Stormarn: Massiver Corona-Ausbruch in Pflegeheim in Trittau

Der Alptraum begann ausgerechnet an Weihnachten: Wie erst jetzt bekannt wurde, kam es bereits vor gut einem Monat zu einem Corona-Ausbruch im Trittauer Pflegeheim Haus Billetal. Offenbar war es jemand aus dem Kreis der Mitarbeiter, der das Virus in sich trug und weiter verbreitete. An Heiligabend gab es den ersten positiven Fall. Da waren vermutlich aber schon mehr Personen infektiös. Anfang Januar ging es dann rasend schnell, die Zahl der Ansteckungen potenzierte sich. 121 Bewohner infiziert: Mit Stand Dienstag gibt es 121 infizierte Bewohner, von denen 15 mittlerweile gestorben sind. Insgesamt hat die Einrichtung 172 Plätze. Von den 140 Mitarbeitern haben sich 55 infiziert, 18 gelten inzwischen als genesen. 35 zusätzliche Pflegekräfte wurden über externe Dienstleister eingestellt. „Wir wurden regelrecht überrannt“, sagte Geschäftsführer Andreas Schulz am Dienstag den LN. Umfangreiche Schutzausrüstung, Schnelltests, Hygienekonzept, Besuchsverbot – all das habe nichts genützt, so Schulz. Offenbar war es so, dass ein Mitarbeiter das Coronavirus unwissentlich und ohne Krankheitssymptome in das Pflegeheim trug und zunächst zwei Bewohnerinnen ansteckte. „Und eine davon war eine Superspreaderin“, mutmaßt Geschäftsführer Schulz. Übersicht für Schleswig-Holstein: Wie stark verbreitet sich die Corona-Erkrankung? Übersicht für Deutschland: Die Gesamtentwicklung, alle Hotspots und Reisewarnungen Diese beiden Artikel sind kostenlos für alle lesbar, die nachfolgenden regionalen Analysen sind LN-Plus-Lesern vorbehalten. Testen Sie jetzt kostenlos LN+! Interaktive Karte: Wo sind die Corona-Hotspots in Schleswig-Holstein? Wo würde eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit gelten? Analyse: Gibt es mehr Corona-Infektionen, weil auch mehr getestet wird? Belegung der Krankenhäuser mit Corona: Wie viele Intensivbetten in Schleswig-Holstein sind frei? Wie viele Menschen wurden bisher in SH gegen Corona geimpft? Mehr aus Ihrer Region: Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Lübeck Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Ostholstein Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Segeberg Zahlen und Fakten zum Coronavirus im Kreis Herzogtum Lauenburg Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Stormarn Viele Bewohner in der Einrichtung sind dement: In der Einrichtung leben viele demente Bewohner und welche mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen. Dieser Personenkreis könne oft keine Distanz wahren, verstehe das gesamte Corona-Geschehen inklusive der Schutzmaßnahmen gar nicht. Die betroffene Bewohnerin hatte innerhalb kürzester Zeit wohl andere Personen erst am Essenstisch und später in ihrem Wohnbereich angesteckt. Trotz sofortiger täglicher Schnelltests seit dem 1. Weihnachtstag konnte sich das Virus immer weiter ausbreiten. „Jeweils zwei Tage zeitversetzt zeigten immer mehr Personen Symptome“, berichtet Schulz. Bis Silvester gab es elf Infizierte im nun isolierten Wohnbereich. Bundeswehr soll im Haus Billetal unterstützen: Die Geschäftsführung setzte nun auf die angekündigten Impfungen. Doch nach Maßgabe des Kieler Sozialministeriums sollte in Pflegeheimen mit bestätigten Corona-Fällen vorerst nicht geimpft werden. Stattdessen kam es im Haus Billetal zu einem weiteren Ausbruch in einem anderen Wohnbereich, das Virus brach sich daraufhin unaufhaltsam Bahn. „Wir hatten das Gefühl, dass sich alle im Vorbeilaufen anstecken“, sagt Schulz. Am schlimmsten sei es Mitte Januar gewesen. Selbst seine Frau bekam Corona und könne sich bis heute nicht erklären, in welcher Situation das passiert ist. Derzeit gibt es noch 37 infizierte Mitarbeiter und 74 betroffene Bewohner. Noch in dieser Woche sollen alle wieder getestet werden. Da auf höherer Ebene ein Umdenken stattgefunden hat, was Infektionen und Impfungen angeht, sind für diese Woche auch mobile Impfteams angekündigt. „Die kommen sehr kurzfristig“, sagt Andreas Schulz und hofft, die Lage langsam in den Griff zu bekommen. Derzeit läuft auch eine Anfrage beim Landeskommando der Bundeswehr mit der Bitte um personelle Unterstützung. „Die Soldaten könnten uns helfen, Wohnbereiche zu bewachen und so zu verhindern, dass sich negative und positive Personen begegnen.“ Außerdem sei er weiter in engem Austausch mit allen zuständigen Behörden sowie per Mail in täglichem Kontakt mit allen Angehörigen. Impfungen im „Haus am See“ in Lütjensee: Die infizierten Mitarbeiter dürfen nicht in der Einrichtung arbeiten. Das war im Frühjahr beim Massenausbruch im Wohnpark Rohlfshagen in der Gemeine Rümpel noch anders. Damals waren die Beschäftigten, sofern sie keine Krankheitssymptome zeigten, unter strengen Quarantänebedingungen weiter im Pflegeheim tätig, durften nur zwischen Wohnung und Arbeitsplatz pendeln. Das Haus Billetal gehört zur Elisabeth Schulz GmbH, die noch eine weitere Einrichtung betreibt: das „Haus am See“ in Lütjensee. Dort gab es keine Corona-Fälle, und die ersten Impfungen sind bereits gelaufen. Insgesamt betreffen etwa 35 Prozent der kreisweiten Infektionen Bewohner und Bewohnerinnen aus mehreren Alten- und Pflegeheimen. Die übrigen 65 Prozent der Infektionen entfallen laut Kreisverwaltung auf ein „diffuses Ausbruchsgeschehen“ im gesamten Kreisgebiet, das sich weder regional noch auf bestimmte Personengruppen eingrenzen lasse. Von Markus Carstens

Stormarn: Massiver Corona-Ausbruch in Pflegeheim in Trittau - 15 Tote