Neues Demokratieprojekt beim Kreisjugendring Stormarn

Wenn es etwas gibt, das Anna Schmalowski zurzeit am meisten bekümmert, dann ist es der fehlende Kontakt zu den jungen Stormarnern. Denn der beschränkt sich bei den aktuell geltenden Regeln zum Schutz vor Corona auf wenige Begegnungen. Doch die 27-Jährige ist alles andere als untätig. Sie verstärkt seit Sommer dieses Jahres das Team des Kreisjugendrings und besetzt dort einen wichtigen Themenkreis. Als Fachfrau für politische Bildung will sie Kinder und Jugendliche motivieren, sich stärker einzumischen, wenn es um ihre ureigenen Interessen geht. Denn die vorhandenen Möglichkeiten sind nach ihrem Dafürhalten noch längst nicht ausgeschöpft in Stormarn. Eingerichtet wurde die Stelle vom Kreis Stormarn, der das Projekt „Jugenddemokratiebildung“ zunächst bis zum Jahr 2024 finanziert. „Fridays-for-Future“ als Zeichen für Engagement: Dabei ist die Bereitschaft junger Leute, sich auch in dieser Region politisch zu betätigen, nach den Erfahrungen der Oldesloerin in jüngster Zeit durchaus gewachsen. „Das hat die ’Fridays-for-Future’-Bewegung deutlich gezeigt. Durch sie hat das Thema Klimaschutz eine sehr große Bedeutung erlangt“, sagt Anna Schmalowski. Doch auch jenseits solch weltbewegender Fragen lohne sich das gesellschaftliche Engagement. In Bad Oldesloe, Bargteheide, Reinfeld oder Ahrensburg beispielsweise gebe es bereits aktive Kinder- und Jugendparlamente, deren Mitglieder sich auch in den politischen Gremien der Städte zu Wort meldeten, wenn es etwa um die Situation an Schulen gehe oder andere, die Jugend betreffende Entscheidungen. Auch in Tremsbüttel entsteht Jugendbeirat: Doch betrachtet man die gesamte Karte des Kreises, so gibt es noch viele weiße Flecken. Ein Grund mehr für Anna Schmalowski, unterstützend einzugreifen. „In die politische Arbeit muss man ja erst einmal reinkommen und den Mut aufbringen, sich zu engagieren“, erklärt die ausgebildete Moderatorin für Jugendbeteiligung. Momentan steht sie den Jugendlichen in Tremsbüttel mit Rat und Tat zur Seite, ein eigenes Parlament auf die Beine zu stellen. „Sie haben im Ort niemanden, der weiß, wie man so etwas organisiert und ein solches Projekt voranbringt“, erklärt die KJR-Mitarbeiterin. Zu vermitteln, welche Möglichkeiten Jugendliche haben, sich zu beteiligen statt passiv zuzuschauen, wie Beschlüsse über ihre Köpfe hinweg getroffen werden, stellt denn auch eine ihrer Hauptaufgaben dar. Aufklärung über Fake News und Populismus: Fake News, populistische bis diffamierende Beiträge, meist anonym in den Sozialen Medien gestreut, machen es Jugendlichen nicht gerade leicht, sich ein unabhängiges Bild vom politischen Geschehen zu verschaffen und eine fundierte, ausgewogene Meinung zu entwickeln. Deshalb legt Anna Schmalowski großen Wert auf eine profunde politische Bildung. Dass Anfeindung und Diskriminierung in Stormarn nicht in den Bereich des Abstrakten gehören, sondern sich durchaus im Alltag Jugendlicher ereignen, hatte ein Mitglied des Oldesloer Jugendbeirats muslimischen Glaubens schon des Öfteren erlebt und kürzlich öffentlich gemacht. „Deshalb planen wir jetzt an Schulen Veranstaltungen zum Thema Rassismus, zu Menschenrechten und Rechtsextremismus“, sagt sie. „Wir wollen zeigen, dass das Miteinander und die Vielfalt der Kulturen etwas Wertvolles, Bereicherndes ist.“ Verschwörungstheorien haben Konjunktur: Und da ist noch ein anderes Phänomen, das seit geraumer Zeit durch Netz geistert und mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie offenbar neue Nahrung gefunden hat. Schon die Shell-Jugendstudie vom Vorjahr kommt zur Erkenntnis, dass immer mehr junge Leute zwischen zwölf und 27 Jahren auf Verschwörungstheorien hereinfallen. Waren das bis dato vielleicht abenteuerliche Ausflüge in mystische Welterklärungsmodelle, so manifestieren sich diese Ansichten inzwischen auf den Straßen von Leipzig und Berlin. Auch der jüngste Fall, bei der eine 22-jährige Rednerin einer Querdenkerdemo in Hannover behauptete, sie sei in der gleichen Situation wie Sophie Scholl, ging durch sämtliche Medien. Um Jugendliche davor zu bewahren, in die paranoiden Gedankengebäude von Querdenkern und Corona-Leugnern abzudriften, planen Anna Schmalowski und ihre Kollegen vom Kreisjugendring eine Veranstaltung zum Thema Verschwörungstheorien, zu dem auch das Regionale Beratungsteam gegen Rechtsextremismus angefragt ist. Gut vernetzt und praktische Erfahrung: Dass sie gut vernetzt ist, kommt Anna Schmalowski bei ihrer neuen Tätigkeit sehr zugute. Als gebürtige Oldesloerin kennt sie sich mit den Gegebenheiten der Kreisstadt und den umliegenden Städten und Gemeinden gut aus. Nach ihrem Abitur an der Theodor-Mommsen-Schule studierte sie Erziehungs- und Bildungswissenschaft an der Universität Hamburg. Praktische Erfahrungen sammelte sie anschließend in der Oldesloer Stadtverwaltung, wo sie während der vergangenen zwei Jahre im Jugendbereich beschäftigt war. „Auch dort habe ich mich um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gekümmert und eine Zukunftswerkstatt für Spielplätze betreut“, erzählt sie. Jetzt hofft die engagierte Oldesloerin auch in ihrer neuen Position bald wieder Projekte anschieben zu können. Von Dorothea von Dahlen