SHMF 2019: Gustav Peter Wöhler Band auf der Seebühne in Eutin

Udo Jürgens war noch niemals in New York, Gustav Peter Wöhler war noch niemals in Eutin. Jedenfalls bis Donnerstag. Aber er versprach schon beim Applaus vor dem ersten Song: „Wir kommen wieder.“ Man kennt ihn vor allem als Schauspieler. Seit mehr als zwanzig Jahren jedoch bereist er auch mit seiner Band die Republik und unternimmt Streifzüge durch die Vergangenheit. Musik vor allem der Siebziger und Achtziger, Rock, Pop, Folk, das ist seine Welt. Eine Zeit, in der man Musik auf Vinyl oder als CD zu Hause hatte und nicht als irrlichternde Daten irgendwo in der Cloud. Das sind mal Klassiker, aber auch seltene Funde aus dem Antiquariat in der Nebenstraße. Mehr zum Schleswig-Holstein Musik Festival finden Sie hier: Ein erstaunlicher Mann: Nick Drake ist solch ein Fall, mit 25 Jahren früh verstorben und von vielen schnell vergessen, aber mit Einfluss bis heute. „From the Morning“ vom Album „Pink Moon“ hatte sich der Mann aus Ostwestfalen für die Eröffnung ausgesucht. Dann folgte „One of Us“, das Joan Osborne bekannt gemacht hat, und bei Randy Newmans „Short People“ als drittem Song hatte er die nötige Temperatur für diesen Abend – Gustav Peter Wöhler, ein erstaunlicher Mann geht seinen Weg. Er kann einen nicht wirklich in Grund und Boden singen. Und er ist auch kein graziler Tänzer, kein Nurejew unserer Tage. Jedenfalls äußerlich. Aber was fehlt, gleicht er durch sein Auftreten aus, durch seine Persönlichkeit. Da steht jemand auf der Bühne, der offenbar mit sich völlig im Reinen ist. Einer, der keine Angst zu haben scheint. Als er sich zum Schluss eines Songs in den hohen Tonlagen versucht, geht das sagenhaft schief. Und „Message In A Bottle“ beginnt er mit der zweiten Strophe. Aber wo andere vielleicht erst mal von der Bühne gehen, lacht er ausgiebig und macht einfach weiter. Lou Reed und Jackson Browne: Mit Van Morrison zum Beispiel, mit Lou Reeds „Perfect Day“ oder mit Billy Joel und Jackson Browne. Die Lieder stammen von Songschreibern, die teils seit Jahren nicht mehr unter uns sind. Aber hier ist einer, der ihre Musik hochhält. Unterstützt wird er dabei von einer Band, auf die er sich in jedem Moment verlassen kann. Auf Kai Fischer, Mirko Michalzik und Olaf Casimir, die die Songs auf Klavier, Akustikgitarre und Kontrabass herunterbrechen und zu etwas Neuem machen. Das tut denen nicht immer gut, „Hang on to a Dream“ von Tim Hardin aber, Procol Harums „A Salty Dog“ und Simon & Garfunkels „Bridge Over Troubled Water“ machen sie aneinandergereiht zu einer eigenen kleinen Suite. „Mother’s Little Helper“ von den Rolling Stones gerät mit Kai Fischers Piano in Jazzbereiche (gesungen von Wöhler, in jungen Jahren „der größte Beatles-Fan von ganz Herford“). Auch jedes Solo von Bass und Gitarre wird beklatscht. Aids-Vortrag inklusive: Dazwischen schlendert, tänzelt und wirbelt Gustav Peter Wöhler über die Seebühne unter den hohen alten Bäumen, im schwarzen Anzug, mit weißem Hemd und Vollbart, legt beim achten Song das Jackett beiseite und kommt gelegentlich ins Erzählen. Über die AfD etwa, deren möglichen Wahlerfolgen am Sonntag er mit Grausen entgegensieht. Über Wacken, wo sie auch schon gespielt haben, allerdings im Landgasthof. Oder über Aids, wozu er einen kleinen Aufklärungsvortrag einschiebt. Am Schluss, die Sonne ist lange untergegangen und zwei Zugaben vor begeistertem und großteils stehendem Publikum sind gespielt, kommt er mit seiner Band noch einmal heraus. Er hätte noch Lust, sagt er, und dann gibt es zwei weitere Songs zum Abschied. „Wonderful Tonight“ ist der letzte. Von Peter Intelmann

SHMF 2019 - Einfach weitermachen – Gustav Peter Wöhler in Eutin