Bessere Förderung von Ökostrom: Schleswig-Holstein erhöht den Druck

Und jährlich grüßt das Murmeltier, könnte man in Abwandlung eines Filmklassikers sagen. Vor fast genau zwei Jahren startete der schleswig-holsteinische Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/Die Grünen) im Bundesrat den Vorstoß für ein gerechteres, effizienteres und innovationsfreundlicheres System der Abgaben und Umlagen im Energiebereich. Rund ein Jahr später bekannten sich sämtliche 16 Energieminister der Bundesländer ebenfalls zu einer grundlegend besseren Förderung von Ökostrom. Und dies vor allem über eine systematische, verursachergerechte und sektorübergreifend anzugleichende CO2-Bepreisung. Aus den Einnahmen sollte unter anderem die bisherige Umlage auf Erneuerbare Energien (EEG-Umlage) rasch und deutlich abgesenkt werden. Doch fast wie der Wetteransager Phil Connors zum Tag des Murmeltiers in der Kleinstadt Punxsutawney im US-Staat Pennsylvania in der Filmkomödie scheint der Kieler Vorstoß in einer Zeitschleife festzustecken. Am Freitag nun ein neuer Versuch. „Der jetzige CO2-Preis reicht nicht aus“: Niemand könne verstehen, dass wegen der derzeitigen EEG-Umlage der Umstieg auf „grünen Strom“ behindert werde, sagte Albrecht in der Länderkammer. Jede Kilowattstunde Strom aus Windkraft werde wesentlich höher belastet als die gleiche Menge Energie aus Benzin, Erdgas oder Heizöl. Dies gelte auch trotz der in diesem Jahr eingeführten CO2-Abgabe auf diese Energieträger, die mit 25 Euro je Tonne Kohlendioxid noch relativ gering ausfalle. „Der jetzige CO2 -Preis reicht für die angestrebte Sektorkopplung nicht aus“, kritisierte der grüne Energiewendeminister aus Kiel. Die Wettbewerbsverzerrung zwischen Ökostrom und den fossilen Energieträgern im Wärme- und Verkehrsbereich könne damit kaum abgebaut werden. Innovative Technologien würden im Norden ausgebremst, etwa Wärmepumpen und andere sogenannte Power-to-Heat-Anlagen für die Wärmeerzeugung aus Ökostrom sowie batterieelektrische und auf grünem Wasserstoff basierende Antriebe. Mit 81 Tagesordnungspunkten allein hatte sich die 1000. Sitzung des Bundesrates ein arbeitsreiches Programm vorgenommen. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier lobte die Länderkammer in einer Ansprache als einen „Ort der Arbeit“, an dem nur selten – und wenn, dann nur kurz – gefeiert werde. Der deutsche Föderalismus sei seit der ersten Sitzung am 7. September 1949 in Bonn „vielstimmiger und vielfältiger“ geworden. Im Kampf gegen die Corona-Pandemie müsse sich das Zusammenspiel von Bund und Ländern nun beweisen. Steinmeier warnte vor einem Schwarzer-Peter-Spiel zwischen den staatlichen Ebenen. „Gelingt uns der Kampf gegen das Virus, gewinnen wir alle. Verlieren wir ihn, verlieren alle“, sagte das Staatsoberhaupt. Abgaben senken, Verbraucher entlasten: Auch energieintensive Unternehmen, etwa in der Chemieindustrie, die langfristig auf nachhaltigen Ökostrom und/oder Wasserstoff umstellen wollten, bräuchten entsprechende verlässliche Rahmenbedingungen. Selbst Industrieverbände verlangten inzwischen einen deutlichen Anstieg des CO2-Preises auf eine Größenordnung von 110 Euro, sagte Albrecht. Mit dem Geld sollten die Abgaben auf Ökostrom kräftig gesenkt und deren Ausbau gefördert werden. Auf der anderen Seite müssten Verbraucher und Unternehmen über niedrigere Strompreise entlastet werden. Um die Wettbewerbsfähigkeit von besonders stromintensiven Firmen – etwa Alu-Hütten, Stahl- und Walzwerken - zu erhalten, sollten Maßnahmen im EU-Verbund ergriffen werden, meinte Albrecht. Lesen Sie auch Streit um Lockerungen: Hitzige Corona-Debatte im Kieler Landtag Lübeck: Trotz Krise Rekordumsatz für die Possehlgruppe Schleswig-Holstein: Unternehmer klagen über ungerechte Corona-Beschlüsse Albrecht will aus der Zeitschleife heraus: Zugleich soll der ins Stocken geratene Ausbau von Windkraftanlagen an Land beendet werden. Im Vorjahr wurden in Schleswig-Holstein vergleichsweise wenige neue Windmühlen – etwas mehr als 100 mit rund 500 Megawatt installierter Leistung – genehmigt. Auf Grundlage der neuen Regionalplanung und einer Vielzahl von Ausschreibungen für neue Anlagen ist Albrecht allerdings optimistisch, dass nun „die Bremsen gelöst“ worden sind. Es würden zudem zusätzlich Stellen für die Genehmigung von neuen Windkraftanlagen geschaffen. Albrecht will aus der Zeitschleife heraus. Von Reinhard Zweigler