„Ich male immer weiter“

80 Jahre – ist das nur eine Zahl für Sie oder mehr? Museum Barberini, Potsdam: Menschen und Landschaften, bis 3. Juni, mi-so 10-19 Uhr Galerie AC Noffke, Ratzeburg, Domhof 41: Klaus Fußmann, Sighard Gille, Max Neumann, bis 6. Mai, sa/so 11.30- 17 Uhr Die aktuelle Doku über Fußmann „Es ist Zeit“ von Wilfried Hauke ist ab Ostern auf Schloss Gottorf zu kaufen. Jemand hat gestern gesagt, jetzt fangen die Gebrechen an. Ich warte noch drauf. Aber zum Lesen brauche ich inzwischen eine Brille. Nur beim Malen nicht, auch nicht bei kleinen Bildern, die ich aquarelliere. Komisch, nicht? Seit wann wussten Sie denn, dass Sie Maler werden wollen? Ich habe immer das Talent gehabt zum Zeichnen und Malen, als Beruf war es zunächst aussichtslos für mich. Aber ich habe immer weitergemacht, und nach dem Designstudium an der Hochschule der Künste in Berlin habe ich mir gesagt: Ich male jetzt weiter. Es gab ja eine große Szene damals in Berlin, ich hatte viele Kontakte. Und ich hatte das Glück, dass ich mich durchsetzen konnte. Ihre Berliner Bilder unterscheiden sich extrem von den farbintensiven, kräftigen Werken aus dem Norden. Die frühen Stillleben sind in Grautönen gehalten, sehr zurückgenommen. Berlin war eine sterbende Stadt damals in den 1970er Jahren. Viele haben die Stadt verlassen, in den Wohnungen waren noch Reste zurückgeblieben. Das hatte den morbiden Reiz des Dekadenten. Diese Bilder konnte ich damals auch verkaufen. Ende der 1970er Jahre kamen Sie nach Schleswig-Holstein, und damit kam Farbe in Ihre Bilder. Ich war der absolute Außenseiter mit meiner Landschaftsmalerei, das war völlig gegen den Zeitgeist. Aber dem bin ich nie hinterhergelaufen. Ich wollte eine literarische Welt schaffen, eine Geschichte erzählen. Sie leben seitdem von Ostern an bis zum Herbst in Ihrem Haus nahe der Ostsee. Was fasziniert Sie an dieser Landschaft? Die bäuerliche Gewachsenheit. Meine Vorfahren waren Bauern in der Eifel. Als Kind habe ich das erlebt, alles ging ineinander über, das Dorf hing zusammen, das war eine ganz andere Gesellschaft als in der Stadt. Björn Engholm sagt über Ihre Bilder, dass man die norddeutsche Heimat dort stärker spüren würde als draußen direkt in der Landschaft. Ist die Verfremdung der Trick? Es ist die Selektion. Ich hebe das Markante, was die Landschaft ausmacht, hervor. Leicht expressiv, dann erkennt man das Ganze. Werke von Ihnen werden derzeit im Potsdamer Barberini-Museum gezeigt. Ein Ritterschlag? Ja, es ist schon eine Auszeichnung. Es gab eine große Eröffnung, 39 Werke zum Thema Landschaft und Mensch werden dort gut präsentiert. Es ist ja heutzutage sehr schwierig, Menschen in die Landschaft zu integrieren. Warum? Ein Bauer in der Landschaft ist ganz normal, ein Städter ein Fremdkörper. Das müssen Sie zusammenmalen. Das ist mir meistens geglückt. Es gibt zwar eine Verzerrung, aber das Bild ist eine Einheit, das ist sehr wichtig. Gibt es einen Plan beim Malen? Bei kleinen Bildern kann es sein, dass mich das Licht, eine Stimmung inspiriert, dann gehe ich los. Bei größeren Bildern ist es nicht spontan möglich, da braucht man ein Konzept. Man sieht es gar nicht so, dass ich ziemlich viele Wagnisse eingehe mit der Farbe. Dieses direkte Draufhauen ist nicht nur Willkür, sondern Prinzip. Ihre frühen Bilder spielen mit der Vergänglichkeit. Ist die eigene Vergänglichkeit ein Thema für Sie? Nein, da denke ich zur Zeit nicht dran. Im Gegenteil, ich werde im Alter sogar offener, früher war ich intoleranter. Ich male einfach weiter. Aber man muss sich dann doch immer wieder anstrengen. Ist es jedes Mal wieder ein Kraftakt? Ja, natürlich. Die Möglichkeit, zu scheitern, ist jedes Mal gegeben. Wie feiern Sie Ihren Geburtstag? Nachmittags bin ich in Gottorf bei der Eröffnung der Ausstellung. Und abends werde ich mit der Familie und Freunden zusammensitzen, erzählen, etwas essen und Rotwein trinken. Interview: Petra Haase

Klaus Fußmann - „Ich male immer weiter“

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