„Pension Schöller“ in Hamburg bejubelt

Was ist nicht alles verrückt auf dieser Welt? Nicht erst seit Fake News haben sich die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschoben. Wilhelm Jacoby und Carl Laufs haben bereits 1890 in ihrem Lustspiel „Pension Schöller“ die Frage verhandelt, wer denn eigentlich normal und wer verrückt ist – und das mit viel Witz. So ist es eine gute Idee vom Ernst Deutsch Theater in Hamburg, mit „Pension Schöller“ in die Adventszeit zu starten – die Premiere war ein Heidenspaß und wurde entsprechend vom Publikum gefeiert. Irrenanstalt heißt Nervenheilanstalt: Regisseur Harald Weiler hält sich eng an das Original, lässt aber in Details (Outfit), eingestreuten Kommentaren („Ich seh’ aus wie Leonardo di Caprio“) und Gesangseinlagen Aktualität durchschimmern. Ansonsten ist alles, wie wir es kennen: Philipp Klapproth (hoch komödiantisch gespielt von Publikumsliebling Oliver Warsitz) kommt zu Besuch nach Berlin, weil er unbedingt einmal die Insassen einer Irrenanstalt (die hier politisch korrekt Nervenheilanstalt heißt) hautnah erleben möchte. Sein Neffe Alfred (Flavio Kiener) soll ihm den Wunsch erfüllen, dafür verspricht der Onkel ihm Geld. Herrlich überdreht: Alfreds Freund (schön schmierig: Claudiu Mark Draghici) rät ihm, seinen Onkel in die Pension Schöller zu führen, wo regelmäßig Gesellschaftsabende stattfinden. Hier macht Klapproth die Bekanntschaft eines abenteuerlustigen Großwildjägers, einer skurrilen Schriftstellerin und eines Möchtegern-Schauspielers mit Sprachfehler (alle herrlich überdreht dargestellt). In der Paraderolle des Eugen, der kein „L“ sprechen kann und voller Inbrunst „Othenno“ rezitiert, glänzt Rune Jürgensen. Insgesamt stimmen Tempo und Timing, und am Ende wird es mit Livegesang noch emotional. Gnoßartig, würde Eugen sagten. Pension Schöller, Ernst Deutsch Theater ( Mundsburg), bis 10. Januar 2020. Tickets 22- 42 Euro unter 040 22701420 oder www. ernst-deutsch-theater.de Von Petra Haase

Ernst Deutsch Theater Hamburg - „Pension Schöller“ in Hamburg bejubelt