So feiern Kultur-Arbeiter in Lübeck

Alle Jahre wieder. . . kommen auch für sie die Tage der Besinnlichkeit und des Jahreswechsels – wie aber feiert man Weihnachten und Silvester, wenn man mit Konzerten, Veranstaltungen und Partys im Dienste der Öffentlichkeit steht? Wir haben bei einigen „Kulturschaffenden“ in der Stadt nachgefragt. Tanz ins neue Jahr im Combinale: Die Vorstellungen sind lange ausverkauft. Dass „Impro-X-Mas-Special“ des Theaters Combinale am zweiten Weihnachtsfeiertag hat eine bereits 15-jährige Tradition. Bis zum 21. Dezember läuft noch das aktuelle Stück „Die Herde“, und an Silvester stehen zwei Aufführungen der „Götterdämmerung“ auf dem Programm. Viel Zeit für Muße und Besinnung bleibt da nicht an den Feiertagen für die Theaterleiter Ulli Haussmann und Sigrid Dettlof. Ulli Haussmann, der am Silvesterabend auf der Bühne steht, feiert das Weihnachtsfest im Familienkreis – und das sind immerhin 25 Personen. „Es gibt ein Büfett, das bestücken wir alle gemeinsam, jeder bringt etwas mit.“ Die Silvesterfeier wird dann ins Theater verlegt, „klein, nett und persönlich“, sagt Haussmann. Sie beginnt, wenn die letzte Aufführung gegen 22 Uhr zu Ende ist. „Der Getränkekühlschrank ist gut gefüllt. Wir besorgen etwas zu essen und tanzen ins neue Jahr!“ „Wir holen Weihnachten ins „Theater“: Für Sigrid Dettlof ist die Weihnachtstradition am 24. Dezember heilig: „Bei uns ist immer volles Haus, ich mag das sehr! Nachmittags kommen Freunde und Familie, gut 30 bis 40 Leute zum gemeinsamen Weihnachtssingen ein. Abends kommt die Familie bei uns zusammen. Alle helfen mit, es gibt Raclette, und zwischendrin machen wir Bescherung – dann fällt der ganze Stress von mir ab.“ Am zweiten Weihnachtsfeiertag steht sie mit zwei weihnachtlich gestalteten Impro-Shows wieder auf der Bühne. „Wir holen uns Weihnachten ins Theater und feiern mit den Gästen. Die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum ist dann aufgehoben.“ ley Party am ersten Weihnachtstag im Riders: Kai-Uwe Meyer, Inhaber des Riders Café Lübeck:„Heiligabend gibt es eine selbst gemachte Gans – mit zwei Tage zuvor eigens zubereitetem Rotkohl, komplett geschnippelt mit Äpfeln nach Omas Rezept. Ein Tannenbaum darf auch nicht fehlen und ein kleines Geschenk natürlich auch nicht. Die Gans ist Tradition, das Essen ist uns wichtig und auch, dass wir an die Menschen denken, die uns lieb und nicht mehr unter uns sind. Einfach ein paar Stunden Besinnung auf Familie. Seit längerem ist der Club Heiligabend nicht mehr geöffnet. Am 1. Weihnachtstag veranstalte ich dort aber die „V.I.P X-mas Party“, die Traditionsparty zu den Festtagen seit 26 Jahren. Dafür wird zwar feiertags gearbeitet, aber es macht trotzdem Spaß, so viele Menschen zu treffen und mit ihnen zu feiern. Silvester bleibt das Riders Café geschlossen, das Angebot drumherum ist einfach zu groß. Was wir machen, entscheiden wir spontan. Vielleicht auch einfach mal nichts.“ Troll-Weihnacht – und Silvester unterwegs mit Linie 1: Stephan Schlafke vom Kobalt Figurentheater und Silke Technau erleben dieses Weihnachten erstmals als Großeltern. Tochter Franziska, die ebenfalls im Figurentheater spielt, hat im Sommer eine Tochter bekommen. Dennoch steht sie Heiligabend um 11 Uhr und am zweiten Weihnachtstag um 15 Uhr noch auf der Bühne im Hansemuseum, um für kleine Besucher die „Troll-Weihnacht“ zu spielen. „Die Abendvorstellung haben wir abgesagt, das wird einfach zu viel“, sagt Stefan Schlafke. Nachmittags trifft sich die ganze Familie zum Kaffeetrinken und zur Bescherung. „Die Feiertage sind dann einfach zum Relaxen da, ohne Programm.“ Ab 27. Dezember wird wieder gespielt, und auch Silvester ist für die drei Puppenspieler Arbeitstag: Dann steht die rasante musikalische Revue „Linie 1“ auf dem Spielplan. Danach geht’s nach Hause, „vielleicht machen wir Raclette“. Rouladen am ersten Weihnachtstag: Die rechte Hand ist verletzt – trotzdem ist für Peter Wolff auch an diesem Heiligabend wieder ein langer Arbeitstag. Der Kantor und Organist der Philippus-Gemeinde Lübeck begleitet am Nachmittag zwei Gottesdienste und sitzt noch um 23 Uhr an der Orgel und leitet den Chor. „Da bleibt keine Zeit für eine Feier in Familie. Als unsere Kinder kleiner waren, haben wir zwischen den Gottesdiensten Bescherung gemacht, aber es war nicht entspannt.“ In diesem Jahr trifft sich am 25. Dezember die ganze Familie mit Großeltern, es gibt Rouladen. „Die bereiten wir am 24. zwischen den Gottesdiensten zu.“ Dann wird traditionell auch musiziert und gesungen. Beliebt ist das Weihnachtslieder-Raten: Peter Wolff improvisiert zu alten und neuen Weihnachtsliedern, die Familie muss sie erkennen. Am zweiten Feiertag ist Peter Wolff dann wieder im Einsatz – aber für Silvester hat er Ersatz gefunden. „Da muss ich mich mit der verletzten Hand nicht quälen.“ Petrivisionen vorm Heiligabend: Als er neben St. Petri auch noch die Marienkirche betreute, sah Weihnachten bei Pastor Bernd Schwarze anders aus. Ganz anders. Da ist er von einem Termin zum nächsten gelaufen, „ein Radikalprogramm“. Jetzt findet am 23. Dezember die Weihnachtspetrivision statt, aber an Heiligabend und den beiden Feiertagen hat er frei und lässt es ruhiger angehen. Es gibt auch keinen Weihnachtsbaum und keine Geschenke. Das hat die Familie schon vor einigen Jahren beschlossen, und zwar ganz unideologisch. „Es geht uns einfach besser, wenn wir wenig Tamtam machen“, sagt er. Dafür steht am 27. Dezember eine Weihnachtsfeier mit 130 Bedürftigen auf dem Programm, „von denen gibt es in Lübeck mehr als genug“. Und das Epiphaniaskonzert „Sternenklang“ am 5. Januar will auch vorbereitet sein. Er hat im Übrigen eine entspannte Haltung gegenüber Menschen, die nur an Weihnachten die Kirche besuchen. Schelte wäre hier unangebracht und „einfach großer Unsinn“, sagt er. Es gehe vielmehr darum, die Gottesdienste so zu gestalten, dass die Kirchen immer so voll sind wie an Weihnachten. An den Feiertagen auf der Bühne im Partout: Im Theater Partout ist am 22. Dezember Vorstellung und an den beiden Feiertagen auch. Es gibt „Das Blaue vom Himmel“, ein Stück um Halb-, Viertel und ganze Wahrheiten, um Fake News und andere Lügen. Uli Sandau, neben Johannes Kritzinger und Reiner Lorenz einer der drei künstlerischen Leiter, steht dann zwar nicht auf der Bühne, kümmert sich aber um vieles andere: Karten, Getränke, Sauberkeit bis hin zum Wohl der Schauspieler. Das geht schon nachmittags los und dauert bis zum Vorstellungsende gegen 22 Uhr. Aber er ist nicht böse drum, sagt er. „Es ist freiwillig, es hat uns niemand gezwungen. Außerdem herrscht an diesen Tagen eine ganz besondere Stimmung im Theater. Die Leute kommen festlicher, es ist entspannter. Ich genieße das. Und sie bedanken sich, dass wir an Weihnachten für sie arbeiten. Silvester ist es genauso. Wir sind dann lange vorher ausverkauft. Manche buchen ihre Karten schon im August, egal was wir spielen.“ An Heiligabend aber hat er frei. Da ist er mit Reiner Lorenz bei der Familie seines Bruders in Hamburg und feiert ein traditionelles Weihnachtsfest. Mit Tannenbaum und gemeinsamem Singen. Stefan Vladar nimmt sich Zeit für die Familie: Dichter kann ein Terminkalender kaum gepackt sein als der von Stefan Vladar. Der Generalmusikdirektor des Theaters Lübeck steht an fast allen Feiertagen am Dirigentenpult. Er dirigiert das Weihnachtskonzert am ersten und die Oper „La Traviata“ am zweiten Weihnachtsfeiertag. Am 28. Dezember steht seine Produktion „Hänsel und Gretel“ auf dem Programm, „ein Herzensstück“ wie er sagt, und am 1. Januar leitet Vladar das große Neujahrskonzert. Es sei ihm ein Anliegen und auch seine Verpflichtung als GMD, so wichtige Veranstaltungen mit großer Öffentlichkeit mitzugestalten. Für zwei Wochen kommen seine Magda und Tochter Viktoria (6), die noch in Wien wohnen nach Lübeck und die wenige freie Zeit gehört der Familie – mit Tannenbaum, Geschenken und einem guten Essen am Heiligabend und einem gemütlichen ersten Silvesterabend in Lübeck. „Vor allem aber möchte ich möglichst viel zeit mit meiner Tochter verbringen“, sagt Stefan Vladar. 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