Reiten auf Steckenpferden: Hobby Horsing ist neuer Trensport in Hamberge

Alles Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Steckenpferde. Die Hobby Horsing-Begeisterten aus Hamberge haben die altbekannte Pferde-Weisheit schon längst umgedichtet. Seit zwei Jahren ist die Sparte Hobby Horsing im Sportverein der Nordstormarner Gemeinde vertreten. Die Idee dazu hatte Marco Thunert, seines Zeichens Kickbox- und Kampfsport-Trainer. Und das kam so. . . „Im Januar 2019 hat meine kleine Tochter Miriam mit dem Hobby Horse-Training privat angefangen. Ich bin dann von der Mutter der kleinen Thea angesprochen worden, ob ich nicht wüsste, wo man Steckenpferd-Reiten machen könnte“, berichtet der Hamberger. Eine Adresse dafür hatte Thunert nicht, aber einen Vorschlag: Man könne ja mal beim SV Hamberge anfragen und vielleicht einen Hobby Horse-Verein gründen. Dass seine Idee beim Vorstand des Vereins sofort auf offene Ohren stieß, damit hatte Miriams Vater nicht gerechnet. „Ich dachte, das ist bestimmt nur ein laues Lüftchen. Aber da hatte ich mich gewaltig geirrt“, sagt er schmunzelnd. Kurz darauf wurde die Sparte gegründet, und Marco Thunert wurde der erste männliche Hobby Horsing-Trainer Deutschlands. „Anfangs hatten wir zwei Mädels, Miriam und Thea, dann wurden es vier, und jetzt sind wir schon 34“, sagt Thunert nicht ohne Stolz. Das jüngste Hobby Horsing-Mitglied sei vier Jahre alt, das älteste 18. Mädchen seien zwar noch in der Überzahl, aber die Jungen holten langsam auf. So funktioniert Hobby Horsing: Doch wie funktioniert die ungewöhnliche Sportart eigentlich? Und was braucht man dafür? „Hobby Horsing ist wie echtes Reiten, nur dass unsere Kinder und Jugendlichen nicht auf einem Pferd, sondern auf einem Steckenpferd reiten“, erläutert Trainer Thunert. Dabei absolvieren sie die verschiedenen Disziplinen wie Dressur, Springen und Geländeritt, was körperlich richtig sportlich und anstrengend ist. Die Schwierigkeit dabei: Die Steckenpferd-Reiter müssen sich zweigeteilt sehen. Mit den Beinen ahmen sie die leichtfüßigen Schritte des Pferdes nach, mit dem Kopf und Oberkörper müssen sie die elegante Haltung des Reiters bewahren – und zugleich das Steckenpferd in der richtigen Position halten. Hambergerinnen auf Weltrekord-Jagd: „Oberkörper gerade, Blick nach vorn – die Haltung ist das Schwere. Das übe ich noch“, sagt Miriam. Die Grundgangarten – Schritt, Trab, Galopp – klappen schon prima. Sogar der schwungvolle versammelte Trab gelingt Miriam immer besser. Und beim Springen hat sich die junge Hambergerin enorm gesteigert. „Sie ist mit 40 Zentimetern angefangen und springt jetzt schon über 70 Zentimeter hohe Hindernisse“, sagt Mutter Gabriele Thunert stolz. Manche Teamkolleginnen fliegen sogar über die Hürden. „Wir haben drei Mädchen dabei, die springen jetzt schon 1,35 Meter hoch. Der Weltrekord liegt bei 1,41 Meter. Den wollen wir gern brechen. Da sind die Mädels schon ordentlich am Trainieren.“ DIY: Steckenpferd selber nähen: Fürs Hobby Horsing braucht man also Kondition, Beweglichkeit, Sprungkraft und natürlich ein Steckenpferd. Miriam beweist dabei besonders viel Kreativität. Das Mädchen hat nicht nur ihre eigenen Steckenpferde komplett selbst genäht, sondern auch viele flauschige Exemplare ihrer Freundinnen und Mitreiter, die die Plüschponys bei ihr bestellt haben. „Ich habe schon mehr als 20 Steckenpferde hergestellt.“ Sie nähe einfach unheimlich gern. „Sogar Trensen und Halter hat sie selbst gebastelt und den Pferden ihre Mähnen geflochten“, ergänzt die begeisterte Mutter. Eine tolle Beschäftigung sei das – insbesondere in Coronazeiten. Hobby Horsing-Meisterschaft im Spätsommer: Das Hobby Horsing-Fieber hat auch Trainer Marco Thunert gepackt. „Leistung, Atemtechnik – ich verlange von unseren Hobby Horsern schon ein bisschen mehr als die Trainer in anderen Vereinen.“ Aber der Mix aus Spiel, Spaß und Sport kommt beim Nachwuchs anscheinend gut an. Die Sparte Hobby Horsing verbucht selbst in Coronazeiten noch Zuwachs. Gerade haben sich Neuzugänge aus Wismar angemeldet. Marco Thunert hat für die Hamberger Steckenpferd-Liebhaber noch große Pläne. „Im Spätsommer ist eine Schleswig-Holstein-Meisterschaft in Hamberge geplant, sofern die Pandemie es erlaubt. Da kommt sogar die Nationalmannschaft aus Finnland zu Besuch.“ Steckenpferd-Begeisterung kommt aus Finnland: Apropos Finnland. Dort nahm der neue Trendsport vor vielen Jahren seinen Anfang. Der richtige Boom kam um 2010, als immer mehr finnische Jugendliche begannen, ihre eigenen Steckenpferde zu designen und Wettkämpfe abzuhalten. Von Finnland schwappte das Hobby Horsing-Phänomen fast in die ganze Welt. Heute findet man die Hobby Horsing-Kultur in Schweden, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Asien und Australien. Im Internet treffen sich dann alle Steckenpferd-Reiter wieder. Auf Instagram werden die Leistungen und Nähkünste gezeigt. Hier sind natürlich auch die Hamberger Hobby Horser vertreten unter @2019hobbyhorse_hamberge Von Britta Matzen