt haben und gut zusammenarbeiten“, so Schmidt. Während die mobilen Teams anfangs in den zehn Stunden von der Aufnahme des Impfstoffes und der Abfahrt zu den Einrichtungen bis zur Rückkehr etwa 70 bis 80 Impfungen geschafft haben, sind inzwischen teilweise 120 Impfungen am Tag pro Arzt möglich. So seien nicht nur die Impfteams besser geworden, sondern auch die Heime seien immer besser vorbereitet. Lesen Sie auch Neugestaltung Domhof: Ratzeburger sollen sich online beteiligen Corona: Viele Covid-Patienten auf den Intensivstationen im Herzogtum Lauenburg Hoher bürokratischer Aufwand in Heimen: Gerade in den ersten Tagen hatte es aufgrund der extrem kurzen Vorlaufzeit durch die vorgezogene Impfstoffzulassung Probleme gegeben. Die Zulassung war von der EU vom 29. Dezember auf den 21. Dezember vorgezogen worden. Die ersten Impfungen konnten damit auch in Schleswig-Holstein am Sonntag nach Weihnachten starten – sechs Tage nach der Zulassung. „In den einzelnen Pflegeheimen bekommt jedes Impfteam inzwischen von der Einrichtung einen Mitarbeiter zur Seite gestellt, der bei den bürokratischen Arbeiten und den Patienten unterstützt“, sagt Schmidt. Da der bürokratische Aufwand gerade bei Bewohnern mit einem Betreuer und drei richtig ausgefüllten und unterschriebenen Formularen sehr hoch ist, sei das aufgrund der Kurzfristigkeit zu Beginn manchmal ein Problem gewesen. Moderna-Auslieferung hat begonnen: So hätten die anfangs zehn Impfteams anfangs 500 bis 700 Personen täglich geimpft. Inzwischen geben es 16 Impfteams, von denen einige mit zwei Ärzten besetzt seien. Zusammen werden so inzwischen täglich mehr als 2000 Menschen in Heimen geimpft. Auch wenn am Dienstag inzwischen mit Moderna die Auslieferung eines zweiten Impfstoffes begonnen hat, soll in den Impfzentren und von den mobilen Teams weiter ausschließlich der Biontech-Impfstoff verwendet werden. Das Moderna-Vakzin soll stattdessen vorerst ausschließlich für das Impfen des Personals in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen verwendet werden. Während bei Biontech die zweite Impfung nach drei Wochen verabreicht werden muss, beträgt bei Moderna die „Wartezeit“ vier Wochen. Biontech und Moderna nicht parallel: „Eine parallele Verwendung beider Impfstoffe könnte zu einem Durcheinander in den Impfzentren oder bei der Versorgung durch die Impfteams führen“, heißt es von der KVSH. Mit dem von dem britischen Pharmakonzern AstraZeneca in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford entwickelten Vakzin steht inzwischen ein dritter Impfstoff unmittelbar vor der Zulassung. Das Paul-Ehrlich-Institut rechnet noch in diesem Jahr mit bis zu sieben weiteren Impfstoffzulassungen. Von Holger Marohn