Stormarner Jäger mit Fallen auf der Jagd nach Waschbären

Vor rund drei Jahren begann die Stormarner Kreisjägerschaft damit, Lebendfallen gegen eingewanderte Raubtiere wie Marderhund und Waschbär einzusetzen, aber auch gegen die heimischen Arten wie Fuchs und Dachs. Die nachtaktiven Tiere sind schlau und zeigen sich nur selten, sind also für die Jäger schwer zu schießen. „Die Populationen nehmen immer weiter zu und gefährden das heimische Niederwild wie etwa Hasen und Bodenbrüter wie Kiebitze, Feldlerchen oder Rebhühner, aber auch Singvögel“, sagt Christian Kumpf aus Westerau. Er ist Schatzmeister bei der Kreisjägerschaft, hat das Projekt initiiert und nun zum zweiten Mal erfolgreich um finanzielle Unterstützung beim Kreis geworben. Nach allerdings heftiger Diskussion im Umweltausschuss stimmte eine knappe Mehrheit dafür, erneut 5000 Euro dazu zu schießen. 225 Raubtiere in einem Jahr gefangen: „Die Streckenentwicklung insbesondere bei den Waschbären ist stark angestiegen und erfordert eine intensive Bejagung“, erklärt Christian Kumpf. Strecke bedeutet im Jägerjargon die Zahl der erlegten Tiere. „Waren es vor fünf Jahren noch weniger als zehn Waschbären, so wurden 2019 allein durch die Fallenjagd bereits 22 Waschbären in den 20 teilnehmenden Revieren gefangen. Tendenz weiter steigend“, betont der Schatzmeister der rund 850 Mitglieder zählenden Kreisjägerschaft. Die Fallen sind so konstruiert, dass die Tiere durch Betonrohre laufen und schließlich über eine Wippe in einem Käfig landen, in dem anschließend eine Klappe herunterfährt. „Die Tiere werden nicht verletzt und können sich darin auch noch bewegen“, erklärt Christian Kumpf. Via Smartphone werde der Jäger sofort informiert. 225 Raubtiere seien so allein im Jahr 2019 in die Fallen gegangen, darunter 62 Füchse und 59 Steinmarder. Weniger Füchse, mehr Hasen: Die Fallen, die etwa an Knicks oder in kleinen Waldstücken angebracht werden sollen, werden jeden Tag von den Jägern kontrolliert. Sollte sich darin ein Tier befinden, das nicht bejagt werden soll wie eine Katze, wird es freigelassen. Im anderen Fall wird das Tier erlegt, tiefgefroren und später zu einer Abgabestelle gebracht. Für die Fälle bekommen die Jäger einen geringen Obolus von wenigen Euro pro Tier. Eine Falle kostet rund 750 Euro, etwa 80 haben die Stormarner Jäger mittlerweile im gesamten Kreisgebiet im Einsatz. 40 weitere sollen folgen, auch mit dem Geld des Kreises. „Waschbären kommen auch zunehmend in Gärten und plündern Nistkästen“, berichtet Christian Kumpf weiter. Auf der anderen Seite seien erste Erfolge zu verzeichnen. Bei Kiebitzen gebe es eine spürbare Erholung des Bestandes, und es seien auch wieder mehr Hasen zu sehen. „Wir wollen Füchse und Dachse nicht ausrotten, sondern die Natur in der Balance halten.“ Im zuständigen Umweltausschuss des Kreises gab es eine heftige Diskussion um das Für und Wider der Fallen und den Zuschuss aus dem Kreishaushalt. Claudia Rathje (CDU) fand die vorgestellten Zahlen einleuchtend und lobte den Schutz der Nutztiere. Florian Kautter (Linke) hatte Zweifel, dass die Gefahr wirklich so groß ist; und Heinz Hartmann (SPD) wollte wissen, wie viel die Jäger an den Fellen verdienen. „Für einen Fuchs gibt es sechs Euro, zuletzt haben wir das Geld meist gespendet“, erklärte Christian Kumpf aus der Stormarner Kreisjägerschaft. Gerade der Waschbär müsse gejagt werden, da er auch die Nähe zum Menschen suche, auf Dachböden komme oder Mülltonnen plündere. Entschieden gegen den Antrag war Gerold Rahmann von den Grünen, zugleich Vorsitzender des Umweltausschusses. Ihm fehle eine solide Grundlage. Der Zuschuss damals habe einmalig sein sollen. „Diese Fallen sind nichts anderes als Waffen.“ Diese Aussage stieß wieder auf Unverständnis bei der CDU. „Die Jäger halten die Natur in Ordnung“, sagte Jürgen Lamp. Die Maßnahme sei wichtig für die Umwelt, und 5000 Euro sei auch kein hoher Betrag angesichts eines Haushalts von mehr als 300 Millionen Euro. Am Ende stimmten sechs Kreispolitiker für den Zuschuss, zwei dagegen und vier enthielten sich. Kritik von Naturschützern: Das sehen jedoch nicht alle so; Svenja Furken aus Ahrensburg zum Beispiel. Sie ist erfahrene Naturschützerin und kritisiert das Projekt scharf. „Ich bin nicht grundsätzlich gegen die Jagd, aber die Fallenjagd ist, mit Ausnahme von Insellagen, zumeist wenig zielführend.“ Schon jetzt gebe es so gut wie gar keine Rebhühner oder Kiebitze mehr. Schuld daran sei vor allem der Verlust an Lebensraum. Sie zweifelt stark am Nutzen der Fallen und sieht auf der anderen Seite das Leid der Tiere, wenn sie länger in der Falle sitzen. Svenja Furken: „Es macht mich wirklich traurig, wenn für derart zweifelhafte Projekte Gelder ausgegeben werden. Dem Verlust von einheimischen, gefährdeten Vogelarten wie Feldlerche, Rebhuhn und Kiebitz durch Jagd auf Beutegreifer entgegenzuwirken, ist angesichts der dramatischen Zerstörung ihrer Lebensräume zu kurz gedacht.“ Schon einmal hatte der Kreis das Projekt der Jäger mit 5000 Euro gefördert. Im Nachgang schrieb Svenja Furken damals in Zusammenarbeit mit dem Biologen Dr. Veit Hennig von der Universität Hamburg an Kreisverwaltung und Kreispolitik. Sie wollten, dass der Kreis das Geld nicht bewilligt. „Bejagung gilt als aussichtslos“: „Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen konnten belegen, dass die Jagd auf Beutegreifer keinen oder kaum Einfluss auf den Bruterfolg von Bodenbrütern oder Populationsdichten von Niederwild hat“, heißt es in dem Antrag. Die Bejagung von Beutegreifern führe zu keiner oder allenfalls kurzfristiger Reduzierung der Populationsdichte, da die Verluste umgehend durch Zuwanderung und erhöhte Wurfraten ausgeglichen würden. „Selbst der Versuch, invasive Arten wie Mink, Waschbär oder Marderhunde durch Bejagung zurückzudrängen, gilt inzwischen als aussichtslos und gescheitert“, schreiben Furken und Hennig. Außerdem setze die Fallenjagd, auch wenn es sich um Lebendfallen handelt, die gefangenen Beutegreifer erheblich unter Stress. „Kleinere Arten wie Iltis und Steinmarder und insbesondere Hermeline, die einen sehr schnellen Stoffwechsel haben, sterben oft schon vor Eintreffen des Jägers an Kreislaufversagen.“ Doch erhört wurden die beiden Experten damals wie auch heute nicht. Von Markus Carstens

Stormarn: Jagd auf Waschbären - Kritik von Naturschützern