Spätes Glück: Trittauerin wird Mutter mit 62 Jahren

Niemand hat ihr gegenüber auch nur ein negatives Wort gesagt. Doch Sabina Persson weiß, dass die Menschen über sie reden. Und sie reden nicht nur gut über sie, denn Sabina Persson hat etwas getan, das bei Männern akzeptiert ist, das bei Frauen aber noch ungewöhnlich ist. Sie hat im hohen Alter Kinder bekommen, Drillinge. Nino, Luis und Rafa sind jetzt vier Monate alt, ihr Vater ist 29 – und ihre Mutter 62 Jahre alt. „Ich habe genug davon, von anderen zu hören, dass hinter dem Rücken negativ über mich geredet wird“, sagt sie. Wenn sie mit den Drillingen durch Trittau geht, sieht sie die Menschen, die sich wegdrehen oder gucken. „Ich gehe jetzt auf diese Menschen zu und erzähle unsere Geschichte. Sonst wird es ein Tabu, und allein die Gerüchte bestimmen, was die Leute glauben“, sagt die Mutter. Von denen gebe es jetzt schon genug. Das Schlimmste laute, dass eines ihrer Kinder gestorben sei. Eine bekannte Persönlichkeit: Die Geschichte, die Sabina Persson und ihr Ehemann Ary Trisnanto erzählen, ist eine Liebesgeschichte. Und die Geschichte einer bekannten Familie. Sabina Persson betreibt gemeinsam mit ihrem Ex-Mann eine Zahnarztpraxis im Ort. Sie haben zusammen sechs Kinder zwischen 25 und 39 Jahren. Der Name Persson ist berühmt im Badmintonsport. Der TSV Trittau spielt als einer von nur zwei Vereinen in Schleswig-Holstein in der ersten Bundesliga. Sabina Persson ist Vorstand im Verein, fünf ihrer sechs Kinder spielen ebenfalls Badminton. Einer hat es sogar bis auf Platz sechs der Weltrangliste geschafft. Jeder kennt in Trittau die Perssons. Neuer Badmintonprofi aus Indonesien: Indonesien ist eine große Badminton-Nation, und daher war es nicht ungewöhnlich, als Sabina Persson 2011 von dort Spieler nach Trittau holte. Es ist ein wenig so, als wenn im Fußball der FC Bayern einen Stürmer aus Brasilien verpflichtet, nur dass es im Badmintonsport nicht um so viel Geld geht. So kam Ary Trisnanto nach Trittau. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, sie wuchs langsam und stetig. „Man weiß ja nicht, wie so etwas passiert, aber es ist passiert. Ich weiß heute, dass Ary die Liebe meines Lebens ist“, sagt Persson. Trotzdem habe sie nie daran gedacht, noch einmal Kinder zu bekommen. „Mit dem Thema war ich durch“, sagt die 62-Jährige. Doch in der indonesischen Kultur ist der Wunsch nach Kindern groß, und auch Trisnanto wünschte sich Kinder. Lange dachte Sabina Persson nach, dann sagte sie: „Wir können es ja mal versuchen.“ „Und wenn es nicht klappt, leben wir auch ohne Kinder zusammen“, antwortete Ary Trisnanto. Sie holten sich Unterstützung, und es klappte, Persson wurde fast sofort schwanger. „Nur hätte ich nie damit gerechnet, dass es Drillinge werden“, sagt sie, „das war schon ein Schreck.“ Eine „Reduktion“ kam nicht in Frage: Plötzlich stand ein Thema im Raum. Die Ärzte fragten, ob sie eine „Reduktion“ wolle? „Doch das kam nicht in Frage“, sagt die Mutter, und ihre Stimme wird gleich etwas lauter. Sie blickt auf Nino, Luis und Rafa. Die drei Babys liegen gerade in den Armen ihrer Eltern und bekommen ihr Fläschchen. „Wenn ich die drei hier sehe und denke, es wäre per Zufall einer von ihnen entfernt worden. Das hinterlässt Narben auf der Seele. Das hätten wir niemals tun können.“ Mütter sind heute in Deutschland im Durchschnitt älter als noch vor wenigen Jahren. „Im Schnitt bekommen Frauen heute mit 30 das erste Kind“, sagt Prof. Georg Griesinger vom Kinderwunschzentrum des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Frauen, die die Unterstützung des Kinderwunschzentrums suchen, seien im Schnitt 35 Jahre alt. Wenn bei einem Paar der Kindwunsch nicht in Erfüllung geht, gibt es mehrere Möglichkeiten der Unterstützung. Unter anderem gibt es die Möglichkeit der Eizell-Befruchtung durch eine Samenübertragung in die Gebärmutter oder auch eine Befruchtung außerhalb des Körpers durch das Verfahren der In-vitro-Fertilisation oder der Intracytoplasmatischen Spermieninjektion. Eizellen verlieren im Laufe der Lebensjahre kontinuierlich an Qualität. Mit zunehmendem Alter sinkt daher die Chance auf eine spontane Schwangerschaft. Es gibt daher auch die Möglichkeit, befruchtete oder unbefruchtete Eizellen einfrieren zu lassen. Diese können dann auch in höherem Alter eingesetzt werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Eizellenspende. In Deutschland dürfen Ärzte jedoch keine gespendeten Eizellen einsetzen. Es ist jedoch erlaubt, dass Frauen in einem anderen Land, in dem das Verfahren erlaubt ist, sich eine gespendete Eizelle einsetzen lassen. Die älteste Mutter der Welt soll eine 74-jährige Inderin sein. „Auch 62 ist ein sehr hohes Alter für eine Schwangerschaft“, sagt Prof. Griesinger. „In Ausnahmefällen wie diesem ist das auch möglich.“ Es sei jedoch nicht der Regelfall. „Entscheiden muss man immer im Einzelfall. Für das Einsetzen von eingefrorenen Embryonen gibt es in Deutschland kein Höchstalter. Wir können uns jedoch an anderen Ländern orientieren, und da gilt in einigen als Obergrenze 51 Jahre“, so Griesinger. Denn die Menschen würden zwar immer älter und blieben länger fit, aber für die meisten wäre das Risiko einer Schwangerschaft ab dieser Altersgrenze zu hoch. Die 62-jährige Mutter bringt so leicht nichts aus der Ruhe: Der alltägliche Stress scheint der 62-Jährigen nichts anhaben zu können. Vier Tage die Woche geht sie sogar wieder in der Praxis arbeiten, in der auch Trisnanto neben der Badmintonkarriere als Zahntechniker arbeitet. Dann haben sie Unterstützung zu Hause. In der anderen Zeit arbeitet das Paar Hand in Hand, Milch wird warm gemacht, Windeln gewechselt, sie sind ein eingespieltes Team. Diese Leichtigkeit, mit der die 62-Jährige die erneute Mutterrolle meistert, hat Gründe. Persson ist immer noch körperlich topfit, ernährt sich gesund. „Das biologische Alter kann sich vom wahren Alter um bis zu zehn Jahre unterscheiden“, sagt Persson und lächelt: „Ich denke, mein biologisches Alter ist deutlich jünger als 62.“ Zudem habe sie durch ihre sechs Kinder schon viel Erfahrung als Mutter. So leicht bringe sie nichts mehr aus der Ruhe. Sorgen vor den Reaktionen der anderen: Das einzige, was sie unruhig macht, sind die Reaktionen der Menschen. „Ich habe mir nie Sorgen wegen der Schwangerschaft gemacht. Ich wusste, dass wir das schaffen. Ich habe mir nur Gedanken darüber gemacht, was für Kritik kommt.“ Es gab sogar die Befürchtung, dass ihre Patienten nicht mehr in die Praxis kommen würden. Das ist nicht passiert. Die Frage nach der Zukunft: Die Kritik, die niemand offen ausspricht, die Frage, die niemand offen stellt, die aber viele Menschen hinter geschlossenen Türen diskutieren, ist die nach der Zukunft. Werden die Kinder erwachsen sein, bevor sie Abschied von ihrer Mutter nehmen müssen? Sabina Persson hat sie sich auch gestellt. Und eine Antwort gefunden. „Ich habe keine Bedenken wegen meines Alters. Meine Mutter wird diesen Monat 96 Jahre alt. Wenn ich das auch nur annähernd schaffe, dann haben sie mich über 30 Jahre“, sagt sie, überlegt kurz und spricht: „Am Ende weiß es nur der liebe Gott. Auch eine jüngere Mutter kann an Krebs erkranken oder einen Unfall haben. Wir wissen doch nie, wann das Leben zu Ende ist.“ Natürlich kann es auch sein, dass sie nicht 96 Jahre alt wird. Doch das macht ihr keine Angst, denn sie weiß, dass ihre Kinder nicht allein sind. Sie haben einen jungen Vater, sie haben die Familie des Vaters. „Die würden sich sofort kümmern“, sagt Persson. Sie haben sechs Geschwister, die ihre drei Brüder lieben. Sie haben sich selbst untereinander. Unabhängig davon, was geschehen wird, die Familie ist so groß, so verbunden, dass Persson sich sicher ist, dass das Wichtigste immer da sein wird: Liebe für ein glückliches Aufwachsen von Nino, Luis und Rafa. Von Von Sven Wehde

Schwangerschaft im Alter - Spätes Glück: Trittauerin wird Mutter mit 62 Jahren