Neue AWSH-Müllwagen in Stormarn und Lauenburg verschlucken Mülltonnen

Dreieinhalb Wochen statt 14 Tage hatte Manfred Peters in Kastorf durch die Neuorganisation der Müllabfuhr auf die Abholung seiner beiden Restmülltonne warten müssen. Umso mehr staunte Peters, als die Müllwerker am lang ersehnten Abfuhrtag die Tonnen erst ungeleert stehen ließen und bei der Nachleerung nach entsprechendem Hinweis der Müll gleich samt Tonnen im Müllauto landete. 26 000 Mülltonnen werden pro Tag geleert: „Die Müllwerker haben den Restmüll inklusive beider Tonnen im Müllwagen verklappt“, erzählt Peters. Angesprochen auf das Missgeschick hätten ihm die Müllarbeiter nur zugerufen, dass die Tonnen zu schwer gewesen seien. „Am Servicetelefon der AWSH teilte man uns mit, dass mit neuen Tonnen in sieben bis zehn Werktagen zu rechnen ist“, sagt Peters. Ihren Müll samt dem stinkenden Katzenstreu muss Familie Peters bis dahin irgendwie anders zwischenlagern. Ihm gegenüber habe man bei der AWSH von „hunderten weiteren Beschwerden“ gesprochen. AWSH-Geschäftsführer Dennis Kissel kann die individuelle Verärgerung nachvollziehen. Gleichzeitig weist der oberste Müllentsorger der beiden Kreise jedoch darauf hin, dass bei einer derartigen Umstellung Probleme zu erwarten gewesen seien. „Wir leeren derzeit täglich etwa 26 000 Tonnen. Wenn da seit der Umstellung 300 Probleme gemeldet worden sind, sind das relativ wenige“, sagt Kissel. Auffallend sei vielmehr, dass die Anzahl der Beschwerden derzeit unter dem Niveau von Anfang Dezember und damit vor der Umstellung liege. Schwere Mülltonnen sind schwer zu halten: Und auch für die gleich mit entsorgten Tonnen scheint es eine technische Erklärung zu geben. Denn mit der Übernahme der Leerung durch das Unternehmen Damm Entsorgung Schleswig-Holstein DESH von der Grabau Entsorgung Geesthacht GEG sind auch fabrikneue Müllwagen im Einsatz. „Die Federn und Hebewerke dieser Fahrzeuge haben vom Werk aus die maximale Kraft“, sagt DESH-Geschäftsführer Christoph Buss. Wenn diese Kraft zu stark sei, würden die Tonnen nach oben katapultiert, könnten vor der Leerung möglicherweise nicht mehr richtig abgestoppt werden. „Vor allem schwere Tonnen können relativ viel Schwung haben und sind dann vom Greifer nicht mehr zu halten“, sagt Buss. Müllwagen-Hersteller Zoeller stellt Systeme ein: Und einmal im Müllbunker des Fahrzeuges gelandet, gebe es dann keine Möglichkeit mehr, diese Tonnen zu bergen. „Allein schon aus Sicherheitsgründen darf da niemand reinklettern“, sagt Buss. Allerdings sei er überzeugt, dass sich das Problem schnell werde lösen lassen. „Wir sammeln jetzt Erfahrungswerte und haben praktisch täglich einen Mitarbeiter der Firma ,Zoeller Kipper’ bei uns auf dem Hof, der Federn und Hebewerke nachjustiert“, sagt Buss. Dabei gehe es vor allem auch um die Geschwindigkeit, mit der die Tonnen angehoben würden. Grundsätzlich könne der jeweilige Lader allerdings auch auf eine Leerung per Handbetrieb umschalten und die Leerungsgeschwindigkeit bei besonders schweren Tonnen manuell steuern. Aber auch dafür sei eine gewisse Erfahrung erforderlich. „Kämme“ der Mülltonnen sind auch ein Problem: AWSH-Geschäftsführer Kissel weist darauf hin, dass außerdem die Schienen, in die der Greifer des Müllfahrzeuges bei der Leerung greife, nicht immer gleich seien. „Das sind zwar genormte Behälter, die aber dann doch irgendwie wieder alle unterschiedlich sind“, sagt Kissel. So gebe es knapp zehn verschiedene Hersteller von Abfallbehältern, die innerhalb dieser Norm aber eigene „Kämme“ für das Greifersystem der Müllfahrzeuge entwickelt hätten. So sehen die neuen Müllfahrzeuge aus Da es innerhalb der Norm dann auch noch Toleranzen gebe, sei nicht jede Tonne gleich, was eine Einstellung der Greifer zusätzlich kompliziere. „Und nicht zuletzt sind Tonnen immer wieder auch mal beschädigt und haben Abplatzungen an diesen Kämmen“, sagt Kissel. Bei Temperaturänderung komme dann noch hinzu, dass das Material schrumpfe oder sich ausdehne und sich so Spaltmaße ändern würden. Vermisste Mülltonnen tauchen häufig wieder auf: Der gelegentliche Verlust von Tonnen – sei es durch Verschleiß oder das Verschlucktwerden im Müllfahrzeug – sei dabei einkalkuliert. „So eine Tonne kostet für uns im Einkauf einschließlich Auslieferung an den Kunden etwa 20 Euro“, sagt Kissel. Die eigentliche Verlustmeldung bei der Leerung erfolge automatisch. Die Fahrzeuge hätten ein Meldesystem an Bord, mit dem Verluste automatisch an das Behältermanagement der AWSH weitergegeben würden. Eine gewisse Wartezeit bis zur Auslieferung sei jedoch nicht zu vermeiden. Lesen Sie auch So geht es dem Wald im Herzogtum Lauenburg Winter im Wohnwagen: Dauercamper trotz Corona im Herzogtum Lauenburg Ansonsten rät Kissel den Bürgern, bei vermissten Tonnen Ruhe zu bewahren. „Eine Vielzahl als vermisst gemeldeter Tonnen taucht ein nach ein paar Tagen bei einem Nachbarn wieder auf, weil sie nach der Leerung nicht genau zurückgestellt wurden“, sagt Kissel. Mittlerweile ist die Welt – zumindest was die Restmülltonnen anbelangt – beim Ehepaar Manfred Peters und Birgit Burmeister wieder in Ordnung: Die AWSH hat am Freitag zwei neue Restmülltonnen geliefert, eine privat und eine gewerblich für die Katzenpension. Von Holger Marohn