Oldesloer Jugend-Courage-Preis: Junge Menschen haben Mut bewiesen

Die einen haben den Mut gehabt, sich gemeinsam gegen neonazistische Aktivitäten zu wehren. Die anderen engagieren sich gegen rassistische und damit demokratiefeindliche Entwicklungen in der Gesellschaft. Ein Zeichen der Erinnerung an den Todesmarsch durch Bad Oldesloe schuf eine weitere Gruppe. Der Einsatz für die Umwelt, für soziales Miteinander, die Unterstützung der Hospizarbeit und der Aufruf, sich bei Verbrechen nicht abzuwenden, sondern zu helfen – all dies haben junge Menschen in den letzten Monaten geleistet und wurden dafür jetzt mit dem Jugend-Courage-Preis ausgezeichnet. Preisverleihung an historischem Datum verschoben: „Mit einem Preisgeld konnten wir nur drei belohnen, jedoch sind alle diese sieben Nominierten allein durch ihr Handeln schon Gewinner“, betont Wolfgang Abel, Vorsitzender des Vereins Oldesloer Courage-Preis (OJCP), und überreichte damit jedem der sieben Bewerber für den erstmals 2020 ausgeschriebenen Preis eine Urkunde und einen Pokal. Dies sollte eigentlich bereits am 9. November, einem der historisch bedeutendsten Tage der jüngeren deutschen Geschichte, öffentlich geschehen sein – doch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vereitelten dies. „Demokratie leben, Courage zeigen“ – diese Worte zieren die vordere Seite des Vereinsflyers und sind das Ziel des am 21. Oktober 2019 gegründeten gemeinnützigen Vereins. Mit der jährlichen Vergabe des Jugend-Courage-Preises würdigt der Verein, der aktuell zwölf Mitglieder zählt, die Aktivitäten und Projekte von jungen Menschen (bis einschließlich 27 Jahren) in Bad Oldesloe und der näheren Umgebung, die Erinnerungsarbeit leisten, für gesellschaftliche Solidarität und die Erhaltung der Umwelt eintreten sowie sich mutig gegen Gewalt, politische Hetze und Rassismus engagieren. Der Preis wird einmal jährlich, normalerweise immer am 9. November, vergeben und ist mit einer Urkunde, einem Pokal und einem Preisgeld versehen. Schon jetzt und bis einschließlich 15. September können wieder neue Bewerbungen eingereicht werden. Kontakt und Spende: Mehr über den Verein Oldesloer Jugend-Courage-Preis e. V. gibt es unter www.ojcp.de ; Kontaktaufnahme ist per E-Mail unter info@ojcp.de möglich. Spenden zur Unterstützung seiner Arbeit nimmt der Verein unter der IBAN DE05 2135224 00179225024 bei der Sparkasse Holstein entgegen. Auch eine Verschiebung des Termin war keine Lösung, sodass Wolfgang Abel in den vergangenen Tagen alle Nominierten einzeln besuchte. „Der Preis wird jedoch in diesem Jahr erneut ausgeschrieben, Bewerbungen sind schon jetzt bis September möglich. Am 9. November 2021 werden wir dann nicht nur die aktuellen Gewinner und Preisträger in einer öffentlichen Feierstunde ehren, sondern auch die aus 2020“, betont der Vorsitzende des OJCP. Zu den Preisträgern des letzten Jahres gehören die Sülfelder Handballdamen, die Arbeitsgruppe „Schule ohne Rassismus –Schule mit Courage“ der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn (BSK), sowie die Jugendgruppe „Arandela“. Die weiteren vier Gewinner sind Frederike Wrohn (“Fridays for Future“), Lene Priebsch (jahrelanges soziales Engagement), die SV der Theodor-Mommsen-Schule (Spende ans Hospiz), sowie Johannes Jensen und Felix Schutt (Film „Heimweg“). „Sülfeld ist mehr“ gegen Rassismus: „Sich mutig gegen politische Hetze stellen“ – das haben die Handballdamen des SV Sülfeld im Oktober 2019 getan. Nachdem zwei Einwohner von vermutlich Rechtsextremen angegriffen worden waren, als sie Neonazi-Aufkleber im Ort entfernten, beschlossen die Handballfrauen, etwas zu tun. „Wir wollten nicht einfach nur Handball spielen, sondern zeigen, dass wir uns das nicht gefallen lassen“, hieß es aus dem Team. So wurde zum nächsten Heimspiel unter dem Motto „Sülfeld ist mehr“ mit dem Hinweis auf Vielfaltskultur die Halle mit Plakaten bunt geschmückt, die Spielerinnen liefen mit bunten Schweißbändern auf, um den Zusammenhalt in der Gemeinde und ein Ausrufezeichen gegen Rassismus zu setzen. Und ihre Aktion wurde angenommen: Bereits eine Stunde vor Spielbeginn platzte die Halle aus allen Nähten, eine Rede des ortsansässigen Pastors Steffen Paar sorgte für Standing Ovation. „Die Sülfelder Handballdamen haben damit ein Signal über die Grenzen des Dorfes hinaus gesetzt und sind damit einer unserer Preisträger“, betonte Wolfgang Abel. Flagge aus 49 Nationalitäten der BSK: Ebenfalls 1000 Euro für ihre weitere Arbeit erhielt die Arbeitsgemeinschaft „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ der BSK in Bad Oldesloe. Beim aktuellen Projekt „Bunt – Stark – Kulturell“ haben die derzeit neun Teilnehmer der AG alle 1900 Schülerinnen und Schüler der BSK nach ihrer Nationalität befragt und daraus eine Flagge aus allen 49 vertretenen Herkunftsländern an der BSK erstellt, die demnächst am Eingang der Schule ihren Platz haben wird. „Wir möchten damit die Integration der verschiedenen Nationalitäten an unserer Schule fördern“, betonen die Projektteilnehmer. Die Gruppe gibt es in unterschiedlicher Besetzung bereits seit 2014 und hat in den letzten Jahren weitere Aktionen wie Ausstellungen zum Thema und Sprachpatenförderungen auf die Beine gestellt. Arandela erinnerte an den Todesmarsch: Dritter Preisträger ist die Jugendgruppe „Arandela“, auf deren Initiative hin im Mai 2020 eine Gedenktafel für die Opfer des Todesmarsches 1945 durch Bad Oldesloe auf dem Bahnhofsvorplatz aufgestellt worden ist. Viele Menschen wussten gar nichts von diesem Todesmarsch, bei dem etwa 350 Gefangene von der SS unter menschenunwürdigen Bedingungen vom Konzentrationslager Neuengamme nach Flensburg und Lübeck getrieben wurden und viele auf diesem Weg verstarben. „Durch die Gedenktafel wurde nun eine Erinnerung geschaffen, die den Opfern des Naziregimes ihre Würde zurückgibt“, betonte Abel. Leider war dies die letzte Aktion von „Arandela“s, die politische Jugendgruppe löste sich anschließend auf. „Wir werden das Preisgeld aber an verschiedene politische Projekte weitergeben“, betonten Fenja Truberg und Merle Fischer, die weiterhin für ihre Sache einstehen und den Preis entgegennahmen. Von Sandra Freundt