Tier des Jahres: Der Fischotter kehrt nach Stormarn zurück

Er ist Meisterschwimmer, Pelzträger, Fischliebhaber und Tier des Jahres 2021: der Fischotter. Die Deutsche Wildtier Stiftung hat den Fischotter kürzlich zum Tier des Jahres 2021 gekürt, um auf diese ebenso gefährdete wie faszinierende Tierart aufmerksam machen. In Schleswig-Holstein ist die Marderart inzwischen wieder häufiger zu finden als im Rest der Republik. Dank vieler Rettungsmaßnahmen, Artenschutzprojekte und einer Spendenkampagne der Stiftung Naturschutz. Auch in den Gewässern Reinfelds und Nordstormarns fühlen sich die possierlichen Tierchen inzwischen wieder wohl. „Die Art war praktisch weg“: Braune Knopfaugen, kleine Öhrchen, dickes Fell – die knuffigen Fischotter sind einfach tierisch süß. Egal, ob sie noch klein oder schon ganz groß sind. Das weiß keiner besser als Arne Drews vom Landesamt für Landwirtschaft, Natur, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). Er ist zuständig für den Artenschutz in Schleswig-Holstein und seit fast drei Jahrzehnten dem Fischotter auf der Spur. Jahrelang hatte er an den fast 700 Kontrollpunkten im ganzen Land noch nicht einmal Spuren der bedrohten Marderart gefunden. „Das war sehr frustrierend, die Art war praktisch weg“, erinnert er sich. Umweltgifte haben die Tiere sterilisiert: Bis in die 1960er Jahre hinein wurden Fischotter sehr intensiv verfolgt, weil sie als Fischereischädling galten. „Parallel sind die Fließgewässerqualitäten in der Zeit schlechter geworden, und man hat DDT als Pflanzenschutzmittel und ganz viel PCB als Weichmacher eingesetzt, die sich in den Gewässern angereichert haben“, berichtet Otterexperte Drews. Die Gifte hätten die Fischotter steril werden lassen, sie hätten sich nicht mehr vermehren können. „Das Problem gab es in ganz Europa“, sagt Drews. Nur im Bayrischen Wald und im Schaalsee im Lauenburgischen habe es noch vereinzelt Tiere gegeben. Mitte der 90er Jahre dann die Überraschung: „An einer Tankstelle in Preetz haben wir nach vielen Jahren tatsächlich einen toten Fischotter gefunden. Das war der erste zaghafte Hinweis darauf, dass er zurückkehrt“, sagt Drews. Comeback des Fischotters: Das Comeback eines der in Europa am stärksten gefährdeten Säugetiere deutete sich dann Ende der 90er Jahre an. In diesen Zeiten entdeckte der passionierte Artenschützer immer häufiger die Hinterlassenschaften des Otters. Auch in Reinfeld und Nordstormarn hat Drews Kot und Pfotenabdrücke der scheuen Marderart gefunden. Zwischen Trave, Herrenteich und Heilsau ist der Fischotter wieder häufiger anzutreffen, weil dort gute Lebensbedingungen herrschen. Herrenteich und Zarpen: Otter im Straßenverkehr getötet: In Reinfeld und Umgebung gibt es aber ein großes Problem: Der Fischotter gerät hier öfter unter die Räder. „Nördlich des Herrenteiches verläuft ein kleiner Weg entlang (Schuhwiese, Anm. der Redaktion). An der kleinen, wenig befahrenen Straße sind schon zwei Fischotter überfahren worden“, berichtet Drews. Dort querten die Fischotter, weil an der Stelle ein Rohrdurchlass mit ziemlicher Strömung sei. Die Fischotter würden lieber den kleinen Buckel rauf auf die Straße gehen. Ebenso sei der Straßenverkehr mehreren Fischottern in Zarpen zum Verhängnis geworden. „Nordwestlich von Zarpen ist ein Fischteich. Die Au ist aber östlich von Zarpen, der Fischotter steigt aus der Au aus und marschiert irgendwo zwei Kilometer durch den Ort.“ Der Otter sei zwar sehr schnell, aber es sei ähnlich wie beim Igel: Man sehe ihn einfach zu spät, und er werde überfahren. Sie schwimmen nicht gern unter Brücken: Die Fischotter haben eine Eigenart: Sie schwimmen nicht gern unter Brücken hindurch. Stattdessen verlassen sie das Wasser und überqueren die Straße. „An der Trave sind viele Brücken und überall Fischottervorkommen, aber da haben wir keine Totfunde. Das liegt daran, dass die Trave tief eingeschnitten ist und die Brücken vergleichsweise hoch sind. Die Otter klettern nicht mehrere Meter auf die Straße hoch, sondern turnen seitlich am Ufersaum entlang, wo Erde und Schotter liegen“, erläutert der Experte. Gebe es kein Ufer, nehme er den Weg oben herum über die Brücke, und das sei oft sein sicherer Tod. Eine ottergerechte Gestaltung von Brücken sei deshalb notwendig. Arne Drews setzt sich für den Bau sogenannter „Berme“ ein. Das sind schmale Holzpfade, die der Otter nutzen kann, um trockenen Fußes unter der Brücke hindurchzulaufen. Fischotter rutschen im Schnee über Autos: Dass Fischotter bis ins hohe Alter extrem neugierig seien, das fasziniert Arne Drews immer wieder auf Neue. „Die hoppeln auch so putzig durch die Landschaft, turnen rum, spielen sehr viel und machen Schabernack, so wie Marder mit Autos.“ Fischotter rutschten im Winter mit Vorliebe Abhänge hinunter. „Am Schweriner See haben sie häufiger das Problem, da rutschen Fischotter im Schnee über Autos. Die springen hinten hoch, zerkratzen den Kofferraum, rutschen vorne runter oder gleich mit Schwung aufs nächste Auto“, erzählt der LLUR-Fachmann. Zwei Tierbabys aus Gully gerettet: Vor wenigen Wochen hat Arne Drews zwei Fischotterbabys das Leben gerettet. „Das war mitten in einem Wohngebiet in Eckernförde. Es fiepte aus einem Gully in der Straße, und zwar schon eine ganze Weile.“ Die Feuerwehr sei dann heruntergestiegen und habe zwei Fischotter gerettet. Es waren drei Wochen alte Babys, und der Mutter muss etwas passiert sein, dass sie nicht zu ihrem Nachwuchs zurückkehren konnte. „Die Augen waren sogar noch geschlossen. Die waren sehr, sehr niedlich.“ Aber auch so hilflos. Spendenfinanzierte Auffangstation: Drews brachte die beiden Fellknäuel zur Wildtierhilfe Fiel e.V. in Nordhastedt, Dithmarschen ( www.wildtierhilfefiel.de ). Dirk und Rosi Fußbahn betreiben die anerkannte Auffangstation für einheimische Wildtiere und Exoten, sie finanzieren sich nur durch Spenden, man kann auch Tierpatenschaften übernehmen. Das Ehepaar kümmerte sich rührend und legte die Tierbabys erst einmal in eine kleine Box auf eine Wärmeplatte. „Jetzt sind sie in einer großen, doppelten Pferdebox und danach geht’s ins Gehege mit Pool. Die Otterbabys sind super. Die fangen jetzt schon an, selbst zu fressen und bekommen nur noch zweimal am Tag die Flasche“, berichtet Dirk Fußbahn. Fischotter seien die verspieltesten Tiere, die er kenne. „Die spielen und toben wirklich den ganzen Tag miteinander.“ Wenn sie ein dreiviertel Jahr alt sind, werden die Otter wieder frei gelassen. Von Britta Matzen