Stormarner Mediziner zur Corona-Krise: Es wird uns erwischen

Die Lungenklinik in Großhansdorf ist in Sachen Covid-19 schon länger im „Hochplanungsmodus“. So bezeichnet Professor Klaus Rabe das. Er ist der Ärztliche Direktor und Medizinische Geschäftsführer der renommierten Spezialklinik. Seit drei Wochen tage der Corona-Krisenstab, jeden Tag gebe es Sitzungen. „Ich selbst lebe mittlerweile praktisch hier“, sagte der in Fachkreisen bekannte Mediziner und Wissenschaftler den LN am Telefon. Viele Menschen hoffen derzeit noch, dass das Ausmaß der Pandemie in Norddeutschland nicht ganz so schlimm werde. „Ich rechne aber nicht damit, dass uns die große Welle mit vielen Erkrankten erspart bleibt“, sagt Rabe. „Es wird uns erwischen.“ Von 29 auf 52 Fälle in zwei Tagen: Die neusten Zahlen des Kreises Stormarn unterstützen die These des Experten für Lungen-Krankheiten. Am Sonntag meldete die Kreisverwaltung 52 infizierte Personen – nach 43 am Vortag und 29 am Freitag. Damit gab es fast eine Verdopplung innerhalb von zwei Tagen. Auf diese Verdopplungszeiträume gucken Mediziner wie Klaus Rabe ganz genau – zwei Tage seien schon als kritisch zu bewerten. Vier Personen sind mittlerweile in stationärer Behandlung, alle anderen in häuslicher Isolation. Eine Mitschuld daran gibt Klaus Rabe den vielen Skiurlaubern, die nach ihrer Rückkehrer einfach ins nächstbeste Café gegangen seien. Mit Sorge betrachtet er die hohen Ansteckungsraten in Hamburg. Auch er ruft daher alle Bürger auf, sich „am Riemen zu reißen“ und die Verhaltensregeln des Landes und des Kreises zu beachten. „Das alles ist schon längst kein Spaß mehr!“ Null Toleranz hat er auch für Jugendliche, die Corona-Partys feiern. Eine solche Feier löste die Polizei in der Nacht zu Sonntag am Bargteheider Schulzentrum auf. Dabei mussten die Beamten ein zweites Mal erscheinen, da die etwa 15 jungen Menschen sich uneinsichtig gezeigt hatten. Nach dem Infektionsschutzgesetz stellt eine solche Party eine Straftat dar, kann mit einem Bußgeld von bis zu 25 000 Euro geahndet werden. Ärzte vorsorglich in Quarantäne: Nichtsdestotrotz sieht Professor Klaus Rabe die Kliniken im Norden noch gut aufgestellt, zum Beispiel in Stormarn auch die Asklepios-Klinik in Bad Oldesloe und das St.-Adolf-Stift in Reinbek. Letzteres hatte unter seinem Personal selbst einige Skiurlauber. Die seien aber gleich in häusliche Quarantäne gegangen, so Sprecherin Andrea Schulz-Colberg. Klaus Rabe lobt auch das Krisenmanagement der Landesregierung, mit der man in ständigem Austausch stehe. Die Stormarner Kliniken würden in einem Verbund mit Krankenhäusern in Ostholstein, Lübeck und dem Herzogtum Lauenburg gesehen, um möglicherweise Schwerpunkt-Kliniken für Covid19-Patienten zu bilden. Ähnliche Pläne gibt es auch für die Westküste. „Es gibt einen hohen Organisationsgrad und sehr angenehmes menschliches Miteinander, das ist sehr beruhigend“, sagt Rabe. 16 Beatmungsplätze: In Großhansdorf selbst gibt es 200 Betten, von denen derzeit mehrere schon mit den „normalen“ Patienten belegt sind. Die Lungenklinik hat 16 Beatmungsplätze und inzwischen einen Bereich geräumt für die Behandlung von Corona-Infizierten. Personell sei man auch gut aufgestellt, das Krankenhaus arbeitet in Wechselschichten, so dass sich meist nur die gleichen Personen begegnen. Auch frühere Kollegen böten ihre Hilfe an. Zudem gebe es die Möglichkeit, Pflegepersonal und Ärzte aus anderen Bereichen einzusetzen, zum Beispiel auch aus der orthopädischen Park-Klinik nebenan. Der Professor hofft, dass es in Deutschland keine Verhältnisse wie in Südeuropa gibt. Ausschließen will er diese aber auch nicht. „Wir dürfen kein Hotspot werden, das würde das System überfordern.“ Klaus Rabe hofft, dass die Corona-Welle in Deutschland rechtzeitig erkannt wurde und durch die vielen jetzigen Maßnahmen das Ausmaß der Krise in Grenzen gehalten werden kann. „Wir müssen Selbstdisziplin zeigen, Kontakte meiden und uns solidarisch zeigen.“ Der Liveblog zur Corona-Krise Von Markus Carstens

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