Wegen Corona: Ordnungsamt schließt „Pareibo“-Geschäft in Bad Oldesloe

Das Ordnungsamt der Stadt Bad Oldesloe hat völlig überraschend eine kurzfristige Schließung des Schreibwarengeschäfts „Pareibo“ in der Hindenburgstraße angeordnet. Am Silvestermorgen war das Geschäft plötzlich dicht. Das Betreiberehepaar Nadine und Patrick Reiher hat einen Aushang an die Ladentür geklebt, um ihre Kunden über den Vorfall zu informieren. „Liebe Kunden, uns wurde vom Ordnungsamt der Stadt Bad Oldesloe auferlegt, unser Geschäft zu schließen. Schlussendlich lässt uns das Ordnungsamt nur die Möglichkeit, dass Sie liebe Kunden, vorher bei uns anrufen und wir Ihnen dann die bestellte Ware aushändigen. Das ist jedoch erst ab Montag 8.00 Uhr möglich. Bitte helfen Sie uns, diese schwierige Zeit zu überstehen. Vielen Dank. Ihr Pareibo-Team.“ Im Weihnachtsgeschäft hatte „Pareibo“ noch ganz regulären Betrieb. Als Zeitschriftenhandel und Poststelle durfte das Geschäft trotz des derzeit geltenden Lockdowns öffnen. Doch kurz vor Silvester ordnete das Ordnungsamt plötzlich an, dass Schreibwaren, Glückwunschkarten und Ähnliches nicht mehr verkauft werden dürfen. Darüber wunderten sich nicht nur die Betreiber. FDP: „Ein Vorgang, der Fragen offen lässt“: „Ein Vorgang, der Fragen offen lässt“, macht die Oldesloer FDP-Fraktion deutlich. Die seit dem 16. Dezember 2020 gültige Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus schreibe eindeutig vor, welche Einzelhandelsgeschäfte geöffnet bleiben dürfen, und welche nicht. Für Geschäfte mit Mischsortimenten sei vorgesehen, dass über 50 Prozent des Sortiments unter die Kategorie der erlaubten Artikel fallen müssen. FDP-Fraktionsvorsitzende und Landtagsabgeordnete Anita Klahn erklärt dazu:„Ich unterstelle mal, dass ,Pareibo’ mit Zeitschriften und dem Paketdienst den Hauptumsatz macht. Alles andere ist nur nebenbei.“ Falls dies nicht der Fall sei, wäre eine Schließungsverfügung durch das Ordnungsamt bereits am 16. Dezember angezeigt gewesen, und nicht erst zwei Wochen später. Sortimente müssen nicht abgehängt werden: Auf vollkommenes Unverständnis bei der Liberalen stößt die Tatsache, dass zwischenzeitlich vom Ordnungsamt eine Abdeckung bestimmter Sortimentsteile verfügt wurde. Anita Klahn: „Der Punkt ist: Die Verordnung gibt es nicht her, dass die anderen Sortimentsteile abgehängt werden müssen. Das war beim ersten Lockdown so. Aber diesmal haben wir in Kiel deutlich gesagt: Entweder ist auf, und dann kann auch alles verkauft werden, was man im Angebot hat. Oder es ist geschlossen.“ Sonst müsse man draußen auf der grünen Wiese auch die Supermärkte anweisen, bestimmte Sortimentsteile abzudecken. An dem Gespräch mit Wirtschaftsminister Bernd Buchholz habe sie persönlich teilgenommen, als er sagte, dass das nicht umsetz- und nicht nachvollziehbar sei, sagt die FDP-Landtagsabgeordnete. „Deswegen gibt es diesmal im Lockdown auch keine halben Sachen.“ „Ordnungsamt hat eigenwillige Auffassung“: Es seien, so Klahn weiter, auch keine weitergehenden allgemeinen Verfügungen des Kreises oder der Stadt bekannt, die eine Schließung von grundsätzlich zugelassenen Einzelhandelsgeschäften aus anderen Gründen zuließen. „Das Oldesloer Ordnungsamt hat eine eigenwillige Auffassung der Verordnung, würde ich sagen.“ Weitere Fälle seien ihr bekannt, bei denen Geschäfte Teile des Sortiments abhängen mussten – etwa bei ’Mäc Geiz’ oder bei ’Presen-tee’. Nach Klahns Dafürhalten müssten sich die betroffenen Geschäftsinhaber zusammentun und gemeinsam agieren. „Denn so geht das ja nicht. Mit solchen Instrumenten können wir doch nicht unsere städtischen Einzelhändler drangsalieren.“ Anfrage an Bürgermeister Lembke: Die FDP-Stadtfraktion Bad Oldesloe hat jetzt eine Anfrage an Bürgermeister Jörg Lembke zur Schließung von „Pareibo“ gerichtet. Darin heißt es: „Für Geschäfte mit Mischsortimenten ist vorgesehen, dass über 50 Prozent des Sortiments unter die Kategorie der erlaubten Artikel fallen müssen. Bei ’Pareibo’ wären dies der Zeitschriftenhandel und die Poststelle. Wir bitten Sie daher zu beantworten, ob und mit welchem Ergebnis geprüft wurde, welche Produkte bei ’Pareibo’ über 50 Prozent des Sortiments ausmachen.“ Des Weiteren bittet die FDP den Bürgermeister, darzustellen, auf welcher Rechtsgrundlage das Ordnungsamt eine Abdeckung bestimmter Sortimentsteile bei „Pareibo“ verfügt habe. Die Stadtpolitiker wollen zudem Aufklärung darüber, in welcher Form die Inhaber informiert wurden. „Uns ist gesagt worden, dass sie noch nicht mal eine schriftliche Verfügung bekommen haben, sondern dass alles mündlich gelaufen ist“, teilt Anita Klahn mit. Bei der Wirtschaftsvereinigung wächst der Unmut: Angesichts des Infektionsgeschehens und der Existenznot vieler Unternehmer sei die Stimmung in der Oldesloer Innenstadt gedrückt, hat Nicole Brandstetter, Vorsitzende Wirtschaftsvereinigung Bad Oldesloe, beobachtet. „Der Unmut unter den Gewerbetreibenden wächst. Viele Unternehmer, aber auch Bürger, beklagen zudem eine Willkür bei der Kontrolle der umzusetzenden Maßnahmen, die sie als nicht unterstützend für den Handel empfinden. Dabei sind es oftmals nicht die Maßnahmen selbst, die auf Kritik stoßen, sondern vielmehr die Art und Weise der Umsetzung, bei der fehlende Empathie beklagt wird“, so Brandstetter. Grundsätzlich müsse gelten, dass Prüfungen sorgsam durchgeführt würden und nicht per Schnellschuss mündlich ein Geschäftsbetrieb erlaubt oder untersagt werde, und diese Entscheidung dann womöglich kurze Zeit später wieder zurückgenommen werden müsse. „Um die Akzeptanz für die Maßnahmen zu erhöhen, ist es wichtig, dass sichergestellt ist, dass bei der Prüfung aller Geschäfte die gleichen Maßstäbe angesetzt werden. Alles andere verstehen weder Gewerbetreibende noch Bürger“, betont die Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung. Lesen Sie auch Nach Großbrand in Großhansdorf: Identität von toter Seniorin bestätigt Lübeck: Tödliche Schüsse am Stadtpark: LN-Leser diskutieren über Notwehr Impfung gegen Corona in SH: So viele Menschen wurden bereits geimpft Virus-Experten Rupp und Fickenscher: So geht es 2021 mit Corona weiter Augenmaß, Rücksicht und Respekt: „Dass sich der Lockdown weiter verlängert, ist nicht auszuschließen. Das wird weitere Unternehmer-Existenzen in Bad Oldesloe bedrohen.“ Daher sei es jetzt für alle Beteiligten wichtig, mit Augenmaß zu handeln und einen Umgang zwischen Verwaltung und Unternehmern zu finden, der von Transparenz, guter Kommunikation und vor allem Rücksicht und Respekt geprägt sei. Brandstetter sagte weiter: „Sonst können wir den Einzelhandel und die Gastronomie in Bad Oldesloe zu Grabe tragen. Und damit stirbt auch unsere Innenstadt.“ Hinsichtlich des Ladengeschäfts „Pareibo“ befinde man sich noch in einem laufenden Verfahren, heißt es aus der Stadtverwaltung Bad Oldesloe. Eine Stellungnahme dazu soll am Dienstag erfolgen. Von Britta Matzen