Große Oper um den Kieler Matrosenaufstand

Der italienische Komponist Marco Tutino wird „mit dem Blick von außen“ die Oper „Falscher Verrat“ komponieren. Sie spiegelt in einem Eifersuchtsdreieck um die Prostituierte Lola und den Konflikt von Matrose und Offizier die Kieler Vorgänge vor einem Jahrhundert. Tutino, der zu den erfolgreichsten und meistgespielten italienischen Komponisten der Gegenwart gehört, legt damit seine erste deutschsprachige Oper vor. Flankiert von Produktionen der freien Theatergruppe Deichart greift auch das Schauspiel mit dem Stück „Neunzehnachtzehn“ den Kieler Matrosenaufstand auf. Das 2008 entstandene Stück von Robert Habeck und Andrea Paluch soll nun ab Dezember um mehrere Orte in der Stadt erweitert zu einer „mobilen Theater-Erlebnisreise durch das revolutionäre Kiel“ werden. Wie bei der Uraufführung vor zehn Jahren beginne der Abend in der alten Maschinenhalle des ehemaligen Marinegeländes in der Wik, berichten die Theatermacher. Nach dem Treffen dort geht es für die Besucher aber erst einmal weiter – teils mit Bussen und immer begleitet von Schauspielern – zu anderen Stationen wie ins Gefängnis. Danach kommt es im zweiten Teil des Abends in der Halle dann zur Aufführung. Den Auftakt zu den Schauspielpremieren macht Mitte September Edward Albees 1962 uraufgeführtes Stück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“. Ihm folgen Klassiker wie „Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht/Kurt Weill, Victor Hugos „Die Elenden“ und Shakespeares „Hamlet“. Harold Pinters „Der Liebhaber“ wird von März nächsten Jahres an zu sehen sein. Das „sehr selten“ gespielte Stück sei eine „echte Ausgrabung“. Juli Zehs Bestseller „Spieltrieb“ über zwei Eliteschüler, die ein grenzüberschreitendes Machtspiel anzetteln, steht schon einige Jahre erfolgreich auf den Spielplänen. Im Kieler Schauspiel ist es eines von etlichen Stücken zeitgenössischer Autoren, die der kommenden Spielzeit von Flüchtlingsthematik bis virtuelle Welt eine besonders gegenwartsnahe Richtung geben. Eine auf realen Begebenheiten basierende Flüchtlingsgeschichte erzählt der Italiener Stefano Massini in „Occident Express“. Damit gibt Regisseur Josua Rösing (Jahrgang 1982), am Deutschen Theater Berlin sehr gelobt, im Schauspiel-Studio sein Kiel-Debüt. Einen internationalen Hit, der schon an rund 50 deutschsprachigen Bühnen lief, landete Florian Zeller 2012 mit „Vater“. Mit leichter Hand nimmt der Franzose ein schweres Thema auf und lässt seinen Protagonisten konsequent aus der Perspektive seiner Alzheimer-Erkrankung berichten. Auch Pulitzer-Preisträger Tracy Letts ist ein Erfolgsgarant. Sein jüngstes Stück „Mary Page Marlowe“ wirft Schlaglichter auf ein Frauenleben in unterschiedlichen Lebensphasen. Ebenfalls Premiere an der Förde feiert „Die Netzwelt“: Das Stück der US-amerikanischen Dramatikerin Jennifer Haley sei so etwas wie der „Theatertext der Stunde“, betonen die Veranstalter. Das Ballett will mit Prokofjews modernem Klassiker „Cinderella“ sowie einem Tanzabend von Georg Reischl und Kompagniechef Yaroslav Ivanenko punkten, und die Oper hat Großes vor: Richard Strauss’ „Frau ohne Schatten“ (Regie: Brigitte Fassbaender) steht als Rarität Aubers Grand Opéra „Die Stumme von Portici“ gegenüber. Die Barockopernkomposition ist mit Monteverdis Meisterwerk „Die Krönung der Poppea“ besetzt. Eröffnet wird mit dem Eifersucht-Doppel „Cavalleria Rusticana“ / „Der Bajazzo“, das Fabio Ceresa in Szene setzt. Für Unterhaltung sorgen Rossinis „Barbier von Sevilla“ in der bereits am Lübecker Theater erfolgreichen Comic-Version von Maestrini & Held sowie das schwarzhumorige Musical „Sweeney Todd“ von Stephen Sondheim. Von C. Strehk und R. Bender

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