„Die Fehmarnbeltquerung ist auch wirtschaftlich nicht attraktiv“, ist Malte Siegert, Nabu-Experte für die Fehmarnbeltquerung, überzeugt. „Was funktioniert, ist der Fährverkehr.“ Insofern unterstütze die Organisation auch eine Klage des Fährunternehmens Scandlines gegen den Bau des Fehmarnbelttunnels.
Gutachten: Zugverkehr nimmt ab, Flugverkehr zu
Das neue, jetzt vorgestellte Gutachten untermauert diese Position. Zwar habe der Schienenpersonenverkehr in Dänemark in den letzten Jahren zugenommen, zitierte Gutachter Thomas Rössler. Doch: „Die Öresund-Achse hat keine Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr zwischen Dänemark und Deutschland“, heißt es. „Hier nimmt der internationale Verkehr per Zug deutlich ab.“ Seien es 2008 noch über eine Million Fahrgäste gewesen, so waren es 2018 noch gut 700 000. Demgegenüber nahmen Straßenpersonenverkehr und Flugverkehr zu, auch die Fähre wurde häufiger benutzt. Der Schienengüterverkehr sei ebenfalls rückläufig. „Einzig der Transit auf der Achse Deutschland – Schweden hat sich expansiv entwickelt.“
Rösslers Fazit: „Schiene und Straße können keine Wachstumsstory präsentieren. Die Mittel könnten besser in den Ausbau der bestehenden Schienennetze investiert werden.“ Nach derzeitigem Stand werden die Dänen den wohl 7,4 Milliarden Euro teuren Tunnelausbau übernehmen. Doch allein für den Ausbau von Schiene und Straße auf deutscher Seite sollen nach neuesten Schätzungen mindestens drei Milliarden Euro anfallen.
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Grüne: Planungen „unseriös“
Der Möllner Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz stimmt dem Nabu-Gutachten zu. „Die bisherigen verkehrlichen Prognosen, die bis heute auch als Grundlage für alle Rentabilitätsberechnungen dienen, stimmen hinten und vorne nicht.“ Bis heute seien die stark veränderten innereuropäischen Verkehrsströme nach der EU-Osterweiterung 2014 oder der Flugverkehr zwischen den Metropolen Hamburg und Kopenhagen nie berücksichtigt worden. Das alles sei „schlicht unseriös“ und werde „den deutschen Steuerzahler noch teuer zu stehen kommen“.
Es müsse endlich ergebnisoffene Gespräche mit Dänemark über die Beltquerung geben, erneuert die ostholsteinische SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn eine alte Forderung. „Ich kämpfe seit 20 Jahren gegen dieses Mammutprojekt.“
„Der Nabu dürfte bei diesem Projekt nun wirklich nicht der richtige Ratgeber sein“, wendet Hans-Jörn Arp, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, ein. Eine Verringerung der Verkehrsströme sei „entgegen den Ausführungen des Gutachtens“ nicht zu erwarten. Im Gegenteil steige das Bedürfnis der Menschen zu mehr Mobilität. „Deutschland ist die zentraleuropäische Brücke nach Skandinavien – und Europa wächst durch die Fehmarnbeltquerung definitiv enger zusammen.“
Marcus Stöcklin