Weinlese in Delingsdorf: Erster Wein aus Stormarn kommt 2021

Die Guten ins Kistchen, die Schlechten auch, allerdings in eine andere Kiste: Ehe am Mittwoch die Weinlese für den „Schatoh Feldmark“ in Delingsdorf begann, wiesen die Herren des Weinbergs, Jörn Andresen und Leon Zijlstra, rund 50 freiwillige Helfer in die Kunst der Weinlese ein. „Solaris“ heißt die Sorte, die jetzt reif ist, und Andresen und Zijlstra hatten spontan zur Lese geladen, ehe der Regen kommt. Erstes Weingut in Stormarn: Ein Weinberg ist nicht unbedingt das, woran man in Norddeutschland als erstes denkt, aber das hat die beiden Männer nicht davon abgehalten, den Weinanbau zu wagen. Andresen führt in dritter Generation eine Baumschule in Bargteheide, Leon Zijlstra hat internationale Weinwirtschaft studiert. Gemeinsam arbeiten sie seit 2017 an dem edlen Tropfen, den sie im Mai 2021 erstmals in größerer Auflage verkaufen wollen. Die Idee entstand, als 2016 das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung für Schleswig-Holstein fünf Hektar Pflanzrechte als Rebfläche ausschrieb. Die beiden Pioniere bewarben sich, bekamen den Zuschlag, und so entstand mit dem „Schatoh Feldmark“ das erste Weingut Stormarns. Wespenfraß hat zehn Prozent Trauben zerstört: Die Genehmigung zum Anbau haben die Winzer für 3,3 Hektar Weinanbaufläche bekommen – so kann die genutzte Anbaufläche irgendwann noch erweitert werden. Nach Bodenuntersuchungen, die positiv ausfielen, ist die Anbaufläche derzeit 1,7 Hektar groß, auf der rund 7000 Pflanzen wachsen, vor allem „Solaris“, aber auch „Riesel“, „Johanniter“ und „Muscaris“. Letztere brauchen noch bis Anfang Oktober, um die Säure abzubauen, aber „Solaris“ ist erntereif. „Für sie wird es höchste Zeit“, meint Leon Zijlsta. „Der Oechsle-Gehalt dürfte jetzt bei 85 bis 87 liegen.“ Die Oechsle geben die Süße an und damit auch den späteren Alkoholgehalt. Andresen und Zijlstra verteilen kleine Speziel-Scheren, ehe die Ernte beginnt, und weisen darauf hin, dass ihnen da schon jemand zuvor gekommen ist. „In diesem Jahr gab es sehr viel Wespenfraß“, erklärt Andresen, der schätzt, dass etwa zehn bis 15 Prozent der Trauben davon betroffen sind. Die gierigen Biester haben Löcher in den Beeren hinterlassen, die daraufhin schwarz angelaufen sind. Für den Wein sind sie nicht mehr zu gebrauchen. „Anfang des Jahres hatten wir gegen Spätfrost zu kämpfen, und dann ist auch noch Mehltau ausgebrochen“, zählt Andresen die Reihe der Unglücke auf. Eigentlich gilt die „Solaris“ als pilzresistent, aber da Mehltau die Sonne liebe und es ein heißes Jahr war, hat er auch den Weg in den Norden gefunden. „Mehltau erkennt man an den weißen Spuren am Stiel“, sagt Andresen. „Bekämpft haben wir den Mehltau mit Backpulver, und das hat grüne Flecken hinterlassen.“ Gleichwohl konnte das Übel rechtzeitig gestoppt werden, und so rechnet Andresen in diesem Jahr mit 2,5 bis drei Tonnen Ertrag. Im Mai kommt der Wein: „Die Trauben werden über Nacht in der Baumschule gelagert und am Morgen dann nach Holland gefahren, wo eine Kellerei die Trauben verarbeitet.“ Die ist auf Kleinbetriebe spezialisiert und lässt die Delingsdorfer Reben in einem Weinfass reifen, ehe sie als Wein in Flaschen gefüllt und zurück nach Stormarn gebracht werden. „Verkauft wird der „Schatoh Feldmark“ dann in unserem Betrieb in Bargteheide“, kündigt Andresen an. In den Vorjahren hatte die Traube nur für wenige Flaschen und zum „Federweißen“ gereicht, denn es dauert mehrere Jahre, bis der erste gute Wein entstehen kann. Doch vorher müssen die Früchte geerntet werden. Hossein Safa ist mit Frau, Sohn und dessen Freundin dabei und hilft dabei, die Schutznetze abzunehmen. „Wir sind seit Jahren mit Leon Zijlstra befreundet und waren schon dabei, als die Reben gepflanzt wurden“, erzählt er. Es sei ein Freundschaftsdienst, und es mache Spaß. Solaris ist eine Neuzüchtung aus dem Jahr 2004 und gilt als krankheits- und pilzresistent. Deshalb wird die Rebsorte vor allem in Nordeuropa angebaut. Sie ist früh reif und bildet viel Zucker. Daher findet man sie in in Dänemark, Schweden, Norwegen oder Belgien. Quelle: falstaff.de Viele Helfer sind Freunde, Bekannte, Freiwillige, die mit Körben und Schubkarren gekommen sind, und alle sind sie Weinliebhaber. Die norddeutschen Weinbauern haben das Gelände nach Namen aufgeteilt, und bald sind alle dabei, die Trauben zu ernten. „Wenn man nicht genau weiß, ob die Trauben reif sind, kann man sie probieren“, raten Zijlstra und Andresen. „Die Wespen sind mittlerweile verschwunden.“ Am Schluss kamen 4253 Kilogramm Trauben zusammen, das entspricht 3180 Flaschen Wein. Von Bettina Albrod