Interview mit dem Wackenchef Thomas Jesen zur Absage des Metalfestivals

Thomas Jensen und sein Partner Holger Hübner haben das Heavy-Metal-Festival 1990 mitgegründet. Heute ist es das größte der Welt, und die beiden Wackenchefs haben ein kleines Konzertimperium geschaffen. Mitte April wurde das Openair wegen der Coronakrise abgesagt. Im Februar schon waren die Wacken Winter Nights dem Dauerregen zum Opfer gefallen. Im nächsten Jahr soll das Festival vom 29. bis 31. Juli stattfinden. War es Ihre bisher schwerste Entscheidung, das Festival abzusagen? Wir haben sie ja nicht getroffen, die Entscheidung wurde für uns getroffen. Aber es war sicher eine der emotionalsten. Wir kamen aus einem absoluten Hochgefühl mit dem 30. Jubiläum im vergangenen Jahr. Und wir hatten mit fast allem gerechnet. Aber nicht damit, dass uns ein Virus in die Knie zwingt, obwohl wir schon die Schweinepest überstanden haben und nicht ganz unerfahren sind. Wie viel schlaflose Nächte hat das gekostet? Da kommen schon einige zusammen. Das einzig Positive aus der Coronakrise sind die Videokonferenzen. Die fand ich immer lästig. Jetzt werden wir sie wohl beibehalten. Ich bin ein großer Fan geworden. Wann tauchte zum ersten Mal der Gedanke auf, dass das Festival ausfallen könnte? Wir sind ja schon oft naiv und norddeutsch stur, aber bei der Entwicklung haben wir uns Anfang März gesagt: Na, das kann uns auch treffen. Die schnelle Absage dann war schmerzhaft. Aber dass sie so frühzeitig kam, hilft uns jetzt. In der Coronavirus-Krise müssen die Geschäfte in der Region Lübeck sowie den angrenzenden Kreisen vorübergehend schließen. Viele Betriebe stellen daher kurzfristig auf Online-Bestellungen um oder bieten Lieferdienste an, andere wiederum machen spezielle Gutscheinangebote. Die LN unterstützen Händler in Not und bieten unter ln-online.de/supportyourlocal eine Liste mit Angeboten und Ideen der lokalen Geschäfte, Restaurants, Cafés und Einzelhändler. +++ Für Unternehmer: Hier können Sie Ihren Betrieb direkt eintragen. +++ Für Kunden: Hier können Sie auf einen Blick sehen, welche Firmen dabei sind. Haben Sie verschiedene Modelle durchgespielt wie Verlegung oder besondere Vorkehrungen? Klar. Wir haben anfangs gedacht, wir sind mit dem August relativ spät in der Saison, da können wir noch Hoffnung haben. Und wir hatten auch noch während des Shutdowns Tourneen, mit Rose Tattoo etwa. Die haben in Kiel noch gespielt und sind dann nach Oslo. Auf der Fähre hatte das Konzert in Oslo noch stattfinden sollen. Dann kam eine Begrenzung auf 500 Leute. Und weil die Band 980 Tickets verkauft hatte, hat sie zweimal gespielt. Not macht halt erfinderisch. Aber das war schon immer die Stärke der Metalszene. Wie groß ist Ihr wirtschaftlicher Schaden? Wir müssen sehen, wie wir das abwickeln können. Wir arbeiten das ab und nehmen Hilfe wie Kurzarbeitergeld dankend in Anspruch. Wie wir am Ende da rausgehen, weiß im Moment keiner. Gibt es Schätzungen? Liegt es im sieben- oder achtstelligen Bereich? Das können wir wirklich erst beziffern, wenn die Bilanzen für das Rechnungsjahr 2020 vorliegen. Springen Versicherungen ein? Wir versuchen alles zu aktivieren und jede Kosteneinsparung durchzuziehen. Wir sind jetzt gerade dabei, die Tickets zu tauschen und zu sehen, wie es von den Fans angenommen wird. Im Moment ist die Welle der Solidarität beeindruckend und echt ergreifend. Das wissen wir ja aber auch. Mein Partner Holger Hübner sagt immer, wir haben die besten Fans der Welt. Da werden T-Shirts verkauft, und jedes ist bare Unterstützung. Aber wir machen ja nicht nur das Wacken-Festival, sondern auch andere Veranstaltungen. Es bleibt abzuwarten, ob die Leute wieder Lust haben, ins Konzert zu gehen. Und es ist schwierig, in eine Halle für 1000 Leute nur 200 reinzulassen. Ich sehe noch nicht, wie wir da die Kosten decken können. Das heißt, Full Metal Mountain oder die Metal-Kreuzfahrten stehen auch zur Disposition? Kreuzfahrten natürlich. Wir mussten jetzt eine ausverkaufte Fahrt mit der Kelly-Family absagen. Da trifft uns die Krise wie jeden anderen in der Tourismusbranche oder im Konzertbetrieb. Aber das Festival komplett von 2020 nach 2021 zu verlegen, so einfach ist es dann doch nicht. Dafür spielen zu viele Faktoren eine Rolle. Die Bands haben ja zum Teil einen Planungshorizont bis zu drei Jahren. Stehen schon einige fest für 2021? Unser Booking arbeitet zurzeit auf Hochtouren. Da ist eine große Bereitschaft, das muss man sagen. Die Metalszene hält ja immer zusammen, gerade wenn’s schwierig wird. Aber es ist zu früh, schon Namen zu nennen. Um wen tat es Ihnen in diesem Jahr ganz besonders leid? Judas Priest hätte ich natürlich gerne gesehen. Auch eine ganze Reihe kleinerer Bands. Es gibt so viele. Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in und um Lübeck: Diese Texte sollten Sie gelesen haben Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Schutzmasken richtig tragen: So geht’s! Alle aktuellen Informationen aus Deutschland und der Welt im Live-Blog #supportyourlocal: Machen Sie Ihr Angebot bei uns bekannt #supportyourlocal: So helfen Sie Geschäften, Restaurants und Freiberuflern in Lübeck Kontaktverbot gelockert: Was jetzt erlaubt ist Nach 15 Todesfällen: Pflegeheim Rümpel ist frei von Corona Ikea Lübeck verschiebt Wiedereröffnung auf Montag, 11. Mai Zum Nachfahren: Schöne Fahrradtouren rund um Lübeck Was Sie als Ostsee-Urlauber jetzt wissen müssen Hotels und Restaurants im Norden öffnen am 18. 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Das soll jeder selbst entscheiden. Thema 2021 ist Horror. Was heißt das? Für dieses Jahr hatten wir den mesoamerikanischen Kulturraum als Thema, aber das haben wir erst mal beerdigt. Horror war eine Herzensangelegenheit von ganz vielen, und Metal und Horror ist ja auch eine alte Allianz. Ich finde das von der Optik her spannend. Da lässt sich showtechnisch viel umsetzen. iPad-Konzert eine Alternative? Der Konzertveranstalter Marek Lieberberg sagt, die ganze Branche liegt in Trümmern. Hat er recht? Sie hat auf jeden Fall einen herben Schlag in die Magengrube bekommen. Was das schlussendlich mit uns macht, mit unserem Publikum und unseren Künstlern, das können wir im Moment noch gar nicht absehen. Da muss man vielleicht auch mal das eine oder andere neue Konzept ausprobieren. Für mich ist ein Wohnzimmerkonzert auf dem iPad nicht die Ultima Ratio, aber die Band Hämatom zum Beispiel hat dafür eine gute Resonanz erhalten. 2021 wird sich also einiges ändern? Wir gehen davon, dass wir Wacken traditionell abfeiern können. Wie viel Prozent der Arbeiten in diesem Jahr waren schon erledigt? Wir haben die Hardware noch nicht bewegt, die ganze Crew hat noch nicht gearbeitet. Bei einer Absage zwei Wochen später hätten wir schon 50, 60 Prozent stehen gehabt. Eine Woche vor Beginn wäre es ein Desaster geworden. Daher sind wir letztlich dankbar, dass schnell entschieden wurde und wir jetzt nach vorne gucken können. Wir haben 15 Monate Zeit, uns was einfallen zu lassen. Und ich bin sicher, uns fällt was ein. Wann gibt es wieder einen einigermaßen normalen Konzertbetrieb? Ich bin skeptisch, ob im Jahr 2020 überhaupt noch etwas passiert. Mit ganz, ganz viel Glück vielleicht ein paar kleinere Sachen bis 500 Leute – vielleicht in Lübeck im Riders Café oder in Hamburg im Knust. Aber mit der Lübecker MuK oder der Hamburger Markthalle werden wir wohl bis zum Frühjahr warten müssen. Und das müssen wir aushalten. In der Pflege und im Altenheim geht es derzeit um Leben und Tod. Da kann ich nicht sagen, ich will jetzt hektisch ins Konzert. Lesen Sie auch: Was wird aus meinem Wackenticket? Der Festivalsommer 2020 Was alles ausfällt in Schleswig-Holstein Von Peter Intelmann

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