Atommüll-Endlager: Fast ganz Schleswig-Holstein kommt infrage

Fast ganz Schleswig-Holstein kommt als Standort für ein unterirdisches Atommüll-Endlager infrage. Das ist das Ergebnis des Zwischenberichts der Kommission für die Endlagersuche. Ab 2050 soll der hoch radioaktive Atommüll kommen: Am Montag wurde der Bericht der „Bundesgesellschaft für Endlagersuche BGE“ in Berlin vorgelegt. 2031 soll ein Standort für ein solches Endlager gefunden sein. 2050 sollen die ersten Behälter mit radioaktiv strahlendem Abfall in die Lagerstätte einfahren – möglichst in Stollen in Salz-, Ton- oder Granit-Schichten. Und davon gibt es im Untergrund unter Schleswig-Holstein laut BGE jede Menge ( hier geht es zur interaktiven Karte der BGE ). So ist theoretisch nahezu der ganze Kreis Herzogtum Lauenburg für einen Endlager-Standort geeignet, dazu die Hansestadt Lübeck und der gesamte Kreis Ostholstein mit Ausnahme der Insel Fehmarn und einem Gebiet nördlich von Neustadt. Nur ein Streifen Stormarns wäre ausgenommen: Vom Kreis Stormarn wäre allenfalls ein Streifen rund um Ahrensburg und Bargteheide ausgenommen. Außerdem gelten im Land neben einzelnen Flecken nur noch ein größerer Streifen nordwestlich von Hamburg und einer rund um die Halbinsel Eiderstedt als ungeeignet für ein Atom-Endlager. Kiels Grünen-Umweltminister Jan Philipp Albrecht versucht dennoch zu beruhigen. Dass all diese Regionen in dem Bericht als Potenzialflächen aufgeführt werden – im Bundesschnitt sind es nur 54 Prozent aller Flächen – , „liegt auf der Hand, sagt aber noch nichts über ihre tatsächliche Eignung aus“. Es handele sich um „eine Art Inventur von Regionen, die nach bisherigen geologischen Erkenntnissen nicht von vornherein ausgeschlossen werden können“. Die BGE werde die Flächen in den kommenden Jahren noch einer tiefer gehenden Bewertung unterziehen und mögliche Endlager-Standorte weiter eingrenzen, sagt Albrecht. Tatsächlich sollen dabei etwa Kriterien wie die Bevölkerungsdichte berücksichtigt werden. FDP: Standortfrage ist weiter offen: Albrecht hält das Verfahren dennoch für gut. „Entscheidend ist, dass die Bestimmung der Flächen aufgrund wissenschaftlicher Verfahren erfolgte, nicht politisch. Entsprechend muss das Verfahren jetzt auch wissenschaftlich weitergeführt werden“, sagt der Minister. Der Bund will daran auch die Bürger und Kommunen beteiligen. Für den SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Hölck ist der Ausstieg aus der Atomkraft ebenfalls „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. Kein Bundesland dürfe sich der Verantwortung entziehen“. „Ein Teilgebiet ist noch lange kein Endlagerstandort“, betont der FDP-Landtagsabgeordnete Oliver Kumbartzky. Es sei damit noch völlig offen, wo er am Ende sein wird. „Sicher ist heute nur: Es muss ein Endlager geben, und dieses sollte aus unserer Sicht am sichersten Standort eingerichtet werden.“ Der CDU-Abgeordnete Andreas Hein fordert ein weiterhin „offenes, transparentes Verfahren“. Bayern will bereits ausscheren: So selbstlos sehen das nicht alle Politiker. Bayerns Freie-Wähler-Umweltminister Thorsten Glauber etwa meldete prompt Zweifel am Verfahren der Endlagersuche an. In dem süddeutschen Bundesland befinden sich laut BGE ebenfalls große geeignete Flächen. Der jahrzehntelang favorisierte Salzstock Gorleben in Niedersachsen aber ist nicht mehr darunter. Insgesamt müssen in Deutschland rund 27 000 Kubikmeter hoch radioaktiver Abfall möglichst sicher verwahrt werden. Die gefährliche Strahlung einiger Stoffe wird dabei noch Millionen von Jahren andauern. Bislang wird der Müll oberirdisch gelagert – unter anderem auch in den ehemaligen Kernkraftwerks-Standorten Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel bei Geesthacht. Lesen Sie auch Gorleben Atommüll-Lagerung: Wut in Bayern wegen Herausnahme von Salzstock Endlager in Deutschland: Nach Gorleben-Aus stuft BGE 90 Gebiete als mögliche Atommüll-Endlager ein Von Wolfram Hammer