Pastorin im Reinbeker Krankenhaus: Eine Ärztin für die Seele

Blaues Klinikhemd, blaue Hose, Häubchen und Mund-Nasen-Schutz – so sieht derzeit die Arbeitskleidung von Pastorin Frauke Rörden aus: Wenn ein Mensch im Krankenhaus liegt, von seinen Angehörigen getrennt ist und dann auch noch Angst wegen der Corona-Krise haben muss, findet er bei der Krankenhausseelsorgerin ein offenes Ohr. Seit November ist die Pastorin im Reinbeker Krankenhaus St. Adolf-Stift eingesetzt und für die Nöte und Sorgen von Patienten, Mitarbeitern und Angehörigen da. Mit der Corona-Krise steht sie gleich zu Beginn ihrer neuen Stelle vor großen Herausforderungen. Worte als Medizin: „Normalerweise laufe ich über die Stationen und biete den Patienten Gespräche an“, erläutert Frauke Rörden, die vorher sechs Jahre lang als Krankenhausseelsorgerin im Hamburger Krankenhaus St. Georg gearbeitet hat. Das spontane Gespräch gehe wegen der Ansteckungsgefahr nicht mehr, deshalb stehe sie jetzt auf Zuruf bereit, wenn ein Patient Gesprächsbedarf hat. Auch Corona-Patienten können darunter sein, deshalb wird bei der Ausstattung streng auf Hygiene geachtet. „Üblicherweise komme ich in Bluse und Hose, jetzt trage ich die Krankenhauskleidung mit zusätzlichem Schutz, weil das zum einen hygienischer ist und zum anderen signalisiert, dass ich zum Krankenhauspersonal gehöre.“ Als Pastorin am Krankenbett kümmert sich die Theologin um die Themen, für die Ärzte keine Mittel haben. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Themen aus der Biografie der Menschen: Der Redebedarf ist da, hat sie beobachtet, aber er ist nicht größer als sonst. „Wir sprechen einfach über die Dinge, die die Menschen bewegen“, sagt die Seelsorgerin. Die meisten Themen stammten aus der Biografie der Menschen, sie würden viel aus ihrem Leben erzählen, schöne und auch schmerzhafte Erinnerungen. „Das löst etwas in ihnen. Ich will im Gespräch schöne Bilder erzeugen, damit etwas anderes als Angst aufscheint.“ Andere Gesprächspartner seien verzweifelt und würden angesichts der Corona-Lage auch von apokalyptischen Ängsten geplagt. „Diese Menschen fallen in ein Loch. Sie sind selber krank, und dazu kommt die Corona-Sorge, das verstärkt noch die schlimme Situation.“ Daraus ergebe sich die Frage: Was ist das für eine Welt? Hier will die Theologin Halt vermitteln und ihre Gesprächspartner auf Ressourcen zurück führen, die sie stärken. „Wenn der Wunsch da ist, bete ich mit den Menschen, aber das passiert nicht automatisch.“ Sie höre vor allem zu, das Gesprächsangebot gelte konfessionsunabhängig für alle Menschen, die den Bedarf nach einem Gespräch haben. Da komme es vor, dass Sohn oder Tochter anrufen, weil sie Angehörige wegen der Ansteckungsgefahr nicht besuchen dürfen, und die Pastorin bitten, an ihrer statt hinzugehen. Dann wieder sind es Ehepartner, die durch die Krankheit nach vielen Jahren getrennt werden und keinen Kontakt haben können. „Anschließend berichte ich dann – wenn alle einverstanden sind – wie es dem Patienten geht.“ Gegengewicht zur Angst: Details werden dabei nicht erzählt, denn die Gespräche sind vertraulich. „Aber es ist für die Angehörigen ein gutes Gefühl zu wissen, dass jemand nach den Patienten sieht. Oft kommt es zu sehr schönen Gesprächen, bei denen am Ende etwas anderes als Angst aufscheint.“ Frauke Rörden hat keine Angst, sich anzustecken, zumal derzeit ohnehin nur wenige Corona-Patienten in der Klinik behandelt werden. „Ich habe gute Schutzkleidung, desinfiziere mir regelmäßig die Hände und halte Abstand“, sagt sie. Auch dauerten die Gespräche nicht allzu lange, weil ihre Gesprächspartner krank seien und sich oft nicht zu lange konzentrieren könnten. Die Arbeitskleidung bleibt in der Klinik, und der Gesundheitszustand der Mitarbeiter werde regelmäßig kontrolliert. „Ich bin auch nicht alleine, sondern mit noch zwei katholischen Seelsorgern und einer Ordensschwester sind wir in der Seelsorge gut aufgestellt.“ Seit Ausbruch der Pandemie werde täglich um 12 Uhr ein Mittagsgebet über den Krankenhauskanal übertragen, das Mut machen solle. „Dabei brennen die Kerzen in der Kapelle, und es wird ein Psalm oder ein Gedicht vorgelesen.“ Bei ethischen Fragen eingebunden: Eine weitere Erfahrung hat sie gemacht: „Die Gespräche sind schön, und man trifft auf Leute, die sonst nicht in die Kirche gehen.“ Wer Gesprächsbedarf hat, kann die Krankenhaus-Seelsorgerin jederzeit kontaktieren. „Niemand braucht Hemmungen zu haben“, versichert die Pastorin. „Dafür bin ich da.“ Auch Krankenhaus-Mitarbeiter kämen mit Sorgen, Zweifeln und Fragen zu ihr. So ist die Pastorin zusätzlich bei ethischen Fragestellungen eingebunden, wenn es darum geht, welche Patienten im Notfall zuerst behandelt werden sollen. Noch habe es keine dramatische Situation gegeben, aber es werde vorgedacht. „Die Seelsorge wird dabei berücksichtigt.“ Ärzte stünden auf diese Weise mit solchen Entscheidungen nicht alleine da. „Ich will zeigen, dass Kirche auch im Krankenhaus ist.“ Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in und um Lübeck: Diese Texte sollten Sie gelesen haben Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Alle aktuellen Informationen aus Deutschland und der Welt im Live-Blog #supportyourlocal: Machen Sie Ihr Angebot bei uns bekannt #supportyourlocal: So helfen Sie Geschäften, Restaurants und Freiberuflern in Lübeck Weitere Lockerungen: Schleswig-Holstein öffnet Tierparks und Einkaufscenter Diese Großveranstaltungen fallen im Norden aus So fährt Schleswig-Holstein ab 4. 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