THW Oldesloe bereit zu helfen in der Corona-Krise

Für Olaf Göttsche gestaltet sich jeder Tag seit Beginn der Corona-Pandemie wie eine Wundertüte. Als Ortsbeauftragter des Technischen Hilfswerks Bad Oldesloe befindet er sich gemeinsam mit den anderen Helfern in höchster Alarmbereitschaft. Bereits des Öfteren wurden die Dienste dieser Einrichtung des Bundes abgerufen. Doch Zeit, sich zurücklehnen hat das 40-köpfige Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen mutmaßlich noch lange nicht. „Ich denke, wir stehen noch am Anfang. Man muss mit allem rechnen“, sagt ihr Chef. Je nach Entwicklung des Szenarios könnten die Einsätze des THW weiter an Bedeutung gewinnen. Technische Helfer sicherten Abi-Prüfung ab: Erst Anfang der Woche lieferten Göttsche und seine Kollegen Desinfektionsspender an die Schulämter in Lübeck, Ratzeburg, Plön und Eutin aus. Dem war der politische Beschluss vorausgegangen, die Abiturprüfungen trotz des Shutdowns abzuhalten. Um das Risiko einer Massenansteckung von vornherein zu verhindern, hatte das Bildungsministerium Amtshilfe beim Bund ersucht und um 600 Spendebehälter gebeten. Das THW lieferte, sodass die Schulen für die nötige Hygiene sorgen konnten. 3000 Kilometer auf Achse zu den Kliniken: Den im Oldesloer Gewerbegebiet Südost stationierten Helfern ist es auch zu verdanken, dass ein Großteil der 114 schleswig-holsteinischen Krankenhäuser mit einem Starterkit aus Schutzkleidung, Masken und Desinfektionsmitteln ausgerüstet werden konnte, um das Personal vor dem gefährlichen Sars-CoV-2-Virus abzuschirmen. Dass diese gar nicht so einfache Aufgabe recht zügig gelang, geht auf das Konto von Göttsches Kollegen Daniel Nagel. Als gewiefter Logistiker sammelte er die Bestellungen der einzelnen Häuser und koordinierte die Auslieferung des angeforderten Materials. Zweieinhalb Wochen, an denen täglich zwei bis drei Transporter à zwei Personen auf die Reise gingen, dauerte es, bis restlos alle Kliniken versorgt waren. Da das System jetzt eingespielt ist, hat das Land die Verteilung nun selbst übernommen. Ganze 3000 Kilometer waren die Helfer auf Achse. Bestückt wurde die Lieferung im Übrigen aus zwei großen Lagern in Kiel und einem in Bad Oldesloe, von dessen Existenz das örtliche THW-Team zuvor nichts wusste. Es handelt sich gewissermaßen um eine stille Reserve, die bis dato noch nicht angezapft werden musste. Aus Sicherheitsgründen muss der Standort auch geheim bleiben. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Corona – nicht sichtbar, aber brandgefährlich: So spektakulär und öffentlichkeitswirksam wie bei der Eindämmung des Elbehochwassers im Lauenburgischen oder dem G-8-Gipfel in Hamburg mögen die Einsätze der Oldesloer jetzt gar nicht erscheinen. Doch auch in der gegenwärtigen Krisensituation riskieren sie ihr Leben für die Allgemeinheit. „Beim Hochwasser weiß ich, wann der Scheitelpunkt erreicht ist. Und selbst beim Waldbrand in Lübtheen, bei dessen Bekämpfung wir geholfen haben, ließ sich die Lage besser abschätzen als jetzt. Es ist wie eine nicht greifbare Gefahr. Niemand kann in die Glaskugel schauen und wissen, wann sie gebannt ist“, sagt Göttsche. Nicht zuletzt springe das THW auch ein, wenn etwa die Feuerwehren aufgrund der Erkrankung von Kameraden personell geschwächt seien. „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zur örtlichen Wehr“, sagt der Ortsbeauftragte. Seit 1952 ist das Technische Hilfswerk auch in Bad Oldesloe stationiert. Es teilt sich auf in den Ortsstab, dem der Beauftragte und die Leiter der einzelnen Untergruppen angehören, dem Zugtrupp, der für die personelle Organisation zuständig ist. Dazu wiederum gehört der Bergungstrupp, der für die Rettung von Menschen und Tieren etwa Hochwasser zuständig ist, die Fachgruppe Sprengung, die ebenfalls in Gefahrenlagen eingreift sowie die Fachgruppen Logistik und Materialerhaltung. Zudem unterhält das THW Oldesloe eine eigene Jugendgruppe. Die Oldesloer Ortsgruppe besteht insgesamt aus 40 Mitgliedern im Alter zwischen 19 und 51 Jahren. Sie rekrutiert sich aus Fachleuten verschiedener Branchen wie etwa Schweißer, Logistiker, Techniker, Akademiker und Kfz-Meister. Als Allrounderdes THW gehören jeweils drei Mannschaftstransportwagen und Mannschaftslastwagen, Kipper, Gabelstapler, Ladekräne, Beleuchtungsanlagen, Stromaggregate, Schweißgeräte, Erdbohrgeräte, Zündmaschinen und zahlreiches Zubehör für die technische Instandhaltung der Fahrzeuge. Die Bergungsgruppe ist zudem mit Schneid- und Brennschneidern, Motorsägen, hydraulischen Hebern, Tauchpumpen, Krankentrage und anderem Material bestückt. Für die Hochwasserbekämpfung stehen unter anderem 1000 Sandsäcke nebst Füllhilfen zur Verfügung. Strategie zum Schutz der eigenen Teams: Um die Gesundheit seiner Mitstreiter möglichst zu erhalten, fährt Göttsche eine klare Einsatzstrategie. Er hat drei feste Teams gebildet, die untereinander niemals tauschen dürfen. „So verhindern wir, dass im Ernstfall der ganze Stab erkrankt und wir uns alle in Quarantäne begeben müssen“, erklärt er. Für den Fliesenlegermeister mit eigenem Betrieb, der seit 34 Jahren ehrenamtlich technische Hilfe leistet, wäre eine solche Situation auch ein wirtschaftliches Fiasko. Ablegen des Schutzanzugs will gelernt sein: Jeder Helfer ist zudem fünffach geimpft und trägt der Situation angemessene Schutzkleidung. „Einfache, selbst geschneiderte Masken haben wir dankenswerterweise vom Hof Wilken bekommen – sogar in der blauen THW-Farbe. Dazu tragen wir auch Handschuhe“, sagt Göttsche. Für akute Gefährdungslagen, wenn also ein Kontakt mit infizierten Personen zu erwarten ist, kommt das volle Programm zum Einsatz. Dazu gehören spezielle Schutzanzüge, an denen Handschuhe fest fixiert sind. Hineinzukommen ist schon eine vertrackte Sache, doch das Ausziehen umso mehr, da der Anzug aufgrund einer möglichen Kontamination nicht mit bloßen Händen angefasst werden darf. Ein Zweiter muss also beim Ablegen helfen. Da diese Aktion im Notfall schnell gehen muss, hat der Ortsbeauftragte die jungen THW-ler das Prozedere schon einmal üben lassen. Göttsche: „Wir haben bisher sehr viel Glück gehabt. Überhaupt kein Verständnis hat Göttsche für Verschwörungstheoretiker und selbst ernannte Experten, die propagieren, dass die Corona-Krise eigentlich keine sei und alles Schlimme nur herbeigeredet. „Wenn ich auf andere Länder schaue, auf Italien, wo die Leichen Lkw-weise weggeschafft und nicht einmal begraben werden dürfen, dann haben wir hier in Deutschland bisher sehr viel Glück gehabt“, sagt er. 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Corona - Das THW Bad Oldesloe bleibt in Alarmbereitschaft