Kunst aus dem Automaten in Bad Oldesloe

Bis vor zehn Jahren etwa gehörte der Zigarettenautomat noch wie selbstverständlich ins Straßenbild. Gar nachts konnten Raucher ihren Vorrat an Glimmstängeln befriedigen. Im Zuge der Aufklärung über die Gefahren des Paffens verschwinden die Apparate zusehends. Nicht so in Bad Oldesloe. Dort sind nun zwei extra kultig gestaltete Automaten installiert worden – sowohl am KuB als auch am Bella-Donna-Haus in der Bahnhofstraße. Was da bei Einwurf von vier Euro aus der Schublade kommt, schädigt auch nicht die Gesundheit: Die Schachteln enthalten Kunst. 2001 nahm das Projekt seinen Anfang: Die Idee, Kunst aus der elitären Ecke zu befreien und sie zum Teil der Alltagskultur werden zu lassen, stammt vom Potsdamer Kunstagenten Lars Kaiser. Die ersten umgebauten Automaten stellte er bereits 2001 in Deutschland auf. Inzwischen sind die Kunstspender sogar schon in den Niederlanden zu finden und jetzt auch in der Kreisstadt; sie ist der dritte Standort in Stormarn. Gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Petzke ist Kaiser eigens aus der brandenburgischen Landeshauptstadt angereist, um die umfunktionierten Automaten zu installieren. Statt „Camel“ oder „Marlboro“ stecken jetzt Sorten wie „Überregionale Kunst“, „Coast & Sea“, aber auch ortsbekannte Namen wie die der Galerie „BOart“ oder der „Machbar“ in den Schächten. Am Bella-Donna-Haus gibt es zudem die exklusive Marke „Kunst von Frauen“. Lesen Sie auch: Kunst aus dem Automaten in Bargteheide Stormarn: Kunst aus dem Zigarettenautomaten Bad Oldesloe: Lebendiger Adventskalender fällt aus wegen Corona Konsum könnte abhängig machen: Wie es in der Automatenbranche so üblich ist, werden die Geräte auch vom Aufsteller regelmäßig befüllt, damit niemand nicht darben muss. „Es kann nämlich passieren, dass der Konsum der Kunst süchtig macht“, sagt Kaiser und lacht. Ihm zufolge lässt sich das Sortiment jederzeit auf Wunsch ergänzen und verändern, sodass auch weitere Künstler aus dem Raum Stormarn mit ihren Kreationen Platz in einem Schacht finden können. „In jeder Schachtel liegt ein Zettel mit der Vita des Künstlers. Sie freuen sich auch, wenn man Kontakt zu ihnen aufnimmt. So klein die Werke auch sind, sie tragen auf jeden Fall die Handschrift eines jeden. Einige Leute sammeln die Kunstschachteln auch schon und setzen die Objekte in Rahmen“, erklärt Kaiser. Weit über 300 Künstler beteiligten sich inzwischen an der Aktion. Kunst in homöopathischer Dosierung: Zwei Kluge, ein Gedanke – so lässt sich erklären, wie die Automaten in die Kreisstadt gelangt sind. Denn das Team des KuBs und die Frauen vom Bella-Donna-Haus kamen tatsächlich unabhängig voneinander auf die Idee. „Aufgefallen sind mir die ausgemusterten Zigarettenautomaten zum ersten Mal bei einem Besuch in Potsdam, wo mein Sohn studiert“, berichtet Maren Praml vom Vorstand des von Frauen geführten Vereins. Das Konzept, Kunst gewissermaßen in „kleinen Dosen“ anzubieten, gefiel ihr so gut, dass sie beschloss, es für das Bella-Donna-Haus zu übernehmen. „Es ist eine schöne Idee, Kunstwerke wie kleine Überraschungseier in die Welt zu geben“, sagte Praml. Deshalb ging sie mit drei weiteren Frauen an die Arbeit, um den tristen Kasten mit fröhlichen Farbtupfern zu versehen. Galerie „BOart“ und „Machbar“ sind mit im Boot: Etwas schlichter, dafür aber mit dem eindeutigen Schriftzug „KUNST“ versehen, ist der Automat am Oldesloer KuB ausgefallen. „Wir hatten die Idee schon seit 2019 auf dem Zettel. Aber erst während der Corona-Zeit sind wir endlich dazu gekommen, uns damit zu beschäftigen. Auf Umwegen erfuhren wir vom Projekt am Bella-Donna-Haus“, erzählt Katrin Offen vom Team des Kultur- und Bildungszentrums. Sie zeigte sich erfreut, dass es gelungen ist, die Galerie „BOart“ und auch die „Machbar“ mit ins Boot zu holen. Den beiden heimischen Partnern sind insgesamt drei Schächte zugeteilt. Mitbringsel und Nikolausüberraschung: Dass es aus derselben Stadt zwei Aufträge gab, die nicht miteinander in Zusammenhang standen, sorgte auch bei Kaiser für etwas Verwirrung. Doch letztlich könne diese Dopplung das Projekt ja sogar befördern. „Es lohnt sich auf jeden Fall beide Automaten anzusteuern. Das Schöne ist, man kann es mit einem netten Spaziergang verbinden, da sie jeweils am anderen Ende der Stadt stehen“, sagt der Potsdamer. Und Katrin Offen fügt hinzu, dass sich die kleinen originellen Artefakte auch prima als Mitbringsel, Geburtstagsgeschenk oder Nikolausüberraschung eignen. Von Dorothea von Dahlen