Coprona: Kolumne zeitvertreib

Das Fahrrad stammt noch aus D-Mark-Zeiten, also aus früheren Jahren ungefähr gleich nach der Währungsreform. Lange her. Es ist blau und hat weiße Reifen. Es war nicht teuer und hat Gänge für alle Gelegenheiten. Also einen für Rückenwind, einen für Gegenwind und einen für gar keinen Wind. Als mal eine neue Speiche nötig war, guckte es die Chefin im Fahrradladen an, wie ein Cowboy sein krankes Pferd anguckt, bevor er den Colt zieht und sagt: „Tut mir leid, Rosinante“ oder wie Pferde im Wilden Westen auch immer heißen mögen. Es fährt immer noch: Das Rad jedenfalls ist nichts im Vergleich mit den atomgetriebenen Carbonsensationen aus dem Nasa-Labor, die über die Landstraßen zischen. Es ist eher der Nordmende-Fernseher unter den Rädern, und wenn man lange genug sucht, gibt’s das sicher auch irgendwo in Nussbaumfurnier. Aber was soll man sagen, es fährt immer noch und trägt einen durchs Lauenburgische. Am Kanal entlang, die Hügel hinauf, von Groß Grönau bis Zarrentin. Natürlich braucht das seine Zeit, drei Gänge sind drei Gänge. Und tückisch ist es, wenn man anfangs Rückenwind hat oder an Weggabelungen die falsche Entscheidung trifft. Kalifornien an der Ostsee: Da ist es beim Radfahren wie im wahren Leben, es rächt sich beizeiten. Man muss ja eben auch immer wieder zurück. Und nicht jeder denkt wie die Kanzlerin die Dinge vom Ende her. Auf jeden Fall ist das jetzt eine großartige Zeit, durch die Gegend zu gondeln, links der Raps, rechts die Kirschbäume, oben ein blauer Himmel, als hätten sie Kalifornien an die Ostsee verlegt. Und das Großartigste ist, wenn man hinterher geduscht und völlig fertig im Sessel sitzt. Alle Kolumnen lesen Sie hier Von Peter Intelmann

Kolumne Zeitvertreib - Raps links, Kirschen rechts