Interview mit Asterix-Übersetzerin Gudrun Penndorf

Erstmals hat eine Comic-Übersetzerin das Bundesverdienstkreuz für ihre langjährige Arbeit erhalten. Gudrun Penndorf, die zahlreiche Klassiker wie Asterix, Lucky Luke und das „Lustige Taschenbuch“ ins Deutsche übersetzt hat, wurde vergangene Woche in Bayern dafür ausgezeichnet. Allein 29 Asterix-Bände gehen auf ihr Konto. Sie habe die französischen Bildergeschichten durch ihre Übersetzung zu einem „Bildungserlebnis“ gemacht, erklärte Bayerns Kunstminister Bernd Sibler bei der Ehrung. Die studierte Dolmetscherin wurde auch geehrt, weil sie sich als Dozentin jahrelang um die Integration von Migrantinnen in München gekümmert hat. Frau Penndorf, wie fühlt man sich denn so mit einem Bundesverdienstkreuz? Ich bin nach wie vor überwältigt,damit hatte ich ja nie gerechnet. Zwar weiß ich es schon seit Januar – aber aufgrund der Corona-Pandemie hat sich die eigentliche Überreichung des Ordens verzögert und wurde nun Anfang September hier in München im Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst nachgeholt. Ich dachte eigentlich immer, dass das Bundesverdienstkreuz vor allem an Beamte und Ehrenamtler vergeben würde. Immerhin hat Wissenschaftsminister Bernd Sibler auch hervorgehoben, dass ich zehn Jahre an einem Integrationsprogramm vorwiegend für türkische Mütter mitgearbeitet habe. Der Hinweis auf Sie soll ja auch von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gekommen sein, der ein bekennender Comic-Fan ist. Das stimmt. Ich hielt das erste Schreiben des Ministeriums ja zunächst für eine Parteienwerbung. Doch dann fuhr ich mit nassem Zeigefinger über die Initialen des Ministerpräsidenten und siehe da, die Tinte verwischte sich. Das Schreiben war also echt! Erinnern Sie sich an Ihren ersten Comic, den Sie gelesen haben? Ja, das war tatsächlich Asterix in den 60er Jahren und lange vor meiner Tätigkeit als offizielle Asterix-Übersetzerin. Da haben mir eine französische Freundin und ihre Freunde in München einen gerade in Frankreich erschienenen Asterix-Band gezeigt, von dem diese Franzosen ganz begeistert waren. Wie schwer es werden würde, einen solchen Comic sinngemäß ins Deutsche zu übersetzen, die Wortspiele und landeskundlichen Anspielungen ins Deutsche zu ,retten’, das sollte mir später bei meiner Arbeit klar werden. Stammt der Ausspruch „Die spinnen, die Römer“ von Ihnen? Stimmt, der ist von mir. Als die FAZ vor ein paar Jahren angesichts einer Berlusconi-Eskapade titelte: ,Die spinnen, die Römer!’, war das wie ein Ritterschlag. Haben Sie eine bestimmte Vorgehensweise beim Übersetzen? Nein, nicht wirklich. Man schaut auf das Original und versucht den Sinn zu erfassen. Bei der Übersetzung der „Lustigen Taschenbücher“, übrigens aus dem Italienischen, durfte ich sehr frei übersetzen. Asterix, Lucky Luke und Isnogud aus dem Französischen zu übertragen, das waren übersetzungstechnisch schon größere Herausforderungen. Was ist so schwierig an Asterix? Sie müssen sich vorstellen, dass ich zu einer Zeit mit den Übersetzungen angefangen habe, die man heute als Steinzeit der Kommunikation bezeichnen würde. Es gab ja kein Internet. Es gab nur das Telefon und Telegramme, wenn ich bei Fragen zu Verständnisproblemen Kontakt zum Verlag gesucht habe. Die ersten Faxe liefen übrigens über einen Steinmetz hier in meinem kleinen Dorf, der zum Glück ein Faxgerät hatte. Gudrun Penndorf, Jahrgang 1938, lebt bei München und ist diplomierte Übersetzerin und Dolmetscherin für Französisch und Italienisch. Mit 40 Jahren begann sie zusätzlich Allgemeine und Romanische Sprachwissenschaften zu studieren und schloss das Studium erfolgreich ab. Nach ein paar Jahren in der Sprachenredaktion des Langenscheidt-Verlags machte Penndorf sich selbständig und arbeitete von 1967 bis 1995 als freiberufliche Übersetzerin, in erster Linie für den Egmont Ehapa Verlag – Herausgeber der Comic-Klassiker Asterix, Lucky Luke und Das Lustige Taschenbuch. Von 1989 bis 1999war Penndorf Lehrbeauftragte für Wirtschaftsfranzösisch und von 1991 bis 1998 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Romanische Philologie der Ludwig-Maximilian-Universität München. Von 1989 bis 1999 engagierte sie sich in Projekten zur Integration von vorwiegend türkischen Migrantinnen. Gibt es Dinge, die sich nicht übersetzen lassen? Ja. Es gibt gerade bei Comic-Texten die Möglichkeit der versetzten Äquivalenz – das heißt, als Ausgleich für eine Stelle, die einem unübersetzbar vorkommt, kann man an anderer Stelle einen eigenen Sprachwitz einfügen. Ich erinnere mich an eine Szene aus „Asterix im Morgenland“, als Cäsar von einer schweren Grippe heimgesucht wird und die Ärzte ihn an die frische Luft führen: Da habe ich ein Goethe-Gedicht umgedichtet eingefügt. Aus „Über allen Gipfeln ist Ruh, in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch...“ wurde dann „Über sieben Hügeln ist Ruh in allen Lüften spürest du kaum einen Rauch...“ Sie haben insgesamt 29 Asterix-Bände ins Deutsche übertragen. Haben Sie einen Lieblingshelden? Ich mag vor allem die Loser. Bei Disney den ewig vom Pech verfolgten Donald, bei Lucky Luke den trotteligen Averell und bei Asterix natürlich den äußerst findigen Obelix! Haben Sie ein Lieblingszitat? Ja. Das finden Sie in dem Asterix-Band 21 „Das Geschenk Cäsars“, wo Methusalem mit seiner Frau über den Besuch von Orthopädix spricht und zu ihr sagt: „Du kennst mich doch. Ich habe nichts gegen Fremde, einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden da sind nicht von hier.“ Das verschlägt einem die Sprache. Das klingt sehr zeitgemäß. Wohl wahr. Sie sagten, die Auszeichnung gebe dem Genre Comic eine Aufwertung. Was bedeuten Comics für Sie? Nun, meine Generation, ich bin Jahrgang 1938, ist ja nicht mit dieser Textsorte aufgewachsen. Mit Comics kam ich tatsächlich erst in Kontakt bei meinem ersten Auftrag, die „Lustigen Taschenbücher“ von Walt Disney zu übersetzen. Bei der Beschäftigung mit Asterix habe ich meine Leidenschaft für die franko-belgischen Comics entdeckt und die ist nie erloschen. Und kein Zweifel: Neben der persönlichen Ehre für die Übersetzerin ist die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes auch eine Aufwertung dieses Genres. Asterix in Italien: Ein Kult-Comic Neues Asterix-Comicheft zum 60. 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