Reinbek fällt Bäume: Borkenkäfer befallen Rotfichten im Stadtwald

In Reinbek muss ein etwa fünf Hektar großer Streifen des Waldes am Glinder Weg gefällt werden. Grund ist der Borkenkäfer, der den Großteil des Rotfichtenbestandes befallen hat. Der Schädling ist gleich mit zwei Arten vor Ort, dem „Buchdrucker“ und dem „Kupferstecher“, benannt nach den typischen Fraßlöchern in der Rinde. Die Stadt nutzt den Kahlschlag zum Waldumbau und pflanzt als Ersatz 2200 neue Bäume, die dem Klimawandel gewachsen sind. Durch frühzeitige Information will Bürgermeister Björn Warmer die Bürger dabei mitnehmen. Wald nach dem Zweiten Weltkrieg gepflanzt: „Wahrscheinlich ist das Waldstück nach dem Zweiten Weltkrieg angepflanzt worden“, erläutert Reinhard Schulte von der Bezirksförsterei Stormarn. Durch Reparationshiebe und den Bedarf an Feuerholz sei der ursprüngliche Wald abgeholzt worden. Da es nach dem Krieg kaum Baumsamen gab, seien damals vorrangig Rotfichten angepflanzt worden - eine Monokultur ist entstanden, die nun zum Opfer der Borkenkäfer wird. Die befallen die Bäume und führen letzten Endes zu deren Absterben. „Durch den Klimawandel haben die Borkenkäfer sehr gute Bedingungen“, erklärt Schulte. Warme Frühjahre, trockene, heiße Sommer und wenig Feuchtigkeit führten dazu, dass sich die Schädlinge seit zwei Jahren sehr stark vermehrt hätten. Sie seien innerhalb eines Vier-Kilometer-Radius aktiv. „Es gibt deshalb vier statt der üblichen zwei Generationen pro Sommer.“ Im Gegenzug seien die Bäume aufgrund der Trockenheit geschwächt und damit anfällig, weil sie nicht genügend Harz bilden könnten. „Wir werden bis Ende Februar die Rotfichten fällen und die Borkenkäferlarven mit speziellen Maßnahmen auffangen“, schildert Steffen Burkhardt, Leiter der Forstbetriebsgemeinschaft Stormarn, das Prozedere. Anfang März beginne die Brutzeit der Vögel, auf die man Rücksicht nehmen wolle. Auch soll eine Begehung vorab klären, ob das betroffene Waldstück Schutzraum für seltene Tierarten ist. Das ist ein Entgegenkommen der Stadt und der Experten, denn bei einem Wald, der als Kalamität gilt – die instabilen Bäume gefährden Spaziergänger – ist das Landesnaturschutzgesetz außer Kraft gesetzt. Reinbek will trotzdem Rücksicht nehmen, denn das Grün ist ein wertvolles Gut. Deshalb soll der Grünbestand auch wieder aufgeforstet werden. 85 Prozent Fördermittel: „Der Wald muss vom Borkenkäfer befreit und umgebaut werden“, so Schulte. Zwar hätten die Käfer natürliche Feinde wie bestimmte Vogelarten und die Waldameise, aber die alleine könnten den Käfer nicht stoppen. Für die Kosten in Höhe von rund 10.000 Euro pro Hektar gibt es 85 Prozent Fördermittel. Begleitet wird der Waldumbau von der unteren Forstbehörde, ausgeführt wird er von Forstbetriebsgemeinschaft und Bezirksförsterei, die das Gerät und die Fachleute haben. „Wir werden zunächst mit Harvestern die befallenen Bäume fällen“, kündigt Burkhardt an. Das Holz könne großteils noch wirtschaftlich verwertet werden. „Ein Teil wird zu Bauholz, ein weiterer Teil zu Paletten, der Rest zu Industrieholz und Papier verarbeitet.“ Der Erlös decke einen Teil der Unkosten. Der Borkenkäfer gehört zu den Rüsselkäfern. Sie pflanzen sich unter der Borke oder im Holz von Bäumen in selbst gebohrten Gängen fort und richten großen wirtschaftlichen Schaden an, weil die befallenen Bäume am Ende absterben. Laut wikipedia gibt es weltweit rund 6000 Arten. Anschließend wird aufgeforstet, und dabei orientiert sich Reinbek an den Forschungsergebnissen zum Wald der Zukunft. Wissenschaftler untersuchen, welche Baumarten in Europa den künftigen Klimagegebenheiten Stand halten können. „Pro gefällte Fichte werden neue Bäume gepflanzt“, sagt Schulte. Laubbäume wie Stieleiche und Rotbuche, Bergahorn und Kirsche werden mit Nadelhölzern gemischt, um trotz Klimawandels einen gesunden Wald zu erhalten. „Mit Misch- und Laubbäumen macht die Stadtverwaltung die Fläche widerstandsfähiger und setzt sich gleichermaßen für den Naturschutz, den Klimaschutz sowie die Artenvielfalt ein.“ Die Neupflanzungen werden für sieben Jahre mit einem Wildzaun geschützt, der Knospenfraß vorbeugen soll. Während der Fällarbeiten wird das betroffene Waldstück abgesperrt, der Restwald bleibt weiter zugänglich. Bürger werden informiert: „Wir werden zur Information Plakate aufstellen, um über die Maßnahme zu informieren“, kündigt Bürgermeister Warmer an. „Ich wünsche mir größtmögliche Transparenz. Der Waldumbau wird öffentlich begleitet.“ Denn bei Baumfällarbeiten sind die Bürger sensibel. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollen sie so vorab mit ins Boot geholt werden. „Borkenkäfer sind ein europäisches Problem“, führt Schulte aus. „In anderen Teilen Deutschlands haben sie schon deutlich größere Schäden verursacht.“ Dem soll nun vorgebeugt werden, denn für Forstbesitzer bedeute ein Befall mit Borkenkäfern einen hohen wirtschaftlichen Schaden. Von Bettina Albrod