Verkaufsverbot Böller: Das sagen Stormarner Ärzte, Zoll, Tierschützer

Wird der Jahreswechsel in Stormarn weitgehend still verlaufen? Oder zucken trotz des Verkaufsverbots von Feuerwerkskörpern Blitze über den Himmel und verglimmen qualmend in der Nacht? Das bleibt abzuwarten, denn untersagt ist das Zünden von Böllern und Raketen – anders als zum Beispiel in Lübeck und Hamburg – tatsächlich nicht. Wer also noch alte Bestände vom Vorjahr im Keller hat, darf sie theoretisch auch abbrennen. Denn mit dem Silvester-Erlass bezweckt das Land Schleswig-Holstein lediglich, die kollektive Silvesterparty im Wohngebiet zu vereiteln, da sie einen erneuten Anstieg der Corona-Infektion zur Folge haben könnte. Asklepios-Klinik begrüßt Verkaufsverbot: Das ist auch die Sorge, die gegenwärtig das medizinische Personal in den Stormarner Krankenhäusern umtreibt. Michael Schwitzer, Leiter der Notaufnahme in der Oldesloer Asklepios-Klinik etwa sagt, dass es nicht die zu erwartenden Verletzungen durch unsachgemäßen Umgang mit Pyrotechnik sind, die den Krankenhausbetrieb belasten könnte. „In den vergangenen Jahren hatten wir in der Silvesternacht dadurch jedenfalls kein erhöhtes Patientenaufkommen. Dennoch ist ein Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern in Corona-Zeiten hilfreich. Denn jede größere Menschenansammlung, bei der die Abstandsregeln womöglich nicht eingehalten werden können, kann zu einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen führen. Das gilt es zu vermeiden“, erläutert der Oberarzt Innere Medizin. Problematisch sei es zusätzlich, wenn bei solchen Gelegenheiten Alkohol konsumiert werde. Denn dieser schwäche das Immunsystem erheblich und wirke enthemmend, so dass der gute Vorsatz, den Abstand von 1,50 Meter zu halten, allzu leicht über Bord geworfen werde. Pyrotechnischer Handel beklagt Umsatzausfall: Stocksauer dagegen reagieren Vertreter der Branche, die sich auf den Verkauf von Pyrotechnik spezialisiert hat. Aus dem Traditionsunternehmen Nico in Trittau etwa gab es keine Stellungnahme zur aktuellen Lage. Zu viele Desinformationen seien in Umlauf gebracht worden und hätten dem Geschäft geschadet, hieß es aus dem Hause. Eingehender äußerte sich dagegen Klaus Gotzen, Geschäftsführer des Verbandes der pyrotechnischen Industrie. „95 Prozent unseres Jahresumsatzes wird für diesen einen Tag erwirtschaftet. Das Verkaufsverbot ist schon ein Riesenproblem und es bleibt abzuwarten, wie Firmen damit zurechtkommen. Wir hoffen ja auf Hilfeleistungen“, sagt er. Tierschützer hätten sich Böllerverbot gewünscht: Einigen Stormarnern geht das für Silvester erlassene Verbot dagegen nicht weit genug. So hatten Tierschützer zunächst gehofft, dass die Knallerei im Corona-Jahr womöglich komplett gestrichen würde. „Grundsätzlich gehöre ich nicht zu den Leuten, die anderen etwas verbieten wollen. Wenn es um schöne Lichteffekte gehen würde, hätte ich volles Verständnis. Aber die Knallerei ist so sinnlos“, sagt Heike Reher, Vorsitzende des Oldesloer Tierschutzvereins. Der Krach beim Zünden von Böllern und Raketen stelle eine unnütze Belastung dar. „Die Pharmaindustrie hat sich schon darauf eingestellt und verkauft teure Präparate, die den Tieren schon Tage vor Silvester verabreicht werden müssen, damit sie die Situation einigermaßen gut überstehen“, berichtet Reher. Den Schützlingen, die zurzeit in der Oldesloer Auffangstation im Anna-Heitmann-Weg untergebracht sind, ergehe es nicht anders. Vom Hamster bis zur ausgewachsenen Bulldogge – sie alle bekämen seit Tagen schon Rescue-Tropfen ins Trinkwasser. Vorsorglich hätten sich auch ehrenamtliche Helfer gemeldet, die den Tieren während der Knallerei Gesellschaft leisteten. Dann seien sie in der Regel ruhiger. 34 Kilo Pyrotechnik auf der A 1 beschlagnahmt: Ein konsequenteres Vorgehen seitens des Gesetzgebers hätte sich auch der Zoll gewünscht, wenn auch aus anderem Grund als die Tierschützer. Denn das Verkaufsverbot sicherheitstechnisch geprüfter Ware hat den Umsatz illegaler Feuerwerkskörper offensichtlich beflügelt. Wie Claus-Peter Minkwitz, Sprecher des Hauptzollamtes in Kiel berichtet, seien den Fahndern schon etliche Transporte hochgefährlicher Böller ins Netz gegangen. So wurden bundesweit einige Tonnen, zum Teil sogar im Postversand, sichergestellt. In Stormarn stoppten Zollbeamte einer Lübecker Kontrolleinheit bei einer routinemäßigen Stichprobe einen Wagen auf der A 1. Der 23-jährige Fahrer hatte beteuert, weder Waffen oder Drogen noch sonst etwas Illegales an Bord zu haben. Im Kofferraum lagerten indes 34 Kilogramm Pyrotechnik aus Polen. Auf dem Rastplatz Buddikate war dann Schluss mit der heißen Fracht. Der Kampfmittelräumdienst musste herbeigerufen werden, um sie zu entsorgen. Riskante Transporte mit gefährlichem Sprengstoff: Denn ungefährlich sei ein laienhafter Transport keineswegs, wie Minkwitz schildert. „Es braucht nur ein Unfall passieren. Jemand fährt hinten ins Auto. Ein Funke genügt und das Ganze fliegt hoch. Da braucht man sich nicht auszumalen, was dann passiert. Das Knalltrauma dürfte der geringste Schaden sein“, sagt der Zollsprecher. Denn nicht zugelassene Pyrotechnik sei in allen Variationen und Mengen erhältlich, äußerst gefährlich und mit extremen Risiken verbunden. Selbst bei korrekter Anwendung könnten diese Feuerwerkskörper aufgrund der mangelhaften Verarbeitung und des unbekannten Explosivstoffs und der verwendeten Menge zu schlimmen Verletzungen wie Verbrennungen, Verlust von Gliedmaßen und Augenlicht oder zu Verätzungen führen. Von Dorothea von Dahlen