„Blue Moon of Kentucky“: So dreht man einen nachhaltigen Film

Elvis lebt – zumindest in Gestalt von Pat, Red und Ted. Sie nennen sich „Kentucky Chickens“ und haben als Rockabilly-Band früher die Läden gerockt. Jetzt sind sie in die Jahre gekommen, ihr Revival lief mäßig, und beim Drink danach beschließen sie, noch mal die Revoluzzerzeiten aufleben zu lassen. Aber das ist nicht so einfach, wenn man Rücken und Knie hat – nur die Zuschauer des Kurzfilms „Blue Moon of Kentucky“ haben dabei Spaß. Kein Plastik, keine Generatoren, wenig Reisen: „Der Film von Josef Brandl ist sehr lustig und originell“, sagt Rike Steyer, die ihn mit ihrer Hamburger Firma Skalar Film GmbH produziert hat. Vier Tage lang wurde in Hamburg gedreht, und zwar „grün“. Dabei geht es um Nachhaltigkeit, CO2 -Ausstoß und um ökologisches Produzieren. „Beim grünen Drehen achtet man zum Beispiel darauf, möglichst wenig Strom zu verbrauchen, umweltfreundliche Fahrzeuge einzusetzen, wenig zu reisen, kein Plastikgeschirr zu benutzen, regional zu kochen oder Kostüme und Requisiten möglichst auszuleihen und nicht nach Gebrauch zu vernichten.“ Da fast alle aus dem Team aus der Region kamen, sei das Reisen bei „Blue Moon of Kentucky“ kein Thema gewesen, erzählt Rike Steyer. Bei den meisten Einstellungen konnten auch vorhandene Stromanschlüsse genutzt werden. „Nur bei der Abendszene an einer stillgelegten Tankstelle mussten wir dann doch einen Generator benutzen, weil es keinen Starkstromanschluss gab“, sagt Rike Steyer. Am Ende musste die CO2-Bilanz ausgewiesen werden. Nordische Filmtage 2020: So schauen Sie einen Film online Das sind die Spielfilm-Favoriten der LN-Redakteure Alle aktuellen Berichte zu den Nordischen Filmtagen Lübeck lesen Sie hier „Grün“ ist Voraussetzung für eine Filmförderung: Gedreht wurde „Blue Moon of Kentucky“ bereits 2018. Die Produzentin hatte sich freiwillig dafür entschieden, beim Drehen auf Nachhaltigkeit zu achten. Inzwischen ist der „Grüne Drehpass“ eine Voraussetzung, damit eine Produktion von der Filmförderung Schleswig-Holstein unterstützt wird. „Ich wollte es einfach ausprobieren und Erfahrungen sammeln für weitere Produktionen“, sagt Rike Steyer, der das Thema ohnehin sehr am Herzen liegt. Derzeit nimmt sie an einem Online-Seminar zum „Green Shooting“ teil. „Grüne Filme“ sind nicht automatisch teurer: Dass „grünes Drehen“ einen Film teurer mache, sei ein Trugschluss, sagt Rike Steyer. Wer sparen müsse, achte sowie darauf, nicht zu viel Geld für Luxus auszugeben. „Blue Moon of Kentucky“ dauert nur zwölf Minuten und hat 80 000 Euro gekostet. Geld, das man kaum wieder einspielen kann. „Solche Filme sind gut fürs Renommee, sie laufen auf Festivals und sind gute Referenzen für junge Regisseure“, erklärt Rike Steyer. Der Film sei aber wegen Corona überhaupt noch nicht vor Publikum gelaufen. Sehr gerne hätte sie ihn persönlich bei den Nordischen Filmtagen in Lübeck vorgestellt, die sie noch aus ihrer Jugend kennt und als Produzentin fast jedes Jahr besucht hat. Rike Steyer ist in Lübeck aufgewachsen: Geboren in Kalifornien, kam Rike Steyer mit zwei Jahren nach Lübeck. Nach ihrem Abitur 2001 am Johanneum in Lübeck ging sie nach Rostock, um BWL zu studieren. „Aber meine Leidenschaft galt schon immer dem Film“, erzählt die 37-Jährige. Sie absolvierte während des Studiums Praktika sowie einen vierwöchigen Filmkurs an der New York Film Academy in Los Angeles. 2006 schloss sie ihr BWL-Studium ab. In Potsdam-Babelsberg brachte sie ein Praktikum bei „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ ihrem Traumberuf näher. Nach einem Aufbaustudium an der Hamburg Media School im Fach Filmproduktion und mehreren freien Jobs entschied sie sich, selbst eine Produktionsfirma zu gründen. Der nächste Film wird wieder „grün“: 14 Filme hat sie inzwischen produziert. Im kommenden Jahr soll der Kinofilm „Wir bleiben in der Nähe“ entstehen. „Eine melancholische Komödie, die wir selbstverständlich dann mit noch mehr Erfahrungen grün drehen“, sagt Rike Steyer. Lesen Sie auch: Festival-Blogger trotz Corona für die Filmtage in Lübeck im Einsatz Nordische Filmtage online: „Das Kino-Herz blutet“ Nordische Filmtage blicken auf die Zeit vor dem Mauerfall Von Petra Haase