Eric Clapton wird 75 Jahre alt

Wenn es einen Song gibt, der den Stellenwert des Gitarristen Eric Clapton unterstreicht, dann ist das „While My Guitar Gently Wheeps“ von den Beatles. Als George Harrison seine Komposition 1968 den restlichen Fab Four erstmals vorspielte, waren John Lennon und Paul McCartney nicht sehr begeistert. Aber dann bat Harrison seinen Freund Clapton, für die Aufnahme Gitarre zu spielen. Clapton selbst war unsicher und sagte: „Auf einer Beatles-Platte hat noch nie jemand anders mitgespielt.“ Aber mit seinem Solo auf einer 1957er Gibson Les Paul sollte er Rockgeschichte schreiben. Jetzt wird er am Montag 75 Jahre alt. Wegen der Corona-Krise verschiebt Eric Clapton seine Europa-Tournee und damit auch seine drei Konzerte in Deutschland. Ursprünglich sollte er am 31. Mai in München auftreten und danach in Stuttgart und Düsseldorf. Jetzt sollen seine Auftritte ein Jahr später stattfinden. Claptons Auftritt in München soll nun auf den 21. Mai 2021 verschoben werden, in Stuttgart wird er am 6. Juni und in Düsseldorf am 8. Juni 2021 auf der Bühne stehen. Die Tickets behalten ihre Gültigkeit. Seine Fans nennen ihn Slowhand. Den Namen hatte er vom Manager des Crawdaddy-Clubs, Giorgio Gomelsky, weil der Yardbirds-Gitarrist zu lange brauchte, um auf der Bühne eine neue Saite aufzuziehen. Auf der Suche nach dem authentischen Blues landete der 20-Jährige aus dem südenglischen Dorf Ripley anschließend bei John Mayall. Das Album „The Bluesbreakers With Eric Clapton” (1966) gilt als Geburtsstunde der modernen Rockgitarre. Keith Richards hatte auf „Satisfaction” zwar auch schon mit verzerrten Sounds gearbeitet, aber noch im Sinne eines Klangeffektes, der der Musik eine besondere Note verpassen sollte. Eric Clapton hingegen setzte den Verzerrer als Standardsound ein und kreierte damit einen völlig neuen Stil, der auch aus heutiger Sicht noch modern klingt. Cream ebnete den Weg für Hardrock: Noch progressiver klang das Trio Cream mit Eric Clapton an der Gitarre und den inzwischen verstorbenen Jack Bruce am Bass und Ginger Baker am Schlagzeug. Die erste Supergroup der Rockgeschichte leitete Mitte der Sechziger nicht nur ein frühes Blues-Revival ein, sie legte auch den Grundstein für den Hardrock. 1967 stürmten die exzeptionellen Musiker mit ihrem kraftvollen Bluesrock die weltweiten Charts. Sie wurden mit 35 Millionen verkauften Platten zeitweise zum ertragreichsten Ensemble des Musikgeschäfts. Der Titel „Crossroads“ aus der Feder des farbigen US-Bluesgitarristen Robert Johnson war in der Version von Cream um ein Vielfaches erfolgreicher als alle Johnson-Platten zusammen. Wegen des gigantischen kommerziellen Erfolges ist Cream bis heute die vielleicht wichtigste Station in der langen Karriere Claptons. Ohne ohne ihn, Baker und Bruce wären Bands wie Led Zeppelin und Deep Purple kaum denkbar gewesen. Auf Dauer schien es aber unmöglich, drei derart talentierte und heißblütige Solisten fest aneinander zu binden, und so versuchte Clapton 1969 mit Blind Faith eine neue Supergruppe zu installieren. Er blieb damit erfolglos. Drogen und biederes Solodebüt: Anfang des neuen Jahrzehnts war der umtriebige Gitarrist ausgebrannt. Seine Heroinabhängigkeit setzte ihm schwer zu, die wechselnden musikalischen Projekte aus dieser Zeit wie Delaney & Bonnie & Friends oder Derek & The Dominos gehörten nicht eben zu seinen stärksten. Auch das Solodebüt „Clapton“ (1970) geriet zu einer eher biederen Angelegenheit. Beim legendären Konzert für Bangladesch 1971 stand neben Bob Dylan und George Harrison ein merkwürdig müder und uninspirierter „Gitarrengott“ auf der Bühne. Trotz des rapide steigenden Konsums von Drogen und Alkohol gelangen ihm in den Siebzigern Welthits wie „After Midnight“, „Layla“, „I Shot The Sheriff“, „Cocaine“ und „Wonderful Tonight“. Letzteren schrieb Clapton für seine damalige Freundin, das attraktive Model Patti Boyd – der Ex-Freundin von George Harrison. Trauriger Tiefpunkt: Rassismus: Die Suchterkrankung führte bei Eric Clapton immer wieder zu massiven psychischen Störungen. Der traurige Tiefpunkt: Im August 1976 wütete er volltrunken bei einem Auftritt im Birmingham Odeon auf unsägliche Weise gegen Farbige und Migranten, mithin seine musikalischen Vorbilder. Die solle man alle nach Hause schicken, rief er. Ein Prophet werde dringend gebraucht, der Großbritannien weiß halte. Dieser rassistische Ausfall sowie David Bowies bizarre Bewunderung für Hitler trugen dazu bei, dass sich 1978 die Initiative Rock Against Racism gründete. Jahre später schämte Clapton sich dafür, ein „Semi-Rassist“ gewesen zu sein. Nac einer erfolgreichen Entziehungskur und mit einer neuen Freundin demonstrierte er in den Achtzigerjahren wieder Spielfreude. Bei seinen zahlreichen Konzerten mit Kollegen wie Ry Cooder, Jeff Beck, Jimmy Page, Bill Wyman und Bob Dylan wirkte er so souverän wie lange nicht mehr. Klinik gegründet: Der Auftritt beim „Live-Aid“-Spektakel 1985 markierte einen neuen Abschnitt für den Gitarristen, der sich fortan auf kommerziellere Klänge konzentrierte und seine wundersame Genesung zum Anlass nahm, die Rehaklinik „Crossroads“ auf der karibischen Insel Antigua zu gründen, auch wenn er zu dem Zeitpunkt angeblich kurz vor der Pleite stand. Er wollte einen Zufluchtsort für Drogenkranke und ehemalige Strafgefangene schaffen, an dem sie wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden sollten. Ein Wink des Schicksals, dass Phil Collins 1986 Produzent der Platte „August“ wurde. Der Superstar des Mainstreampop machte aus dem Großmeister des Blues nicht nur einen ausdrucksstärkeren Sänger, die erfolgreiche Zusammenarbeit spülte endlich auch wieder Geld in „Slowhands“ Kassen. Kein Geld der Welt konnte Clapton allerdings vor Schicksalsschlägen bewahren. 1990 starb sein guter Freund und Tour-Gitarrist Stevie Ray Vaughn bei einem Hubschrauberunglück. Im Jahr darauf stürzte sein vierjähriger Sohn Conor aus dem 53. Stock eines Apartmenthauses in den Tod. Seine Trauer verarbeitete er in dem Hit „Tears In Heaven“. Das dazugehörige Album „Unplugged“ war für ihn ein „Prozess der Selbstheilung“. Zurück zu den Wurzeln: „Der Blues“, sagt Eric Clapton, „hat mich mein Leben lang inspiriert und mir immer wieder Kraft gegeben, mit den Unzulänglichkeiten des Lebens fertig zu werden.“ Dieser einzigartige Musikstil bescherte ihm 1993 auch sechs Grammys auf einen Schlag (für ein MTV-Unplugged-Konzert). Auf dem Höhepunkt seiner Karriere kehrte er zu den Wurzeln zurück. Platten wie „From The Cradle“ (1994), „Pilgrim“ (1998), „Reptile“ (2001) und „Me & Mr. Johnson“ (2004) mit kongenialen Neuinterpretationen von Songs aus der Feder von Willie Dixon, Muddy Waters, Elmore James, Robert Johnson und John Lee Hooker erreichten Millionenauflagen. Orden von der Queen: 2004 wurde Eric Clapton im Londoner Buckingham-Palast mit einem Orden der Queen ausgezeichnet und als Musikgenie gewürdigt. „Das ist die Krönung meiner Karriere“, sagte der bekennende Royalist, der von seiner heutigen Ehefrau Melia McEnery begleitet wurde. „Früher hätte ich das nie annehmen können. Aber jetzt bin ich erwachsen geworden. Ich möchte ein Zeichen setzen.“ Welcher Ruf einem derart geadelten Ex-Rebellen am königlichen Hof tatsächlich vorauseilt, konnte der Weltstar 2005 bei einem Empfang für die britische Musikindustrie feststellen. Ob Eric Clapton, Brian May, Jeff Beck oder Jimmy Page – Gastgeberin Elisabeth II. hatte von Englands Rockelite noch nie etwas gehört. „Und was machen Sie?“, wollte die Queen ausgerechnet von Clapton wissen. Auf die Frage, wie lange er denn schon Gitarre spiele, antwortete der Gentleman schmunzelnd: „Das müssen jetzt so 45 Jahre sein.“ Gitarre für 1,2 Millionen Euro: Das Instrument, mit dem er den Sound von Creams „Sunshine Of Your Love“ und „White Room“ kreierte, hat er längst an das Auktionshaus Christie’s gegeben. Die kirschrote Gibson ES-335 mit der Aufschrift „Cream“ war seine zweite E-Gitarre überhaupt, die treue Begleiterin einer einzigartigen Karriere. Das Auktionsergebnis: 1,2 Millionen Euro. Nun wird der fünffache Vater und laut „Rolling Stone“ nach Jimi Hendrix zweitbeste Gitarrist der Geschichte am 30. März 75 Jahre alt. Für einen aktiven Rocker ist das beinahe ein biblisches Alter. Seine zahlreichen Fans auf der ganzen Welt hoffen, dass trotz Nervenstörung, Tinnitus und Gehörverlust noch viele aktive Jahre dazukommen. Lesen Sie auch: Ginger Baker ist tot Gitarren: Gespielt, zertrümmert, verbrannt Von Olaf Neumann

„Gitarrengott“ wird 75 - Eric Clapton: Blues und Tränen – Geburtstag eines Superstars