US-Präsidentenwahl per E-Mail: Eine Stimme für Joe Biden aus Grabau

Am kommenden Dienstag haben die US-Amerikaner die Wahl, ob sie genug haben vom Republikaner Donald Trump und dem Demokraten Joe Biden ihr Vertrauen aussprechen, oder ob sie dem umstrittensten Präsidenten in der Geschichte der Vereinigen Staaten eine zweite Amtszeit ermöglichen. Die Stimme von Sabine Kösling-Schröder (59) aus Grabau wird Trump nicht bekommen, denn sie hat bereits gewählt – ganz einfach per E-Mail. Viele Jahre hat Sabine Kösling-Schröder als Stadtverordnete der FDP die Weichen für Bad Oldesloe mitgestellt, bevor sie 2006 zusammen mit ihrem Mann Rüdiger Schröder (64), den beiden Kindern und Hund Bounty nach Amerika auswanderte. In Wheaton, ganz in der Nähe von Chicago, hatte sich die Familie niedergelassen und schnell soziale Kontakte aufgebaut. 2015 beantragte Sabine Kösling-Schröder neben der deutschen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft, 2016 durfte sie zum ersten Mal wählen. Kompliziertes Wahlsystem in den USA: „Wer in den USA wählen möchte, muss sich als Wähler registrieren lassen“, erzählt die Deutsch-Amerikanerin, die ihre allererste Wählerstimme Hillary Clinton geschenkt hat, die vor vier Jahren für die Demokraten gegen Donald Trump angetreten ist. Sie hatte zwar rund drei Millionen Stimmen mehr auf sich vereinen können, aber durch das komplizierte Wahlsystem in den USA , in denen der Präsident nicht durch das Volk, sondern von sogenannten Wahlmännern gewählt wird, wurde Donald Trump dennoch Präsident von 330 000 Millionen Amerikanern. 2006 haben Rüdiger Schröder und Sabine Kösling-Schröder ihre Sachen gepackt und sind mit ihren zwei Kindern und Hund „Bounty“ nach Wheaton in die Nähe von Chicago gezogen. Der Grund: Rüdiger Schröder, ein Ziehkind der Hako-Werke, sollte Geschäftsführer der Hako-Tochter „Minuteman“ werden. Drei Jahre währte der Traum der Familie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dann kam der Schnitt, mit dem er niemals gerechnet hätte: Die Possehl-Gruppe hatte die Hako-Werke übernommen und trennte sich von allen älteren Geschäftsführern. Rüdiger Schröder wurde mitten in der größten Finanzkrise arbeitslos. Ein Jahr lang versuchter, als Ausländer einen Job in den USA zu finden, leider vergeblich. 2010 nahm er eine Stelle in Indien an. Die Familie blieb in den USA, schließlich waren beide Kinder noch mitten in der Schulausbildung. Die gemeinsame Zeit beschränkte sich auf wenige Wochen im Jahr. Inzwischen sind die Kinder aus dem Haus und Sabine Kösling-Schröder bereitete gerade ihren Umzug nach Indien vor, als Corona kam und alle Pläne durchkreuzte. Seit April sind beide in Grabau vereint. Wie es weitergeht, wissen sie noch nicht. Rüdiger Schröder, der derzeit im Homeoffice für ein kanadisches Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen nach Indien arbeitet, hat inzwischen ein Besuchervisum erhalten. An ein Visum für seine Ehefrau ist wegen der aktuellen Corona-Pandemie aber noch nicht zu denken. „Ich habe bei der Wahl natürlich auch die Berichterstattung in Deutschland verfolgt. Was hier immer unterschätzt wurde: Die meisten Amerikaner mögen Hillary Clinton überhaupt nicht. In Deutschland hat kaum jemand damit gerechnet, dass sie nicht gewinnen würde, mein Bauchgefühl hat mir etwas anderes gesagt. Leider ist es ja auch so gekommen“, erzählt die 59-Jährige, die nun darauf hofft, dass die Ära Trump nicht um weitere vier Jahre verlängert wird. Ihre Stimme für die Wahl, die immer „am ersten Dienstag nach dem ersten Montag im November“ stattfindet, hat bereits Joe Biden bekommen – von Grabau aus. Präsidentenwahl per E-Mail: Das Verfahren dafür war einfach: Da sie sich bereits 2016 ins Wahlregister aufnehmen ließ, konnte sie auf der Internetseite ihres Wahlbezirks die Wahlunterlagen beantragen und ausdrucken. „Diese habe ich ausgefüllt und als Brief an meinem Wahlbezirk geschickt. Am 19. September wurde mir per Mail der Wahlschein mit Instruktionen zugeschickt, den ich per Mail zurückschicken konnte. Am 30. September kam die Nachricht, dass alles ordnungsgemäß angekommen ist. Es war alles perfekt vorbereitet. Diese Wahlmöglichkeit soll auf jeden Fall sicher sein“, erzählt Sabine Kösling-Schröder, die vor einem Jahr in Grabau auf dem Hof ihrer Eltern gestrandet ist. Zuerst hatte sie in Grabau ihrer Mutter nach Krankheit unter die Arme gegriffen, dann den eigenen Umzug von Wheaton nach Indien vorbereitet. Im April kam auch Ehemann Rüdiger, der seit zehn Jahren in Indien arbeitet, zu einem Besuch nach Grabau. Und dann kamen Corona und der erste Lockdown, der eine Rückreise nach Indien unmöglich machte. „Weil auch in Indien die meisten Büros schließen mussten, blieb nur das Homeoffice. Dabei ist es dann auch egal, ob man in Indien oder in Grabau arbeitet“, erzählt Rüdiger Schröder, der inzwischen für ein kanadisches Unternehmen in Indien tätig ist. Weil sein Aufenthalt in den USA zu kurz war, konnte er kein amerikanischer Staatsbürger werden. Die USA – ein gespaltenes Land: Wie seine Ehefrau aber kennt er die USA und weiß, wie sehr sich das Land verändert hat: „Es gibt in den USA Tabuthemen, über die man besser nicht diskutieren sollte. Politik und Religion gehören auf jeden Fall dazu. Entweder ist man Demokrat oder Republikaner, je nach Religion für oder gegen Abtreibung. Dazwischen gibt es nichts und keiner bewegt sich auf den anderen zu.“ Das sieht Sabine Kösling-Schröder ähnlich: „Als junges Mädchen bin ich hier in Deutschland für Frauenrechte eingetreten. Jetzt bin ich 59 Jahre alt und musste es in Amerika wieder tun. Da hinkt Amerika hinter uns her. Seit Trump hat auch der Rassismus zugenommen und der Spalt in der Gesellschaft ist noch tiefer geworden.“ Erste Wahlergebnisse am Mittwochmorgen: Die Rhetorik von Donald Trump, der von vielen rechtsgerichteten Gruppierungen unterstützt wird, hält Sabine Kösling-Schröder für sehr gefährlich. Deshalb schließt sie bei einer Wahlniederlage Gewalt und Ausschreitungen nicht aus. Die Ergebnisse der Wahl werden sie und ihr Mann wegen der Zeitverschiebung erst am Mittwochmorgen verfolgen können. Ihr Wunsch an und für die Amerikaner: „Ich hoffe, dass sie Biden wählen und dass Trump haushoch verliert. Das Wahlergebnis muss eindeutig sein.“ Lesen Sie auch Zweiter Lockdown: Stormarner Gastro-Szene zwischen Angst und Hoffnung Von Petra Dreu