Polizei: Rapper aus Bad Oldesloe fordert beschlagnahmte Kamera nach Videodreh zurück

Ein riesiger Felsbrocken ist Dimitrij Popow* vom Herzen gefallen. Er hat seine teure Kamera wieder, mit der er Video-Clips für befreundete Rapper dreht. Wie berichtet, hatte Anfang August eine Polizeistreife das Gerät konfisziert und den Vorfall zur Anzeige gebracht. Der Oldesloer war sich zwar sicher, dass es sich dabei nur um ein Missverständnis handeln konnte und der Irrtum rasch aufzuklären sei. Doch obgleich die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt hatte, drohte die Herausgabe zunächst zu scheitern. Zweifel an Dreharbeiten für Musikvideo: Doch was war geschehen? Anfang August traf die Polizeimeldung mit dem Titel „Möchtegern-Polizisten von echter Polizei erwischt“ bei den LN ein. Demnach hatte eine Polizeistreife kurz nach Mitternacht am Parkplatz in der Lübecker Straße gestoppt, weil ihnen „ein ziviles Fahrzeug mit Blaulicht“ aufgefallen war. Die vier Männer – einer von ihnen Popow – hätten den Parkplatz mit einem Absperrband abgeriegelt und außerdem eine „Maschinenpistole im Auto gehabt, die sich als CO2-Waffe herausstellte“. Dass sie in den Dreh für ein Musikvideo geplatzt waren, wollten die Beamten nicht glauben. Kamera, Blaulicht, Absperrband und die Druckluftpistole zogen sie ein. Die Kriminalpolizei in Bad Oldesloe nahm anschließend die Ermittlungen auf. Das mochte Dimitrij Popow nicht auf sich sitzen lassen und wandte sich nun selbst an die LN. Er legte dar, dass er nicht nur selbst rappt, sondern auch ein Musiklabel gegründet hat, für das er von Zeit zu Zeit Clips dreht, um befreundeten Musikern zum Durchbruch zu verhelfen. Absperrband und Blaulicht seien nur Requisiten gewesen, ebenso wie die Anscheinswaffe, die sich zudem noch auf dem Rücksitz des Wagens befunden habe. Niemand habe damit auf jemanden gezielt oder versucht, sich als echter Polizist auszugeben. Er wisse auch, dass man mit Scheinwaffen nicht herumgehe, hatte der Rapper damals beklagt. In der Pressemeldung habe es so geklungen, als wäre er mit dem Gewehr über den Parkplatz gelaufen und hätte Polizei gespielt. Reger Briefwechsel mit der Justiz: Die Wochen vergingen und Popow wollte eigentlich schon das nächste Video mit dem Berliner Rapper MC Bogy drehen. Doch wie sollte das ohne Kamera gehen? „Deshalb habe ich mich selbst dahinter geklemmt und versucht, das Verfahren zu beschleunigen“, erzählt er. Es entspann sich ein reger Briefwechsel mit der Staatsanwaltschaft, in dem der Rapper darlegte, dass das Verwenden der Anscheinswaffe und des Blaulichts nach Paragraf 42, Absatz 2 des Waffengesetzes Teil einer Filmaufnahme gewesen sei. Eine Drehgenehmigung, wie es die Beamten gefordert hätten, sei überdies in Schleswig-Holstein wie auch in Hamburg für künstlerische Projekte dieser Art nicht erforderlich. Keine Drehgenehmigung im Land nötig: Der Rapper konnte das anhand einer Veröffentlichung der Filmförderung Hamburg Schleswig- Holstein nachweisen. Darin heißt es, dass eine „allgemeine Firmen-Drehgenehmigung – wie in einigen deutschen Städten vorgeschrieben – ist in Hamburg und Schleswig-Holstein nicht notwendig. Für Aufnahmen von Einzelpersonen oder kleinen mobilen Teams, die nur per Handkamera oder mit einfachem Stativ an im Voraus nicht festgelegten Locations vorgenommen werden, ohne Dritte einzuschränken, zu behindern oder zu gefährden, ist keine Genehmigung erforderlich“. Diese Regelung galt wohl gemerkt noch im August dieses Jahres. Angesichts der massiven Zunahme von Corona-Fällen in den beiden Bundesländern sind bei Aufnahmen dieser Art jetzt Sondernutzungserlaubnisse mit einem Hygienekonzept nötig. Verfahren wegen Amtsanmaßung eingestellt: Die Verfahren wegen Amtsanmaßung und Verstoß gegen das Waffengesetz wurden schließlich eingestellt und Popow die Herausgabe aller beschlagnahmten Gegenstände zugesichert. Als er die Kamera abholen wollte, sei er aber zunächst auf Widerstand gestoßen. „Die Polizisten in der Wache haben sich erst einmal geweigert und gemeint, ihr Kollege sei eine Woche in Urlaub. Das wollte ich mir nicht bieten lassen und gesagt, ich werde ohne die Kamera nicht gehen“, erzählt der Rapper. Daraufhin hätten die Polizisten damit gedroht, ihn hinauszutragen, wenn er nicht freiwillig gehe. Erst der Kripobeamte, der hinzugekommen sei, habe die Sache geklärt. „Er war cool und hat die Kamera sofort geholt. Schließlich hatte ich ja ein Recht darauf, sie zurückzubekommen“, sagt er. Polizei: Niemand hat Besucher der Wache gedroht: Aus Sicht der Polizei hat sich das Ganze jedoch anders abgespielt. „Der Herr kam am 5. Oktober mit einem Beschluss vom Amtsgericht Ahrensburg in die Oldesloer Wache und verlangte in einem nicht freundlichen Ton die Herausgabe der Kamera“, berichtet die Pressesprecherin. Der Gerichtsbeschluss habe den Beamten zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen. Auch sei das eigentliche Verfahren noch nicht eingestellt gewesen. Als Teil der folglich noch andauernden Ermittlungen habe noch der interne Speicher der Kamera ausgelesen werden müssen. Der dafür zuständige Kripobeamte sei in der Tat in Urlaub gewesen. Doch dafür habe der Besucher kein Verständnis gezeigt und mehr als ungehalten reagiert. „Es hat ihm aber niemand angedroht, ihn herauszutragen. Aber jeder muss sich benehmen, wenn er zu uns kommt“, versichert die Sprecherin. *Name aus Datenschutzgründen geändert Von Dorothea von Dahlen