Konflikt um Reinfelder Finanzhaushalt eskaliert

Verspielen Bürgermeister und Verwaltung der Stadt Reinfeld das Vertrauen der Politik? Zumindest wächst der Druck, denn es tun sich plötzlich Ungereimtheiten zum Thema Haushaltsvollzug auf. Das wurde jetzt auf der Stadtverordnetenversammlung bekannt, auf der die Fraktionen zwei Dringlichkeitsanträge beschlossen: Die Planung für die Sanierung des Sportplatzes soll unverzüglich beauftragt werden sowie die Netzwerkdokumentation an Schulen. Damit ging eine Bombe hoch bei der letzten Sitzung des Jahres 2019. Aber wie sind die Anträge entstanden? Wegen der fehlenden Jahresabschlüsse hat Reinfeld eine eingeschränkte Haushaltsgenehmigung. Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen dürften nicht ohne kommunalaufsichtliche Einzelgenehmigung getätigt werden, hieß es noch im August 2019 seitens der Verwaltung. Die zwingend erforderliche Sicherstellung der Finanzierung für nicht genehmigte Maßnahmen – wie etwa für den Kunstrasenplatz des SV Preußen oder für die Digitalisierung an Reinfelder Schulen – sei grundsätzlich nicht gegeben. Reinfeld hat 5,8 Millionen Euro auf dem Konto: Doch mit dieser Aussage wollten sich die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker nicht länger zufriedengeben. Zum einen, um keine Fördermittel zu verschenken. Allein für die Sanierung des Sportplatzes hat das Land 250 000 Euro zugesagt, unter der Bedingung, dass die Maßnahme bis Ende 2020 abgeschlossen wird. Zudem stehen, wie jetzt erstmals bekannt wurde, ausreichend liquide Mittel zur Verfügung. „Ich sehe überhaupt keinen Grund, dass die Höhe der liquiden Mittel geheim bleiben soll. Sie ist Bestandteil des Haushaltes und legt auch offen dar, warum wir das tun. Nach dem Kenntnisstand, den wir im November erhalten haben, betrugen die liquiden Mittel der Stadt Reinfeld 5,8 Millionen Euro“, offenbarte Rolf-Jürgen Hanf (SPD) auf der Stadtverordnetenversammlung. Angesichts der Höhe der angesparten Mittel waren bei den Fraktionen Zweifel aufgekommen. „Es kann doch nicht sein, dass wir so gar nichts mit dem Haushalt machen können. Dann haben wir vor einigen Wochen angefangen zu recherchieren. Gemeindeordnung, einschlägige Kommentare und entsprechende Erlasse und Verordnungen des Landes ergaben keine Hinweise auf die Rechtsauffassung der Verwaltung“, berichtet Geert Karnick (Grüne). Die Befragung eines Kämmerers aus einer anderen Kommune stützte die Meinung der Fraktionen, dass es, bis auf nicht genehmigte Kreditaufnahmen und Verpflichtungsermächtigungen, keine Einschränkung in der Umsetzung des Haushaltes gebe. Mail des Landrats an die Verwaltung: Eine Mail des Landrats des Kreises Stormarn, Dr. Henning Görtz, öffnete den Kommunalpolitikern schlussendlich die Augen. „Ein Bildungsausschussmitglied hat beim Landrat wegen der Schulen nachgefragt, weil die eine Anschaffung für 150 Euro nicht tätigen konnten, obwohl wir Geld im Haushalt dafür haben“, so Karnick. Die Antwort des Landrats: Der Kreis habe den Haushalt der Stadt für 2019 generell genehmigt, jedoch ohne Kreditaufnahmen. Der Haushalt könne somit im Rahmen des aufgestellten Planes ganz normal funktionieren. Einschränkungen resultierten ausschließlich aus verwaltungsinternen Regelungen der Stadt Reinfeld. „Da haben wir uns natürlich sehr gewundert. Das widersprach der Aussage unserer Verwaltung, die gesagt hat, es bedarf in jedem Fall einer Genehmigung unserer Verwaltung oder eben des Kreises.“ X-mal hätten die Politiker bei der Verwaltung nachgehakt, ob man nicht irgendwas machen könne. „Diesmal haben wir nicht gefragt, sondern einfach beschlossen.“ Nämlich Dringlichkeitsanträge für zwei Projekte, die zeitkritisch sind und allen Reinfeldern unter den Nägeln brennen: Die Planung für den Sportplatz soll unverzüglich beginnen sowie die Netzwerkdokumentation der Schulen. Bürgermeister will Kommunalaufsicht einschalten: Für Bürgermeister Heiko Gerstmann kamen die Anträge überraschend. „Das wurde nicht mit uns kommuniziert. Ich werde prüfen lassen, ob ich gegen die Dringlichkeit und die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse widersprechen muss, so sehr ich Sportplatz und Netzwerkdokumentation befürworte.“ Dafür werde er mit der Kommunalaufsicht sprechen. „Ich kann nicht die liquiden Mittel für alles andere verjubeln und für die genehmigten Projekte nur Kredite aufnehmen.“ Das verbiete sich durch die Gemeindeordnung. Die büroleitende Beamtin Beate Horn ergänzte: „Ich kann es kurz machen. Liquidität steht nicht zur Verfügung. Wir haben zwar einen Bargeldbestand auf dem Konto, aber wir haben bewilligte Einzelgenehmigungsersuchen aus dem letzten Jahr, für die wir das Geld einzusetzen haben.“ Das seien die Straßenbrücke über die Bahn, die barrierefreie Fußgängerquerung und die neue Feuerwehr zu nennen. Vertrauensverhältnis steht auf dem Spiel: Die Stadtverordneten fühlen sich hinters Licht geführt. „Für die drei Einzelgenehmigungen haben wir Kreditermächtigungen. Das heißt aber nicht, dass wir nichts anderes machen dürfen. Das wurde aus dem Schreiben des Landrats deutlich. Nach heutigem Wissensstand wurde die Politik durch unzutreffende Aussagen der Verwaltung seit Längerem davon abgehalten, den Haushalt zu vollziehen. Welche Ziele damit verfolgt werden sollten, erschließt sich mir nicht“, machte Geert Karnick deutlich. Sollte sich die Rechtsauffassung des Landrates bestätigen, sei von Seite des Grünen-Politikers das Vertrauensverhältnis zur hauptamtlichen Verwaltung, die durch den Bürgermeister repräsentiert werde, nachhaltig gestört. „Es kann nicht sein, dass die ehrenamtliche Selbstverwaltung, die sich viele Stunden in Sitzungen und deren Vorbereitung für das Wohl der Stadt engagiert, jetzt auch noch jede Aussage der Verwaltung hinterfragen und nachrecherchieren muss. Das können und wollen wir nicht leisten.“ Von Britta Matzen

Kommunalpolitik - Konflikt um Reinfelder Haushalts-Misere eskaliert